9. Februar 2009 in Aktuelles
Ein durchaus ökumenischer Nachtrag zu den Ereignissen der letzten Tage - Ein kath.net-Kommentar von Prof. Dr. Hubert Windisch / Universität Freiburg
Freiburg (kath.net)
Ein ganzes Land war erregt. Kein Fernsehsender, keine Rundfunkanstalt, keine Zeitung kam seit Wochen ohne eine kritische Bemerkung zu Papst Benedikt XVI. aus. Berechtigte kritische Rückfragen an den Vatikan in der Causa Williamson wurden nicht mehr auf dem Boden sachlicher Auseinandersetzung behandelt, sondern durch eine Anti-Papst-Hysterie ersetzt, die kaum noch rational zu erklären und deshalb auch sehr schwer zu steuern war.
Ich frage mich, wie es dazu kommen konnte und warum diese Hysterie teilweise noch anhält, obwohl doch inzwischen alle Sachfragen im angesprochenen Fall geklärt sind. Sind vielleicht auf verschiedenen Ebenen unbewusste Emotionen und verdeckte Interessen im Spiel, die jetzt ausgelebt werden können bzw. offen zutage treten? Gibt es unbeglichene Rechnungen mit dem jetzigen Papst?
Wieso wurden z.B. in den Medien immer wieder Dinge in Umlauf gebracht, die nicht oder nur halb stimmten? Kann das nur mit dem weithin schon zum Prinzip erhobenen Hang der Medien zur Negation erklärt werden? Wieso wurden Dinge oberflächlich dargestellt, die eine gründliche, respektvolle Recherche verdienten? Ist das nur auf die Aktualitätsverpflichtung der Medien zurückzuführen? Oder hatte unsere Gesellschaft und einige Politiker dazu - endlich eine Gelegenheit gefunden, dem weltweit angesehenen deutschen Papst Schaden zuzufügen, der die Jugend fasziniert und der sich immer wieder in verschiedensten Situationen als gebildeter Gesprächspartner zeigt, der herausragende kirchenpolitische Zeichen gesetzt hat und auch bei seinen Reisen gut ankommt, der jedoch moralische Positionen vertritt, die dem allgemeinen Mainstream entgegenstehen?
Will man endlich einmal seine Ruhe haben von einem Papst, von dem man eigentlich nicht loskommt? Spitzt sich nicht in den Angriffen gegen den Papst ganz allgemein etwas zu, was die evangelische Kirche z.B. vor einiger Zeit im Zusammenhang mit Christival erleben musste? Wahrscheinlich ist vor diesem Hintergrund so manche mediale Entgleisung besser zu verstehen.
In der zurückliegenden Debatte wurde immer wieder auf die ökumenische Bedeutung der Vorgänge um die Piusbruderschaft hingewiesen, was allerdings meine protestantischen Gesprächspartner nicht so sehen. Wohl aber muß es in bezug auf den Zustand der Christenheit in Deutschland nachdenklich stimmen, dass die Aufhebung einer Exkommunikation nicht mehr mit dem vor allem in der evangelischen Kirche betonten theologischen Gedanken der Voraussetzungslosigkeit von Gnade in Verbindung gebracht werden kann.
Ist vielleicht die katholische Kirche in Deutschland härter als der Papst? Und was bedeutet es für das Christentum hierzulande, wenn Muslime sich öffentlich zwar von den absurden Äußerungen des Bischofs Willamson distanzieren, gleichzeitig aber den Papst verteidigen? Warum waren manche Hirten der katholischen Kirche, Bischöfe ebenso wie Pfarrer, so halbherzig und sachlich inkompetent in ihrer Loyalität zum Papst, dass viele ihrer Schafe nicht mehr ein noch aus wußten?
Fühlen sie sich vielleicht manchmal eher der Schlagzeile oder dem öffentlichen Applaus verpflichtet als der Stärkung des Glaubens auf dem Boden von Wissen und Argument? Warum sind Theologen so aufgebracht, die sich gerne liberal wähnen, obwohl doch die Abschaffung jeglicher Exkommunikation ein innerstes Anliegen der sog. liberalen Theologie war?
Welch theologische Aggressivität zeigte sich bisweilen in diesen Tagen, die eigentlich nur auf eine geduckte Kirchenloyalität in ruhigeren Zeiten schließen lässt! Kirchenkritik ist mir nicht fremd, im Gegenteil, sie ist ein notwendiger und förderlicher Dienst der Theologie.
Aber sie wird nur fruchtbar, wenn sie von der Liebe zum Leib Christi getragen ist. Es ist Zeit für viele, innezuhalten, durchzuatmen, selbstkritisch zu sein. Sonst wird über den Papst hinaus weit mehr geschädigt werden als uns allen lieb sein kann.
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