Die Umkehrung aller Werte

2. September 2009 in Deutschland


Der linke Marsch durch die Institutionen ist fast abgeschlossen. Ein Kommentar des bayerischen evangelischen Pfarrers Jürgen Henkel.


Selb (kath.net/idea) Unbemerkt oder gebilligt von der breiten Öffentlichkeit hat in den letzten Jahren – vor allem seit der Regierungsübernahme durch SPD-Kanzler Gerhard Schröder 1998 – heimlich, still und leise eine schleichende Entwertung der Familie in unserer Gesellschaft stattgefunden, die systematisch auch Eingang in die Gesetzestexte und das allgemeine gesellschaftliche Bewusstsein gefunden hat.

Heute gilt in Deutschland praktisch die Fristenregelung: Behinderte Kinder können auch nach der neuen Gesetzesnovellierung bis kurz vor der Geburt abgetrieben werden. Schwule und Lesben dürfen standesamtlich heiraten und werden in manchen evangelischen Landeskirchen sogar schon in einer Hochzeitszeremonie kirchlich „getraut“. Jetzt sollen homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürfen.

Wir erleben eine relativistische Umkehrung aller Werte. Der politische Koordinatenwechsel ist auch in der Union spürbar: Das Wertkonservative droht sich in folkloristischen Auftritten der Parteiprominenz und pathetischen Worthülsen von Heimat und Verantwortung zu erschöpfen und ist nicht mehr mit konkreten politischen Zielen verbunden.

Diese ganze Entwicklung kommt freilich nicht von ungefähr. Linke SPD-Politiker und grüne 68er-Ideologen haben auf ihrem Weg zur hedonistischen Spaßgesellschaft ihren Marsch durch die Institutionen in Politik, Medien und Justiz auf diesem Politikfeld so gut wie zu Ende gebracht und eine tatsächliche Veränderung der Gesellschaft dieser Republik erreicht – stets flankiert von linken Meinungsmachern in den Medien und der Kulturszene.

Am Anfang war die Lindenstraße

Ein Beginn der familien- und gesellschaftspolitischen Umerziehung der Menschen in Deutschland durch die Medien war der politisch stets korrekte ARD-Serienlangweiler „Lindenstraße“ in den 80er Jahren. Nicht nur, dass dort Konservative stets als böse Spießer wie Hausmeisterin Else Kling und die Spontis als rotweinselige und lebensfröhliche Persönlichkeiten dargestellt wurden, sondern diese Serie hat erstmals im deutschen Fernsehen breitenwirksam an einem schwulen Paar die Normalität homosexuellen Zusammenlebens propagiert.

Im politischen Bereich trägt dieser erfolgreiche Marsch der Linken durch die Institutionen in gesellschaftsverändernder Absicht einen Namen: Brigitte Zypries. Seit 2002 gestaltet diese SPD-Linke als Bundesjustizministerin die deutsche Gesellschaft erfolgreich im Sinne linker Ideologien um. Auf ihr Konto gehen Gesetze und Initiativen zur Gleichstellung homosexueller Beziehungen. Auf der Homepage ihres Ministeriums wirbt sie für die „Regenbogenfamilie“, wie das euphemistisch propagiert wird, unter dem Motto: „Familie ist, wo Kinder sind.“ Dabei bekommt sie auch Unterstützung von unerwarteter Seite: Der bayerische evangelische Landesbischof Johannes Friedrich äußerte sich kürzlich ähnlich.

Die Bekämpfung der Mütter

Die feministischen Ideologien nehmen familienpolitisch viele Formen an, so etwa die Forderung nach möglichst unmittelbar ab der Entbindung einsetzender staatlicher Krippenbetreuung für die Kinder. Trotz Komasaufen und Amokläufen von Schülern, Abnahme der Sozialkompetenz und zunehmender geistiger, moralischer wie intellektueller Verwahrlosung der Jugend, die nur durch verstärkte Erziehung im Elternhaus und in der Familie nachhaltig bekämpft werden kann, werden Mütter, die ihre Kinder bis zum dritten Lebensjahr bewusst selbst zu Hause erziehen wollen, mittlerweile von der linken Emanzen-, Polit-, Karriere- und Kulturschickeria belächelt und nicht erwerbstätige Hausfrauen, die sich Haushalt und Kindererziehung widmen, fast schon als geistig zurückgebliebene Sozialschmarotzerinnen diffamiert.

Die gravierendsten Schäden mit Spätfolgen für den Wertekanon im Lande wurden in der Gesellschaftspolitik angerichtet, weil sie gezielt gegen christliche Wertorientierungen und entsprechende Institutionen in der Gesellschaft wie die Familie vorgegangen ist und diese bis hinein in die Gesetzgebung bekämpft und relativiert hat. Es ist Zeit, sich mit wertkonservativen, christlichen Ideen, Prinzipien und Werten dagegen neu aufzustellen.

Der Autor, Dr. theol. Jürgen Henkel (Selb/ Oberfranken), ist Pfarrer der Evang.-Luth. Kirche in Bayern und Publizist. Von 2003 bis 2008 leitete er die Evangelische Akademie Siebenbürgen in Hermannstadt/Sibiu (Rumänien).

Foto: (c) korazym.org


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