Familien-Bischof Klaus Küng übt heftige Kritik an Aufklärungsbroschüre

19. August 2002 in Österreich


"Sexualität wird in ihr beinahe ausschließlich als Genuss- und Konsummittel dargestellt" KATH.NET dokumentiert das Schreiben des Bischofs an den Bundeskanzler und Sozialminister im Wortlaut


Feldkirch (www.kath.net)
Der Vorarlberger Bischof Klaus Küng übt heftige Kritik an der vom Sozialministerium herausgegebenen "Aufklärungsbroschüre" "Love, Sex und so ..." .KATH.NET dokumentiert den offenen Brief an Sozialminister Herbert Haupt und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Wortlaut:

Besorgte Christen haben mir die neue Broschüre des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen „Love, Sex und so...“ mit der Bitte um Stellungnahme zugesandt. Ich habe die Broschüre studiert und muss gestehen, dass mich wundert, wie das Bundesministerium eine solche Broschüre herausgeben kann. Sie verstößt m.E. gegen die Prinzipien des Jugendschutzgesetzes und erfüllt nicht die pädagogischen Mindestanforderungen, die eine von einem Bundesministerium veröffentlichte Publikation, die offenbar an Jugendliche aller Altersstufen verteilt werden soll, aufweisen muss. Für mich stellt sich auch die Frage, ob bei der Verteilung dieser Schrift an Minderjährige nicht die Elternrechte missachtet werden, denn die Eltern sind für die Jugendlichen, solange diese nicht volljährig sind, insbesondere in Bezug auf Erziehung und Wertevermittlung an erster Stelle zuständig.

Die genannte Informationsschrift ist sehr einseitig. Sexualität wird in ihr beinahe ausschließlich als Genuss- und Konsummittel dargestellt, es fehlen fast zur Gänze Hinweise auf Verantwortung, ganzheitliche Liebe, Rücksicht auf das Wohl des anderen, Bezug zu Ehe und Familie. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn heute viele Familien zerbrechen, sexuelle Missbräuche häufig sind und junge Menschen oft nicht den Weg zu einer gesunden Persönlichkeitsentfaltung finden, wenn sie in einer Weise „orientiert“ werden, wie dies in der vorliegenden Broschüre geschieht. Dass frühe sexuelle Intimbeziehungen dauerhafte Schäden mit sich bringen können, wird nicht bedacht. Ausschlaggebendes und einziges Handlungsprinzip ist anscheinend nur das jeweilige, persönliche Empfinden, ob dies auch dem anderen „gut tut“ gehört nicht zu den Erwägungen, die in Betracht gezogen werden. Masturbation und Petting werden als empfehlenswerte Einübungsart für Geschlechtsverkehr dargestellt; wenn jemand homosexuell empfindet, ist das auch kein Malheur. Dass die Verwendung der „Pille“ oder Spirale als Verhütungsmittel bei jüngeren Mädchen nicht selten Ursachen für dauerhafte Sterilität sein können, bleibt unerwähnt. Eine eintretende Schwangerschaft ist – typisch für die in der Broschüre vorherrschende Geisteshaltung – ein Missgeschick, das man zwar besser vermeiden sollte, aber eine Lösung gibt es auch für diesen Fall: die Pille danach oder eine Abtreibung. Die angeführten Beratungsstellen sind entsprechend.

Arme Jugend Österreichs! Beklagen wir uns nicht, wenn unsere Gesellschaft immer noch mehr ins Schleudern gerät und viele Menschen ihr ganzes Leben lang tiefe seelische Verletzungen mit sich schleppen müssen!

Sehr geehrter Herr Bundesminister, verzeihen Sie mir diesen etwas anklagenden Brief, aber mein Gewissen sagt mit, dass ich da nicht mehr schweigen darf. Sie werden sicher verstehen, dass ich den Inhalt dieses Briefes auch dem Herrn Bundeskanzler und einer größeren Öffentlichkeit zukommen lasse.

Mit freundlichen Grüßen,
Klaus Küng

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