Auch im Klerus wollen Nationalisten 'los von Madrid'

18. Dezember 2009 in Chronik


Proteste gegen neuen Bischof im Baskenland – 77 Prozent der Priester unterschrieb zu Wochenbeginn einen öffentlichen Protest gegen die Ernennung. Der Vorwurf: Munilla stelle sich gegen die nationalistischen Tendenzen im Baskenland - Von Manuel Meyer


Madrid (kath.net/KNA)
In seltener Deutlichkeit stellen sich Priester wie Laien im Baskenland gegen die Ernennung eines neuen Bischofs. Am Wochenende bestellte Papst Benedikt XVI. den gebürtigen Basken Jose Ignacio Munilla zum Bischof von San Sebastian. Doch die Mehrheit des Klerus in der nordspanischen Diözese Guipuzcoa lehnt den neuen Oberhirten ab. 77 Prozent der Priester unterschrieb zu Wochenbeginn einen öffentlichen Protest gegen die Ernennung. Der Vorwurf: Munilla gehöre dem spanienfreundlichen, konservativen Flügel an und stelle sich gegen die nationalistischen Tendenzen im Baskenland.

Wie die baskische Bevölkerung ist auch der Klerus der Region tief zerstritten in Nationalisten und «Nicht-Nationalisten». Eine knappe Mehrheit der baskischen Priester - besonders viele in der Provinz Guipuzcoa - sympathisieren mit den linksgerichteten Separatisten, die für eine politische Unabhängigkeit des Baskenlandes von Spanien kämpfen. Zwar unterstützen sie nicht die blutigen Anschläge der Terrororganisation ETA, jedoch deren Ziele.

Sie feiern ihre Gottesdienste auf Baskisch und sprechen sich für eine Abspaltung von der Spanischen Bischofskonferenz aus, um eine eigenständige, Baskische Bischofskonferenz bilden zu können. Das lehnt der Vatikan freilich aus Prinzip rundweg ab, weil er die Gründung von «abgespaltenen» Bischofskonferenzen in der Regel erst nach einer formellen staatlichen Trennung zulässt.

Munill komme wohl mit dem Auftrag aus Madrid und Rom, die Kirche im Baskenland «zu entpersonalisieren und zu entwurzeln», wie sich Joseba Egibar von der Baskisch-Nationalistischen Partei PNV ausdrückt. Der linke Kirchenflügel rechnet Munilla dem konservativen Lager um den Vorsitzenden der Spanischen Bischofskonferenz, den Madrider Kardinal Antonio Maria Rouco Varela, zu. Rouco hat sich in der Vergangenheit mehrmals gegen das Auftreten des
baskisch-nationalistischen Klerus und seine Unterstützung für die separatistischen Bestrebungen gestellt und diese öffentlich kritisiert.

Das Baskenland ist nicht die einzige Region in Spanien, in der nationalistische Strömungen der Kirche zu schaffen machen. Auch in Katalonien sympathisieren viele Priester mit den dortigen Nationalisten. Auch sie wünschen sich eine politische Unabhängigkeit der Region und einen exklusiven Gebrauch des Katalanischen in der Messe. Es gab bereits Bestrebungen, eine Katalanische Bischofskonferenz ins Leben zu rufen.

Erst am vergangenen Sonntag wurde das Thema im Zuge eines Unabhängigkeitsreferendums wieder aktuell. Die Volksbefragung war weder offiziell, noch hat sie unmittelbare politische Auswirkungen auf den Status der autonomen Region. Eher ging es den Initiatoren darum, Druck auf das spanische Verfassungsgericht auszuüben. Denn dieses scheint gewillt, das neue katalanische Autonomiestatut - in dem sich Katalonien selbst als Nation feiert - abzulehnen. Es war
eher ein symbolischer Akt, in 166 Gemeinden über die Abspaltung von Spanien abstimmen zu lassen.

In einigen Dörfern stellten die Priester sogar die Kirchen für die Stimmabgabe zur Verfügung. Felip Puig, stellvertretender Generalsekretär der katalanischen Nationalisten CiU: «Wir sprechen immer von einer katalanischen Fußballnationalmannschaft. Aber vielleicht sollten wir auch anfangen, über eine Katalanische Bischofskonferenz nachzudenken, weil wir hier anders sind und die spanische Kirche uns nicht vertritt.»

Den Einsatz einiger Priester für den katalanischen Nationalismus sehen aber auch viele katalanische Katholiken mit Besorgnis. Denn obwohl die Medien ein anderes Bild vermitteln, befinden sich jene, die sich einen eigenständigen Staat Katalonien wünschen, deutlich in der Minderheit. Beim letzten Meinungsbarometer vor fünf Jahren war nur ein Fünftel der Katalanen für eine politische Eigenständigkeit ihrer Region. Und obwohl das Unabhängigkeitsreferendum am Sonntag vor allem in nationalistisch regierten Dörfern durchgeführt wurde, lag die Wahlbeteiligung nur bei 30 Prozent.

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