8. April 2011 in Aktuelles
Atheistische Forscher kritisieren Vergabe des Templeton-Preises
London (kath.net/idea) Die Vergabe des diesjährigen Templeton-Preises an den britischen Astronomen Martin Rees (Cambridge) ist bei einigen Naturwissenschaftlern auf scharfe Kritik gestoßen. Atheisten wie der Oxforder Evolutionsbiologe und Bestsellerautor (Der Gotteswahn) Richard Dawkins befürchten, dass der mit einer Million Pfund Sterling (1,1 Millionen Euro) dotierte Preis dazu dienen soll, unter der Hand Religion in der Wissenschaft hoffähig zu machen. Der Preis wurde 1972 von dem US-Milliardär und Philanthropen John Templeton (1912-2008) gestiftet und bis 2001 für Fortschritt in der Religion vergeben. Danach wurde das Gebiet erweitert.
Zu den Preisträgern gehören Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Religion, darunter der deutsche Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker (1912-2007), der frühere Generalsekretär des Islamischen Weltkongresses, Inamullah Khan (1912-1997), die katholische Ordensschwester Mutter Teresa (1910-1997), der Gründer des Missionswerks Campus für Christus, Bill Bright (1921-2003), und der US-Evangelist Billy Graham (92). Die Templeton-Stiftung (West Conshohocken/US-Bundesstaat Pennsylvania) vergibt jährlich Forschungsgelder in Höhe von 70 Millionen US-Dollar (49 Millionen Euro) an Projekte im Umfeld von Naturwissenschaft und Religion. So finanzierte sie Studien des Mediziners Herbert Benson von der Harvard-Universität (Cambridge/US-Bundesstaat Massachusetts) über Gebet und Heilung.
Preisträger: Mensch ohne Glauben
Der diesjährige Preisträger bezeichnet sich selbst als einen Mensch ohne Glauben. Der 68-jährige Rees wird für außerordentliche Beiträge zur Bekräftigung der spirituellen Dimension des Lebens durch seine Forschung im Bereich der Kosmologie ausgezeichnet. Er selbst sieht, wie die britische Zeitung Independent (London) schreibt, keinen Hinderungsgrund, den Preis anzunehmen. Gerade die Tatsache, dass man ihn auserwählt habe, zeige, dass die Stiftung nicht zu eng in ihren Sympathien sei. Obwohl er dem Glauben fernsteht, will Rees nach Angaben der Londoner Zeitung Times die Traditionen der Kirche von England bewahren, in denen er aufgewachsen sei. Erzbischof Rowan Williams (London), geistliches Oberhaupt der Anglikaner, hat Rees zum Templeton-Preis gratuliert.
Hinterhältiger als die Kreationisten
Das dient den atheistischen Kritikern als zusätzlicher Beleg für ihre Vermutung, dass die Stiftung die Naturwissenschaft religiös unterwandern will. Der Philosoph Anthony Grayling (London) stimmt in die Kritik ein: Das sei so, wie wenn man Astrologie und Astronomie oder Voodoo und Medizin vermische. Der Evolutionsbiologe Jerry Coyne (Chicago) sagte, die Stiftung sei hinterhältiger als die Kreationisten. Diese vertreten und verteidigen die Schöpfungslehre anhand der Bibel. Laut Coyne lassen sich Naturwissenschaft und Glaube nicht miteinander vereinbaren: Religion gründet auf Lehre und Glaube, Wissenschaft aber auf Zweifel und Fragen. In der Religion ist der Glaube eine Tugend. In der Naturwissenschaft ist sie ein Laster.
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