Umsiedlungen am Irrawaddy: Katholiken fürchten um ihre Existenz

14. Juli 2011 in Weltkirche


Im Norden von Myanmar soll ein See zur Stromgewinnung entstehen, Menschen werden zwangsumgesiedelt. Doch eine Christin und Katechetin erklärt: "Wir können Land und Häuser nicht verlassen, die schon unseren Vorfahren gehörten.“ Von KIRCHE IN NOT


Wien/Königstein (kath.net/KIN) In der Provinz Kachin im Norden Myanmars gärt es. Die Einheimischen fordern mehr Mitsprache und Eigenständigkeit. Um die Kachin zu entwaffnen, hat die Zentralregierung inzwischen verstärkt Truppen in die Region verlegt. Berichte von Zusammenstößen mit der Armee häufen sich.

Weniger bekannt ist eine andere in Kachin seit Jahren abzusehende humanitäre Katastrophe: Am Myitsone, wo sich die Flüsse Mali und Nmai zum Irrawaddy vereinen, soll ein großer Staudamm errichtet werden soll. Die Dörfer der Umgebung, in denen auch viele Christen leben, etwa Tang Hpre, werden dann im Wasser versinken. Im März wurden bereits 130 Familien in das zehn Kilometer weiter südlich gelegene Dorf Aung Min Thar umgesiedelt. Der Ort liegt nördlich von Myitkyina, der Hauptstadt der Provinz Kachin.

Der Myitsone-Damm wird von einem Konsortium myanmarischer und chinesischer Unternehmen vorangetrieben. Die Gesamtfläche des entstehenden Sees dürfte der Größe der Stadt New York entsprechen. Wassergetriebene Turbinen sollen jährlich 6.000 Megawatt Strom liefern, die für den chinesischen Markt bestimmt sind. Schätzungen zufolge sollen für das Projekt etwa 10.000 Menschen umgesiedelt werden.

Die Bevölkerung will nach Informationen, die dem internationalen katholischen Hilfswerk "Kirche in Not" vorliegen, aber nicht weichen. Die Menschen fürchten um ihre Lebensgrundlage, wie Augenzeugen aus Tang Hpre berichten. "Sie kamen mit zehn Lastwagen, viel Polizei, Regierungsvertretern aus Myitkyina", so ein junger Mann. "Wir wurden gezwungen, unsere Häuser zu verlassen. Aber das ist unser Land seit Generationen", so ein anderer. Auch Josepha (Name geändert), Christin und Katechetin, erklärt: "Wir können Land und Häuser nicht verlassen, die schon unseren Vorfahren gehörten."

Im Februar kamen in Tang Hpre rund 6.000 Katholiken der Diözesen Myitkyina und Banmaw zusammen, um das Fest der Muttergottes von Lourdes zu begehen. Vertreter aller christlichen Konfessionen in der Region protestierten gegen das Bauvorhaben. Die Regierung wurde zu einem Baustopp aufgefordert - ohne Erfolg. Stattdessen müssen Dorfbewohner ihr Land zu Festpreisen abgeben. Entschädigt werden sie nach offiziellen Angaben mit 100 Dollar, einem Haus, einem Fernseher sowie Reis für sechs Monate.

Betroffen ist auch die Kooperative der Malizup-Weberinnen, die sich regelmäßig dort treffen, wo Mali und Nmai zusammenkommen. "Malizup" bedeutet Einmündung, Zusammenfluss. Auf Initiative einer Ordenschwester hatten zumeist ältere Frauen der Jing-paw, einem in Kachin ansässigen Stamm, ihre Zusammenarbeit im Februar 2008 begonnen. Die Frauen, die ihre Fertigkeiten seit dem Kindesalter beherrschen, weben und vermarkten traditionelle Textilien für den Alltagsgebrauch, aber auch für offizielle Feiern wie Hochzeiten und religiöse Feste.

Weben ist das klassische Handwerk der Region. Typisch sind die individuellen Muster, deren Motive nicht selten der Tier- und Pflanzenwelt entnommen werden. Der Erfolg der Kooperative der Weberinnen hat das Selbstbewusstsein der Jing-paw gestärkt. Denn der Zusammenschluss hat nicht nur den Verkauf der Produkte erleichtert, sondern auch zu einer größeren Wertschätzung der einzigartige Kultur dieser Volksgruppe geführt.

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