Eritrea: Evangelikale Christen als Staatsfeinde verfolgt

5. Dezember 2010 in Chronik


Der formell christliche Präsident fürchtet einen Umsturz und lässt Christen verfolgen, deren Gemeinschaften staatlich nicht anerkannt sind


Asmara (kath.net/idea) Im nordostafrikanischen Eritrea werden viele meist evangelikale Christen als Staatsfeinde verfolgt, deren kirchliche Gemeinschaften staatlich nicht anerkannt sind. Rund 2.200 dieser Christen sind in Polizeistationen, Militärlagern oder Frachtcontainern unter teilweise unmenschlichen Bedingungen eingesperrt und sind auch Folter ausgesetzt. Mindestens 14 Christen seien in der Haft gestorben, berichtet das Hilfswerk Open Doors. Über die Hintergründe informiert ein Forschungsbericht, der von der Kommission für Religionsfreiheit der Weltweiten Evangelischen Allianz unterstützt wird.

Schlüsselfigur sei Staatspräsident Issayas Afewerki, der formell der Eritreischen Orthodoxen Kirche angehört. Im Jahr 2002 erklärte Afewerki alle Angehörigen nicht offiziell erlaubter Kirchen – darunter 35 evangelikale – zu Staatsfeinden. Anerkannt sind die orthodoxe und die katholische Kirche sowie die Lutheraner und der sunnitische Islam. Von den rund fünf Millionen Einwohnern Eritreas sind 44 Prozent Christen und 47 Prozent Muslime; der Rest gehört Naturreligionen an.

Der 64-jährige Führer der „Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit“ befürchte, dass sich unter religiösen Bürgern eine Oppositionsbewegung bilde. Verschärft werde seine Angst vor einem Umsturz dadurch, dass sich während des Krieges mit Äthiopien von 1998 bis 2000 viele junge Soldaten – vor allem Wehrpflichtige – dem christlichen Glauben zugewandt und evangelikalen Gruppen angeschlossen hätten. Sie träfen sich im Geheimen zu Gebet und Bibelstudium. Der Staat unterdrücke jede Opposition und reagiere nervös auf eine mögliche Untergrundbewegung im Militär.

Afewerki war 1993 – zwei Jahre nach der Unabhängigkeit von Äthiopien - an die Macht gekommen und ist nicht in demokratischen Wahlen bestätigt worden. Die Beziehungen zu den USA und den meisten Nachbarländern – Sudan, Äthiopien, Jemen, Somalia und Dschibuti – sind angespannt. Das Land Eritrea entstand als italienische Kolonie und wurde nach dreißigjährigem Unabhängigkeitskrieg von Äthiopien unabhängig.

Seither veranlasst die Regierung Kirchenschließungen und verbietet Privatversammlungen. Das jüngste Opfer staatlicher Verfolgung ist nach Angaben von Open Doors die 35-jährige Christin Ferewini Gebru Tekleberhne. Sie sei am 19. November bei einem Fluchtversuch aus einem Militärgefangenenlager im Nordosten Eritreas erschossen worden. Sie sei zwei Jahre lang in einem Container eingesperrt gewesen, weil sie einer staatlich nicht anerkannten Gemeinde angehörte. Ihr Leichnam sei abseits des Lagers Aderset vergraben worden. Die unverheiratete Tekleberhne aus Barentu (Provinz Gash-Barka) sei vor drei Jahren während ihres Wehrdienstes zum christlichen Glauben gekommen.



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