Schisma und Häresie sind Folgen liturgischer Missbräuche

12. Februar 2011 in Aktuelles


Johannes Paul II. jeden Samstag auf kath.net: Die „Zierde der Eucharistie“ und die große Verantwortung der Priester in der Eucharistiefeier


Vatikan (kath.net). „Auch in unseren Zeiten müsste der Gehorsam gegenüber den liturgischen Normen wiederentdeckt und als Spiegel und Zeugnis der einen und universalen Kirche, die in jeder Eucharistiefeier gegenwärtig gesetzt wird, geschätzt werden. Der Priester, der die heilige Messe treu gemäß den liturgischen Normen zelebriert, und die Gemeinde, die diesen annimmt, zeigen so schweigend und doch beredt ihre Liebe zur Kirche.“

Im Jahr 2003 veröffentlichte Papst Johannes Paul II. seine vierzehnte und letzte Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ über die Eucharistie in ihrem Verhältnis zur Kirche. Das Lehrschreiben betonte die Feier des eucharistischen Opfers als zentrales Glaubensgeheimnis der Kirche. Jeder Gläubige habe die Aufgabe, die kirchliche Gemeinschaft zu bewahren und zu fördern, besonders im sorgsamen Umgang mit der Eucharistie, dem Sakrament der Einheit der Kirche.

„Noch konkreter fällt diese Aufgabe den Hirten der Kirche zu, die gemäß ihrer eigenen Stellung und ihrem kirchlichen Amt eine besondere Verantwortung haben. Die Kirche hat deshalb Normen erlassen, die den häufigen und fruchtbaren Zutritt der Gläubigen zum Tisch des Herrn fördern und die objektiven Bedingungen festlegen, unter denen von der Spendung der Kommunion abgesehen werden muss. Das sorgfältige Bemühen um die treue Beachtung dieser Bestimmungen ist beredter Ausdruck der Liebe zur Eucharistie und zur Kirche“ (42).

DIE ZIERDE DER EUCHARISTIEFEIER

47. Wer in den synoptischen Evangelien den Bericht über die Einsetzung der Eucharistie liest, ist ergriffen von der Schlichtheit und auch von der »Gewichtigkeit« , mit der Jesus beim Letzten Abendmahl das große Sakrament stiftet. Eine Episode dient gewissermaßen als Vorgeschichte der Erzählung: Dies ist die Salbung von Bethanien. Eine Frau, die der Evangelist Johannes mit Maria, der Schwester des Lazarus, gleichsetzt, gießt aus einem Gefäß kostbares Duftöl auf Jesu Haupt und provoziert damit unter den Jüngern – besonders bei Judas (vgl. Mt 26, 8; Mk 14, 4; Joh 12, 4) – eine Reaktion des Protestes, so als ob eine solche Geste angesichts der Bedürfnisse der Armen eine intolerable »Verschwendung« bedeutete. Die Bewertung Jesu aber ist sehr wohl eine andere. Ohne Abstriche von der Verpflichtung zur Liebe gegenüber den Bedürftigen zu machen, denen sich die Jünger immer werden widmen müssen – »Die Armen habt ihr immer bei euch« (Mt 26, 11; Mk 14, 7; vgl. Joh 12, 8) – blickt er auf das unmittelbar bevorstehende Ereignis seines Todes und seiner Bestattung und schätzt die Salbung, die ihm gleichsam als Vorwegnahme jener Ehre zuteil wird, der sein Leib wegen seiner unlösbaren Gebundenheit an das Geheimnis seiner Person immerfort, auch nach dem Tod, würdig ist.

Die Erzählung geht in den synoptischen Evangelien mit dem Auftrag weiter, den Jesus den Jüngern zur sorgfältigen Vorbereitung des »großen Saales« gibt, die notwendig ist für den Verzehr des Paschamahles (vgl. Mk 14, 15; Lk 22, 12), und mit dem Bericht der Einsetzung der Eucharistie. Indem die Erzählung wenigstens teilweise das Bild der jüdischen Riten des Paschamahles bis zum Gesang des Hallel (vgl. Mt 26, 30; Mk 14, 26) erahnen läßt, bietet sie in knapper und doch feierlicher Form, wenn auch in den Varianten der verschiedenen Überlieferungen, die von Christus über Brot und Wein gesprochenen Worte, welche er als den konkreten Ausdruck seines dahingegebenen Leibes und seines vergossenen Blutes gebraucht. Die Evangelisten erinnern an all diese Einzelheiten im Licht einer bereits in der Urkirche gefestigten Praxis des »Brotbrechens«. Aber ganz sicher trägt das Ereignis des Gründonnerstags, ausgehend von der gelebten Geschichte Jesu, sichtbar die Wesenszüge einer liturgischen »Sensibilität« , die ihre Ausformung der Tradition alttestamentarischer Elemente verdankt und die dazu bereit ist, im Einklang mit dem neuen Inhalt des Pascha in der christlichen Zelebration neu gestaltet zu werden.

48. Wie die Frau der Salbung von Bethanien, hat die Kirche sich nicht davor gefürchtet zu »verschwenden« , wenn sie das Beste ihrer Mittel einsetzt, um ihr anbetendes Staunen angesichts des unermeßlichen Geschenks der Eucharistie zu zeigen. Nicht weniger als die ersten Jünger, die beauftragt waren, den »großen Saal« herzurichten, fühlte sich die Kirche durch die Jahrhunderte und in der Aufeinanderfolge der Kulturen dazu gedrängt, die Eucharistie in einem Rahmen zu feiern, die eines so großen Geheimnisses würdig ist. Im Einklang mit den Worten und Gesten Jesu ist die christliche Liturgie, das rituelle Erbe des Judentums entfaltend, entstanden. Und was könnte schließlich genügen, um in angemessener Weise den Empfang der Gabe auszudrücken, die der göttliche Bräutigam unaufhörlich aus sich selbst der Braut-Kirche darbietet, indem er das ein für alle Mal am Kreuz dargebrachte Opfer in die Reichweite jeder einzelnen Generation der Gläubigen stellt und sich zur Nahrung aller Gläubigen macht? Wenn auch die Logik des »Festmahls« Familiarität nahelegt, so ist die Kirche doch nie der Versuchung erlegen, diese »Vertrautheit« mit ihrem Bräutigam zu banalisieren und zu vergessen, daß er auch ihr Herr ist, und daß das »Festmahl« für immer ein Opfermahl bleibt, das von dem auf Golgotha vergossenen Blut geprägt ist. Das eucharistische Mahl ist wahrhaftig ein »heiliges« Mahl, in dem die Schlichtheit der Zeichen die Tiefe der Heiligkeit Gottes verbirgt: »O Sacrum convivium, in quo Christus sumitur!«. Das Brot, das auf unseren Altären gebrochen und für unser Sosein als Wanderer auf den Straßen dieser Welt hingegeben wird, ist »panis angelorum«, Brot der Engel, dem wir uns nur mit der Demut des Hauptmanns im Evangelium nähern können: »O Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehest unter mein Dach« (Mt 8, 8; Lk 7, 6).

49. Ganz in diesem erhabenen Sinn des Mysteriums versteht man, wie der Glaube der Kirche an das eucharistische Geheimnis in der Geschichte nicht nur durch den Anspruch einer inneren Haltung der Verehrung zum Ausdruck gekommen ist, sondern auch durch eine Reihe äußerer Ausdrucksformen, um die Größe des gefeierten Ereignisses herauszustellen und zu unterstreichen. Daraus entsteht eine Entwicklung, die Schritt für Schritt dazu geführt hat, ein spezielles Regelwerk für die eucharistische Liturgie zu umreißen, unter Achtung der verschiedenen legitimer Weise bestehenden kirchlichen Traditionen. Auf dieser Basis hat sich auch ein reiches künstlerisches Erbe entwickelt. Die Architektur, die Bildhauerei, die Malerei, die Musik haben sich am christlichen Mysterium ausgerichtet und haben in der Eucharistie direkt oder indirekt ein Motiv großer Inspiration gefunden.

So war es zum Beispiel für die Architektur, die den Übergang von den anfänglichen Orten der Eucharistie, die sich in den Häusern ( »domus« ) christlicher Familien befanden, zu den stattlichen Basiliken der ersten Jahrhunderte sah – sobald es der historische Kontext erlaubte –, zu den imposanten Kathedralen des Mittelalters bis zu den großen oder kleinen Kirchen, die nach und nach die vom Christentum erreichten Landstriche übersät haben. Die Formen der Altäre und der Tabernakel haben sich in der Weite der liturgischen Räume fortentwickelt, wobei sie nicht nur jedesmal künstlerischen Eingebungen, sondern auch den Vorgaben eines genauen Verstehens des Mysteriums gefolgt sind. Dasselbe kann über die sakrale Musik gesagt werden: es genügt, an die inspirierten gregorianischen Melodien und an die vielen und oft großen Komponisten, die sich von den liturgischen Texten der heiligen Messe herausfordern ließen. Und offenbart sich etwa nicht im Bereich der Geräte und Paramente, die für die Eucharistiefeier verwendet werden, eine enorme Zahl an künstlerischen Werken, angefangen bei den Arbeiten eines guten Handwerkers bis hin zu wahren Kunstwerken?

Man kann also sagen, daß die Eucharistie, so wie sie der Kirche und der Frömmigkeit eine Form gab, auch die »Kultur« besonders auf ästhetischem Gebiet stark geprägt hat.

50. In diesem Bemühen um die Anbetung des Mysteriums in ritueller und ästhetischer Hinsicht haben die Christen des Westens und des Ostens gewissermaßen »gewetteifert«. Wie sollte man dem Herrn nicht besonders für den Beitrag danken, welcher der christlichen Kunst durch die großen Werke der Architektur und der Malerei der griechisch-byzantinischen Tradition oder des gesamten slawischen Raumes und Kulturkreises geschenkt wurde? Im Osten hat die sakrale Kunst einen einzigartig starken Sinn für das Mysterium bewahrt, indem sie die Künstler drängt, ihren Eifer im Schaffen des Schönen nicht nur als Ausdruck ihres Genies zu verstehen, sondern auch als echten Dienst am Glauben. Sie haben es verstanden, weit über die bloße technische Fertigkeit hinauszugehen und sich folgsam dem Hauch des Geistes Gottes zu öffnen.

Die Glanzpunkte der Architektur und der Mosaike im christlichen Westen und Osten sind ein allgemeines Erbe der Glaubenden und tragen in sich das Zeichen – und ich möchte sagen, das Unterpfand – der ersehnten Fülle der Gemeinschaft im Glauben und in der Feier. Wie auf dem berühmten Bild der Dreifaltigkeit von Rublëv verlangt und setzt dies eine zutiefst »eucharistische« Kirche voraus, in welcher die Teilhabe am Geheimnis Christi im gebrochenen Brot gleichermaßen in die unbegreifliche Einheit der drei göttlichen Personen eingesenkt ist, um so aus der Kirche selbst eine »Ikone« der Dreifaltigkeit zu machen.

Diese Sicht einer Kunst, die darauf ausgerichtet ist, in allen ihren Elementen den Sinn der Eucharistie gemäß der Lehre der Kirche auszudrücken, macht es notwendig, den Regeln für den Bau und die Einrichtung der sakralen Gebäude volle Aufmerksamkeit zu schenken. Wie die Geschichte zeigt, hat die Kirche den Künstlern stets einen großen kreativen Freiraum gelassen. Dies habe ich selbst in meinem Brief an die Künstler unterstrichen. 100 Die sakrale Kunst muß sich jedoch durch die Fähigkeit auszeichnen, das Mysterium adäquat zum Ausdruck zu bringen, und zwar so wie es in der Fülle des Glaubens der Kirche verstanden wird und gemäß den entsprechenden pastoralen Hinweisen, die von der zuständigen Autorität gegeben werden. Diese Ausführungen gelten sowohl für die bildenden Künste als auch für die Kirchenmusik.

51. Was in den Gebieten der frühen Christianisierung im Bereich der sakralen Kunst und der liturgischen Ordnung stattgefunden hat, beginnt sich auch auf den Kontinenten des jungen Christentums zu entwickeln. Hier hat gerade das Zweite Vatikanische Konzil im Hinblick auf den Bedarf nach einer ebenso gesunden wie erforderlichen »Inkulturation« Orientierung gegeben. Während meiner zahlreichen Pastoralbesuche hatte ich die Gelegenheit, in allen Teilen der Welt zu beobachten, zu welch großer Lebendigkeit die Feier der Eucharistie in Berührung mit den Ausdrucksformen, dem Stil und den Empfindungen unterschiedlicher Kulturen fähig ist. Durch die Anpassung an die sich verändernden Bedingungen von Zeit und Raum bietet die Eucharistie nicht nur den Einzelnen, sondern den Völkern selbst Nahrung und formt christlich inspirierte Kulturen.

Dennoch ist es notwendig, diese wichtige Aufgabe der Anpassung immer im Bewußtsein des unaussprechlichen Mysteriums vorzunehmen, an dem Maß zu nehmen jede Generation aufgerufen ist. Der »Schatz« ist viel zu groß und zu kostbar, um das Risiko seiner Verarmung eingehen zu können, oder um ihn voreilig durch Experimente und Gebräuche zu beeinträchtigen, welche ohne eine genaue Prüfung durch die zuständigen kirchlichen Autoritäten eingeführt worden sind. Die zentrale Stellung des eucharistischen Geheimnisses verlangt es überdies, daß diese Prüfung in enger Verbindung mit dem Heiligen Stuhl geschieht. Wie ich im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Ecclesia in Asia ausführte, »ist eine solche Zusammenarbeit von wesentlicher Bedeutung, weil die Liturgie durch ihre Feier den einzigen von allen bekannten Glauben zum Ausdruck bringt, und da sie Erbe der ganzen Kirche ist, kann sie nicht durch von der Gesamtkirche isolierte Ortskirchen bestimmt werden«.101

52. Aus dem bisher Gesagten wird die große Verantwortung der Priester in der Eucharistiefeier verständlich, denen es zukommt, ihr in persona Christi vorzustehen. Damit stellen sie ein Zeugnis und einen Dienst der Gemeinschaft sicher, nicht nur gegenüber der unmittelbar an der Feier teilnehmenden Gemeinde, sondern auch für die Gesamtkirche, die in der und durch die Eucharistie immer zugegen ist. Leider müssen wir beklagen, daß es vor allem seit den Jahren der nachkonziliaren Liturgiereform infolge einer falsch verstandenen Auffassung von Kreativität und Anpassung an Mißbräuchen nicht gefehlt hat, die für viele ein Grund des Leidens sind. Insbesondere in einigen Regionen hat eine gewiße Reaktion auf den »Formalismus« manch einen dazu verleitet, die von der großen liturgischen Tradition der Kirche und die von ihrem Lehramt gewählten »Formen« für nicht verpflichtend zu erachten und nicht autorisierte und oft völlig unpassende Neuerungen einzuführen.

Ich sehe mich daher in der Pflicht, einen deutlichen Appell auszusprechen, daß in der Eucharistiefeier die liturgischen Normen mit großer Treue beachtet werden. Sie sind ein konkreter Ausdruck der authentischen Kirchlichkeit der Eucharistie; das ist ihr tiefster Sinn. Die Liturgie ist niemals Privatbesitz irgendjemands, weder des Zelebranten, noch der Gemeinschaft, in der die heiligen Geheimnisse gefeiert werden. Der heilige Apostel Paulus mußte sich wegen der schwerwiegenden Mängel in ihrer Eucharistiefeier mit scharfen Worten an die Gemeinde von Korinth wenden, da diese zu Spaltungen (skísmata) und Fraktionsbildungen (hairéseis) (vgl. 1 Kor 11, 1734) geführt hatten. Auch in unseren Zeiten müßte der Gehorsam gegenüber den liturgischen Normen wiederentdeckt und als Spiegel und Zeugnis der einen und universalen Kirche, die in jeder Eucharistiefeier gegenwärtig gesetzt wird, geschätzt werden. Der Priester, der die heilige Messe treu gemäß den liturgischen Normen zelebriert, und die Gemeinde, die diesen annimmt, zeigen so schweigend und doch beredt ihre Liebe zur Kirche. Um eben diesen tiefen Sinn der liturgischen Normen zu bekräftigen, habe ich die zuständigen Dikasterien der Römischen Kurie beauftragt, ein spezifischeres Dokument, das Verweise rechtlicher Natur enthalten wird, zu diesem Thema von so großer Bedeutung vorzubereiten. Niemand darf das unseren Händen anvertraute Mysterium unterbewerten: Es ist zu groß, als daß sich irgend jemand erlauben könnte, nach persönlichem Gutdünken damit umzugehen, ohne seinen sakralen Charakter und die ihm eigene universale Dimension zu respektieren.


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