Sexueller Missbrauch: Kirche arbeitet an klaren Regelungen

in Österreich


Msgr. Schüller, in der TV-Sendung "kreuz&quer": Übergriffe melden


Wien (kath.net/PEW)
Der Leiter der Wiener Ombudsstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs durch kirchliche Mitarbeiter, Msgr. Helmut Schüller, hat neuerlich appelliert, Übergriffe durch Priester oder andere kirchliche Mitarbeiter zu melden. "Es könnte einem das Heulen näher sein als sonst etwas", formulierte Schüller am Dienstagabend in der TV-Sendung "kreuz&quer" seine Betroffenheit über jüngste Fälle von sexuellem Kindesmißbrauch durch Priester in Polen, Irland und den USA. Wenngleich der sexuelle Kindesmissbrauch nicht nur ein Problem der Kirche, sondern der gesamten Gesellschaft sei, spitze sich im Fall der Kirche "die Sache noch zu", zumal dabei eine "Autorität" und ein "Vertrauensvorschuss" missbraucht und "zertrümmert" werde. Als bedauerliche "Spezialität" in der Kirche bei diesem gesamtgesellschaftlichen Phänomen nannte Schüller auch, dass das "offene Reden" über Probleme der Sexualität hier besonders schwer sei - "absurderweise in einer Kirche, die den Menschen dazu sehr klare Vorschriften macht". Das Versagen in den eigenen Reihen sei anscheinend ein derartiger "Schrecken", dass er "die einen lähmt und die anderen zur Verdrängung veranlasst", so Schüller.

Wenngleich er hoffe, dass es Zustände in einem derartigen Ausmaß in Österreich nicht gibt, sei die Kirche auch hier zu Lande etwa in der Causa Groer in einer Weise vorgegangen, an der "wir heute noch herumkauen", so Schüller. Es gebe ein massives Misstrauen und ein großes Zögern bei Betroffenen, ob es "überhaupt Sinn hat, etwas zu sagen". Und es gebe einen "Generalverdacht", dass die "Vertuschung" in der Kirche ohnedies gewollt sei.

Kirche in Wien an "Aufklärung interessiert"

Er erlebe jedoch - so Schüller - "Gott sei Dank Vorgesetzte, die Interesse an der Aufklärung haben". Er habe in seiner Arbeit als Leiter der Ombudsstelle volle Rückendeckung durch Kardinal Christoph Schönborn. Ein "Problem" sei zur Zeit, dass man erst Wege finden müsse, wie kirchliche Vorgesetzte mit Beschuldigten konsequent umgehen können. In Großbritannien und in den USA sei man bei den diesbezüglichen Regelungen schon weiter. In der Erzdiözese Wien sei man gerade dabei, solche Regelungen zu schaffen und mit der Kirchenleitung zu vereinbaren. Das allerdings noch viel größere Problem sei derzeit, "dass wir die Menschen ermutigen müssen zu reden", da "Misstrauen und Skepsis" in der Bevölkerung noch groß seien. Dies sei - so Schüller - momentan die Hauptschwierigkeit seiner Arbeit.

Die "Ombudsstelle für minderjährige und abhängige Opfer sexuellen Missbrauchs durch Kleriker, Ordensleute und Laien im Dienst der Erzdiözese Wien" wurde im September 1996 ins Leben gerufen. Die Ombudsstelle ist unabhängig, und bewusst außerhalb der Strukturen der Erzdiözese angesiedelt. Die Mitglieder der Ombudsstelle sind über zwei Kontaktstellen erreichbar: Unabhängiges Kinderschutzzentrum Wien, 1070 Wien, Kandlgasse 37, Tel. 01/526.18.20, Montag bis Donnerstag, 10 bis 12 Uhr und 16 bis 18 Uhr, Freitag 14 bis 16 Uhr, oder Beratungsstelle "Tamar", 1200 Wien, Wexstraße 22/3, Tel. 01/334.04.37, Montag und Freitag 10 bis 13 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 13 bis 19 Uhr.


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