23. Mai 2009 in Chronik
Oberhirte "zutiefst beschämt" über den "schandvollen Katalog der Grausamkeit"
Dublin (kath.net/Zenit) Er sei zutiefst beschämt" über den schandvollen Katalog der Grausamkeit", erklärte Kardinal Sean Brady, das Oberhaupt der katholischen Kirche in Irland angesichts des offiziellen Berichts über Mißbrauch von Kindern in katholischen Einrichtungen. Dieser am Mittwoch veröffentlichte Bericht über die Qualen von Mädchen und Jungen in Einrichtungen der katholischen Kirche, hat ganz Irland erschüttert.
Kardinal Sean Brady hat sich bei den Opfern entschuldigt. Fünf Bände umfasst der Bericht, den die irische Kommission für Kindesmissbrauch nun in Dublin vorgelegt hat. Die Untersuchung umfasst Fälle von 35.000 verwaisten, verlassenen oder vernachlässigten Kindern aus den Jahren zwischen 1914 und 2000.
Die Kommission wurde vor neun Jahren eingesetzt und befragte mehr als 2000 Zeugen, die ihre Kindheit in einer von 216 Institutionen in der Republik Irland verbracht haben. Meist handelte es sich dabei um sogenannte Industrial Schools", Arbeitshäuser für Minderjährige, die von christlichen Orden geführt wurden. Mehr als die Hälfte der Aussagen bezieht sich auf Fälle von sexuellem Missbrauch; mehr als 800 Priester, Ordenleute und Laienmitarbeiter der Anstalten wurden als Täter beschuldigt.
Die meisten Aussagen betreffen die Zeit zwischen den dreißiger und den siebziger Jahren. Einige der Waisenhäuser und Arbeitsschulen, die in der Untersuchung aufgeführt werden, sind unterdessen geschlossen, andere bestehen noch. Auf Wunsch der betroffenen katholischen Orden werden nach richterlichem Beschluss die Namen von Tätern oder Opfern in dem Bericht selbst nicht genannt.
Vor allem in Heimen für Jungen fand der Bericht, dass Körperstrafen allgegenwärtig, hart, willkürlich und unvorhersehbar" gewesen seien. Die Kinder lebten im täglichen Schrecken nicht zu wissen, woher die nächsten Schläge kommen würden", schrieben die Autoren. Sexueller Missbrauch sei endemisch" in Institutionen für Jungen gewesen, also permanent und im System eingebaut. Auch in Mädchenheimen sei es regelmäßig zu Übergriffen durch Angestellte oder Besucher gekommen. Darüber hinaus, war das Essen unzureichend".
Doch nicht nur die Kirche wird von der Untersuchungskommission gerügt, sondern auch der Staat. Dessen Behörden hätten eine ehrerbietige und unterwürfige Haltung" gegenüber den katholischen Orden an den Tag gelegt, die ihre Fähigkeit kompromittiert hätte, notwendige Inspektionen und Kontrollen der Heime durchzuführen. Die Kommission listet 21 Vorschläge auf, wie die irische Regierung das Unrecht wiedergutmachen könne. Dazu gehören die Errichtung eines Mahnmales, die psychiatrische Betreuung von Opfern und eine radikale Verbesserung der gegenwärtigen Sozialdienste für Kinder.
Irlands Vize-Regierungschefin Mary Coughlan bezeichnete den jahrzehntelangen Missbrauch von Kindern in Einrichtungen der katholischen Kirche als eines der dunkelsten Kapitel der irischen Geschichte. Prügel und der sexuelle Missbrauch vor allem von Jungen waren demnach in diesen Häusern seit den 30er Jahren an der Tagesordnung. Die Studie wirft Kirche und Staat in Irland vor, die Augen vor den Zuständen in den Einrichtungen verschlossen zu haben.
Eine TV-Dokumentation hatte in den 90er Jahren das Ausmaß der Missbrauchsfälle und Gewalt gegen Kinder erstmals ans Licht gebracht. Der damalige irische Ministerpräsident Bertie Ahern hatte sich bereits vor zehn Jahren im Namen des Staates entschuldigt. An mehr als 12.000 Opfer zahlte Irland Entschädigungen, insgesamt fast eine Milliarde Euro. Damals wurde die unabhängige Kommission eingesetzt, die den jüngsten Bericht vorgelegt hat.
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