Die frohe Botschaft der Grabtücher Christi

25. März 2010 in Interview


Kath.Net-Interview mit Paul Badde über sein neues Bestsellerbuch "Das Grabtuch von Turin", vielleicht die wichtigste Buchneuerscheinung im Jahre 2010


Rom (kath.net)
Viele zweifeln an seiner Echtheit. Doch die Indizien sprechen dafür: Jesus wurde nach seinem Tod in „Das Grabtuch von Turin“ gewickelt. In seinem gleichnamigen Sachbuch trägt der Historiker, Korrespondent und Bestsellerautor Paul Badde die Fakten zusammen. Dabei zieht er die vier Evangelien zu Rate und zahlreiche Quellen aus dem Mittelalter. Hinweise auf das Tuch gibt es nicht nur in Jerusalem, sondern überall in Europa.

Millionen reisen in diesem Jahr nach Turin, um dort ein 4,36 x 1,10 m großes, mit mysteriösen Flecken übersätes Leinentuch zu betrachten. Im letzten Jahrhundert wurde dieses Tuch nur viermal gezeigt. Es ist uralt. Blutflecken sind darauf, Brandlöcher, faszinierende Pollenspuren. Dazwischen erscheint das schattenhafte Bild eines Gekreuzigten. Jedes Detail entspricht exakt dem, was die vier Evangelisten in der Bibel über die Kreuzigung von Jesus im Jahr 30 berichten. Kath.net sprach mit Paul Badde über seinen neuen Buchbestseller, ein Buch, dass in keiner katholischen Bibliothek fehlen sollte!

Kath.Net: Um was geht es in Ihrem neuen Buch in drei Sätzen?

Badde: Ganz einfach. Der Augenzeuge Johannes schreibt in seinem Bericht der Auferstehung, dass Petrus und er in dem leeren Grab Grabtücher vorgefunden haben. Und heute sind wir in der privilegierten Lage, erstmals wie nie zuvor einen sehr guten Überblick über verschiedene Tücher zu haben, die jeden Indizienprozess gewinnen könnten, dass sie mit diesen Tüchern aus dem Grab identisch sind. Auf ihrem Weg von der Antike zu uns und vom Morgenland zum Abendland hätten sie hundertmal verbrennen, vernichtet werden oder verloren gehen können. Plünderungen, Diebstähle, eine Serie von Rechtsbrüchen und all möglichen höchst merkwürdige Umstände haben sie immer wieder gerettet. In meinem Buch stelle ich deshalb nicht mehr die Frage, ob diese Tücher echt sind oder nicht. Denn diese Debatte erschöpft sich nicht und kommt auch an kein neues Ziel mehr. Ich setze stattdessen hier einmal mit der Frage dahinter an: Was ist, wenn sie echt sind? Auf dieser Spur kommt man kaum an der Entdeckung vorbei, dass Gott – der seit seiner Menschwerdung ja schon selbst endgültig Bild geworden – auch von der Auferstehung Christi erste Bildspuren zurück gelassen hat. In den Grabtüchern finden sich „nicht von Menschenhand gemachte“ Bilder Christi, die Tod und Verfall bis heute nicht zerstören konnten. Das ist ebenso atemberaubend wie beglückend.

Kath.Net: Wie kam es zu Ihrer ersten persönlichen Begegnung mit dem Grabtuch von Turin?

Badde: Es hat mich fasziniert, seit ich 1954 zum ersten Mal in der ersten Klasse der Volksschule von unserer Lehrerin davon gehört habe. Die Faszination hat danach nie richtig nachgelassen, auch wenn ich es für Jahrzehnte aus den Augen verloren hatte. Mein ältester Bruder hatte es überall, wo er wohnte, an einem Ehrenplatz. Ich bin dem Tuch in meinem Leben immer wieder begegnet. Wie von selbst fand es dann schon Zugang und einen höchst prominenten Platz zu meinen letzten Büchern. In den letzten Jahren hat mich der greise Pater Beda aus Neresheim mehrmals in einigen Briefen gedrängt, dieses Buch zu schreiben. Ich kannte ihn gar nicht. Jetzt starb er fast gleichzeitig mit der Vollendung des Buches.

Kath.Net: Was, glauben Sie, ist es, das Millionen Menschen nach Turin zieht, um dieses Bild zu sehen? Neugier, Glaube?

Badde: Nein, die große Sehnsucht, einmal über den Tellerrand unserer irdischen Existenz zu schauen.

Kath.Net: Und was finden sie da?

Badde: Ein Antlitz von majestätischer Barmherzigkeit.

Kath.Net: Woraus leiten Sie Ihre Gewissheit denn vor allem ab, dass das Turiner Grabtuch echt ist?

Badde: Seit Kaiser Konstantin im Jahr 320 Kreuzigungen verboten hat, ging auch das Wissen verloren, wie Kreuzigungen genau stattfanden. Dieses Tuch aber hält den Vorgang gleichsam seit der Antike präzise fest wie kein anderes Dokument. Es zeigt, wie die Nägel durch die Handwurzeln – und nicht durch die Handteller - getrieben wurden. Es zeigt, wie sich der Gekreuzigte immer wieder empor stemmte, um Luft zu bekommen – und wie er dann immer wieder absackte. Das Leinen erzählt den Vorgang der Kreuzigung noch genauer als die Evangelien. Wir wussten gar nicht mehr, was das war. Erst das Grabtuch klärt uns auf einzigartige Weise darüber auf.

Kath.Net: Was erzählt es noch?

Badde: An den Abdrücken der Füße und der Knie wurde Aragonit nachgewiesen, eine seltene Kalksteinart, die auch bei Ausgrabungen in Jerusalem zu Tage gefördert wurde. Dieser Mann ist vor seinem Tod also nicht nur durch den Staub Jerusalems gegangen, sondern er ist auch gestürzt. Davon erzählen die Evangelien sonst eigentlich nichts, sondern nur noch die Tradition.

Kath.Net: Und es gibt Spuren von Peitschenhieben?

Badde: Ja, exakt 78, und das ist sehr interessant. Denn die Evangelien berichten ja ausführlich vom Zögern des Pilatus, der Jesus eigentlich nicht kreuzigen lassen wollte. Stattdessen ließ er ihn auspeitschen, um die aufgeheizte Menge, die seinen Tod verlangte, zu beschwichtigen. Die Geißelung war eine sehr strenge römische Strafe. Es waren 40 Schläge minus einem, es war eine mörderische Qual. Der Mann in diesem Tuch hat aber zweimal diese Strafe bekommen. Das heißt, Pilatus ließ ihn nicht nur einmal, sondern zweimal auspeitschen. Die Menge konnte aber auch das nicht befriedigen. Sie wollte nichts als seinen Tod und zwangen Pilatus mit ihrem anhaltenden Tumult quasi zu der Kreuzigung. Die doppelte Geißelung erklärt auch noch eine andere Besonderheit. Denn normalerweise erstickten Gekreuzigte und das konnte tagelang dauern. Die Kreuzigung Jesu musste aber abgebrochen werden, weil das Pessachfest nahte. Da durften die Hinrichtungen nicht weiter gehen. Den Mitgekreuzigten wurden deshalb die Beine zerschlagen, damit sie sich nicht mehr aufrichten konnten und gleich erstickten. Jesus aber war da schon tot, heißt es. Offensichtlich hatte die doppelte Geißelung ihn schon auf den Tod geschwächt. Die Speerwunde an der Seite wurde ihm erst zugefügt, als er schon tot war. Auch darüber gibt das Grabtuch genau Auskunft. Aus dieser Wunde ist seröses „Leichenblut“ geflossen. Alle anderen Wunden wurden ihm zugefügt, als er noch lebte.

Kath.Net: Nehmen wir an, das Grabtuch sei wirklich 2000 Jahre alt. Wer sagt Ihnen, dass nicht ein anderer Toter darin eingewickelt ruhte?

Badde: Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass ein anderer Mensch genau all diese Leiden erlebt hat, ist wohl nahe an Null. Das Gesicht dieses Ermordeten aber hat eine Majestät und Würde, die welteinmalig sind.

Kath.Net: Sie schreiben in Ihrem Buch, wenn das Grabtuch eine Fälschung wäre, wäre dies das größere Wunder.

Badde: Ja, denn das Leichentuch trägt außer den Blutspuren ja auch noch ein schattenhaftes Bild, von dem sich kein Mensch erklären kann, wie es zustande kam. Es ist ein Negativbild, wie wir es erst seit der Entdeckung der Fotografie kennen. Darauf konnte davor kein Maler kommen. Auch wurden Pollen aus Jerusalem, aus Mesopotamien und Konstantinopel in dem Gewebe entdeckt. Wäre es gefälscht worden, hätte der Künstler ein Leinen benutzen müssen, das davor genau diesen Weg genommen hatte.

Kath.Net: Wie erklären Sie, dass wir keine klaren Hinweise auf das Tuch bis ins 14. Jh. haben?

Badde: Für das Judentum spielten schon damals die Reinheitsgebote eine wesentliche Rolle. Viel unreiner als etwa Shrimps oder Schweinefleisch galt und gilt in dieser Kultur aber alles, was mit Leichen in Berührung gekommen war. Jeder Leichnam galt als „Vater der Väter der Unreinheit“. Alles, was mit Toten in Berührung gekommen war, galt als „Quelle der Unreinheit“. So etwas zu verehren, war einfach undenkbar. Es musste schnell versteckt werden! Das Christentum hätte seine ersten Tage kaum überlebt, wenn damals schon in Jerusalem erzählt worden wäre, dass die Apostel dieses Tuch aufbewahrten und verehrten. Dieses Geheimnis umhüllte das Grabtuch in den ersten Jahrhunderten offensichtlich weiter wie eine eigene Aura. Das ging erst viel später, im Westen, verloren, als Kreuzritter es aus dem Orient nach Frankreich brachten.

Kath.Net: Sie schreiben, das Grabtuch sei ein Geschenk für die Glaubenshilfe?

Badde: (lacht) Vor vierzig Jahren wäre ich auf ein T-Shirt von Bob Dylan enorm stolz gewesen. Viel mehr Freude dürfen da heute Gläubige an diesem Grabtuch haben, in der sie gleichsam in Bilderschrift das erste und durch und durch wunderbare Dokument von der Menschwerdung Gottes vor sich haben.

Kath.Net: Hat der moderne Mensch die Fähigkeit verloren, solche Bilder zu lesen?

Badde: Ja und nein, denn wir „lesen“ ja jederzeit Bilder, doch meistens unbewusst, wo wir uns von Bildern vor allem verführen lassen, etwa in der Werbung, wo wir kaum wissen, wie uns geschieht, wenn wir plötzlich ein Verlangen nach irgend etwas entwickeln, das wir gar nicht brauchen. Wir lesen also täglich Bilder. Das Lichtbild in Turin aber wächst aus dieser Bilderwelt des Banalen auf eine Weise heraus, für die es keinen Vergleich gibt. Darum zieht es so viele Pilger an. Robert Spaemann erzählt gern, dass ihn dieses Gesicht an jene Worte aus Shakespeares „King Lear“ erinnert, wo der alte Lear im Elend sitzt, rausgeworfen von seinen Töchtern. Sturm und Regen auf der Straße. So trifft ihn Kent, erkennt ihn nicht und sagt, er wolle in seinen Dienst treten. „Wieso?“ fragt ihn Lear. Kann er sein Elend nicht sehen? Alle haben ihn doch verlassen. Da erwidert Kent: „Es ist etwas in Eurem Gesicht, Sir, das ich gerne meinen Herrn nenne.“

Kath.Net: Liegt der Grund für die immer wieder lancierten Berichte über das „gefälschte Grabtuch“, in der Unfähigkeit oder der Weigerung vieler Wissenschaftler und Journalisten zu glauben und anzubeten oder gibt es tatsächlich wissenschaftlich begründete Zweifel an der Echtheit des Tuches?

Badde: Nein, wissenschaftlich begründete Zweifel an der Echtheit des Tuches sind bisher allesamt widerlegt worden. Das heißt nun nicht, dass irgendjemand bisher weiß oder schlüssig beweisen kann, wie es zum dem rätselhaften Bild kam. Der bleibende Grund jeder Kritik liegt hingegen – glaube ich – vor allem in dem anhaltend aufreizenden Credo der Christen, die seit 2000 Jahren daran festhalten, dass Gott Mensch geworden ist, dass also der Schöpfer des Himmels und der Erde sein Gesicht gezeigt hat. Das ist und bleibt unglaublich. Es ist auch ein unglaubliches Glück – und für viele, die diesen Glauben nicht teilen, eine unglaubliche Herausforderung, die sie immer neu dazu reizt, beweisen zu wollen, dass das nicht wahr sein kann. Das erklärt auch immer neuen Versuche dieser Art, die bisher allerdings auch immer neu an den nachweislichen Fakten scheiterten, die an dem Grabtuch längst unstrittig sind.

Kath.Net: Das Grabtuch Jesu wird bisweilen das fünfte Evangelium genannt. Was hat uns dieses Evangelium zu sagen?

Badde: Dass am Anfang unseres Glaubens kein Lehrgebäude stand und keine Theorie, sondern der lebendige und barmherzige Gott: Mensch geworden in Jesus Christus. Deshalb dürfen wir auch fest darauf setzen, dass wir ihn wiedersehen werden. Denn seine Menschwerdung war ja kein Intermezzo. Er wird nicht anders aussehen bei seiner Wiederkunft – und auch nicht, wenn wir ihm nach unserem Tod von Angesicht zu Angesicht begegnen werden. Wer hat einen größeren Trost? Auf wen wartet eine größere Freude?


Kath.Net: Sollte das Tuch, wenn es eine so wichtige und heilige Reliquie ist, nicht - so wie das Tuch in Manoppello - fortwährend zur Betrachtung für die Gläubigen ausgestellt sein?

Badde: Eher nicht, denke ich. Es wird – das ist meine Erfahrung – mehr ernst genommen, wenn es sich rar macht. Vielleicht sollte deshalb auch das Schweißtuch in Manoppello besser wieder nur an den Prozessionen gezeigt werden, wie früher. Dass es so unverschämt offen ist - wofür ich persönlich mit vielen anderen unendlich dankbar bin - verführt allerdings viele andere auch dazu, nicht daran glauben zu können, dass es einer der größten, wenn nicht der größte Schatz der Christenheit ist. Das war früher in Rom ganz anders, als es noch Millionen bei den jährlichen Zeigungen anzog. „Medium is the message“, wissen wir seit Marshal McLuhan. Und das „Medium“ der seltenen öffentlichen Ausstellungen der „Santa Sindone“ in der Johannes-Basilika von Turin unterstreicht eben auf eindrucksvolle Weise und zwingender die Authentizität des Grabtuchs, als die jederzeit offene Ausstellung des Schweißtuchs über dem Hauptaltar des Kapuzinerkirchleins von Manoppello. Stellen Sie sich vor, der Papst würde das Schweißtuch Christi (das sich jetzt in den Abruzzen befindet) nur einmal jährlich – wie früher – in einer feierlichen Prozession von Sankt Peter zu der Santo Spirito Kirche tragen, bevor es dann wieder für ein neues Jahr lang verborgen blieb! Jährlich würden alle Fernsehsender der Welt versuchen, die teuersten Positionen für ihre Kameras zu mieten. Die prinzipielle Verborgenheit würde das Schweißtuch für alle Welt unendlich viel attraktiver machen, als es für die Liebhaber jetzt schon ist. Rom würde aus allen Nähten platzen.

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