26. Juni 2010 in Chronik
Die im Vorfeld als "Provokation" bezeichnete Handlung wurde am Samstag durchgeführt.
Zaitzkofen (www.kath.net/ KNA)
Die traditionalistische Piusbruderschaft hat am Samstag in Deutschland ihre Praxis unerlaubter Priesterweihen fortgesetzt. Ihr Generaloberer, Weihbischof Bernard Fellay, legte drei Kandidaten aus Schweden, Tschechien und Südtirol im bayerischen Zaitzkofen die Hände auf. An dem Gottesdienst im Schlosspark des dortigen Priesterseminars nahmen rund 1.000 Menschen teil.
Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, in dessen Diözese Zaitzkofen liegt, hatte die Weihe im Vorfeld als Provokation bewertet. Sie beeinträchtige eine mögliche Wiederaufnahme der Piusbrüder in die römisch-katholische Kirche. Weihehandlungen sollten nur mit ausdrücklicher Weisung und Erlaubnis des Papstes vorgenommen werden. Der Regens des Seminars, Pater Stefan Frey, wies die Kritik als Querschuss zurück. Es sei nie Absicht von Benedikt XVI. gewesen, das Leben einer kirchlichen Gemeinschaft abzuwürgen, zu der wesentlich auch solche Weihen zählten.
Die ultrakonservative Bruderschaft hatte zu der Weihe mit dem Hinweis eingeladen, dass jeder Neupriester ein Zeichen der Hoffnung auf eine bessere Zukunft für die Kirche sei. Die katholische Kirche sei derzeit einer erschütternden Belastungsprobe ausgesetzt, nachdem das Gift des Modernismus bereits seit Jahrzehnten im Innern der Kirche die Glaubenssubstanz zerfressen hat.
In Zaitzkofen wurde auch ein 62-jähriger Schwede geweiht, der indirekt den Skandal um Traditionalistenbischof Richard Williamson auslöste. Die Diakonweihe des ehemals evangelischen Konvertiten durch Williamson war am 1. November 2008 Anlass für ein schwedisches Fernsehteam gewesen, nach Zaitzkofen zu fahren. Dort kam es mit dem britischen Weihbischof zu einem Interview, in dessen Verlauf er das Ausmaß der Judenvernichtung durch die Nationalsozialisten relativierte und die Existenz von Gaskammern leugnete.
Das Interview rückte die im Januar 2009 ausgesprochene Versöhnungsinitiative des Papstes gegenüber den Traditionalisten ins Zwielicht. Wenige Tage nach der Veröffentlichung hob Benedikt XVI. die Exkommunikation gegen Williamson und drei weitere Pius-Bischöfe auf. Der Vatikan wusste nach Angaben des zuständigen Kurienkardinals zu diesem Zeitpunkt noch nichts von dem Interview. Der Papst musste sich daraufhin mehrfach gegen eine Fehlinterpretation seiner Initiative wehren. Williamson wurde im April 2010 wegen Volksverhetzung in erster Instanz zu einer Geldstrafe verurteilt.
Inzwischen haben im Vatikan mehrere Gesprächsrunden mit Vertretern der Bruderschaft über strittige Lehrfragen stattgefunden. Die 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründete Priesterbruderschaft Sankt Pius X. lehnt zentrale Kirchenreformen des 20. Jahrhunderts ab und ist vom Vatikan nicht anerkannt. Unerlaubte Priesterweihen durch gültig geweihte Bischöfe sind nach katholischem Kirchenrecht aber gültig, auch wenn die Erlaubnis des Papstes fehlt.
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