Wenn Christen im Glauben sprachlos sind

1. Dezember 2010 in Deutschland


Das Gespräch über Religion ist zum Tabu geworden – In unserer Gesellschaft kann über alles geredet werden, selbst über das Intimste, nur über Religion schweigen wir.


Dassel (kath.net/idea) Viele Christen sind sprachlos, wenn es um die Formulierung ihres Glaubens geht. Daher ist eine „Re-Alphabetisierung des Christlichen“ nötig.

Diese Auffassung vertrat der Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW), Reinhard Hempelmann (Berlin), vor der Deutschen Evangelistenkonferenz. Sie tagt vom 29. November bis 2. Dezember in Dassel bei Göttingen zum Thema „Moderner Atheismus und christliche Apologetik“.

Laut Hempelmann ist das Gespräch über Glaubensfragen aus den Familien weitgehend ausgewandert: „Über alles kann in unser Gesellschaft geredet werden, selbst das Intimste kann öffentlich geäußert werden, nur über Religion schweigen wir.“

Der Bibel zufolge (1. Petrus 3,15) sei es jedoch die grundlegende Pflicht jedes Christen, von seiner Hoffnung Rechenschaft zu geben. Laut Johannes 14,6 sei Jesus Christus „der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Diesen Absolutheitsanspruch könnten Christen nicht aufgeben. Das Evangelium könne man nur bewahren, wenn man es mit anderen teile. Häufig hätten Christen jedoch Angst, sich mit Andersgläubigen zu befassen, weil dabei der eigene Glaube erschüttert werden könne.

Religiöse Trends

Ein religiöser Trend in der Gesellschaft sei eine „vagabundierende Religiosität“, die sich aus verschiedenen Quellen speise. Zugleich nehme die Zahl der Konfessionslosen zu, von denen aber nur eine Minderheit in atheistischen oder humanistischen Organisationen organisiert sei.

Hempelmann beobachtet ferner einen religiösen Fundamentalismus, der die Sehnsucht nach einfachen Antworten bediene, etwa bei den Zeugen Jehovas oder bei adventistischen Splittergruppen. Bedingt durch Religionsfreiheit und Migration sei eine Vielzahl von Religionen in Deutschland vertreten.

Auch die Vielfalt christlicher Gemeinschaften werde größer, etwa durch afrikanische und koreanische Gemeinden. Zwar hätten die Volkskirchen ihren kulturellen Einfluss nicht eingebüßt, doch lebe man in Deutschland heute in einer „nachchristlichen Gesellschaft“.

Was einen Christen ausmacht

Angesichts dieser Situation sei es Aufgabe der Christen, ihre religiöse Identität zum Ausdruck zu bringen. Dazu gehöre, den Zusammenhang von Glaube und Vernunft zu verdeutlichen.

Christlicher Glaube sei „vernunftfreundlich“. Allerdings sei es nicht möglich, über den Weg der Vernunft – etwa durch Gottesbeweise – zu Gott zu kommen. Dies sei nur durch den Glauben möglich. Ferner komme es darauf an, Gottes- und Nächstenliebe zu praktizieren.

Zum Glauben gehöre auch das Wissen um die Begrenztheit, Vorläufigkeit und Gebrochenheit des Lebens. So sei es bei der Beurteilung von Glaubensgemeinschaften entscheidend, wie diese mit Krankheit, Leid und Tod umgehen.

Vorsitzender der Deutschen Evangelistenkonferenz ist Pfarrer Johannes Eißler (Reutlingen). Die ehrenamtliche Geschäftsführung teilen sich Udo Vach (ERF Medien, Wetzlar), Hartmut Jäger (Christliche Verlagsgesellschaft, Dillenburg) und Wilfried Schulte (Missionswerk Neues Leben, Altenkirchen).


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