Keine Angst vor der Zukunft!

14. Jänner 2009 in Österreich


Ansprache des Apostolischen Nuntius in Österreich Erzbischof Edmond Farhat beim Neujahrsempfang von Bundespräsident Heinz Fischer.


Wien (kath.net) Kath.net dokumentiert im Wortlaut die Neujahrsansprache von Nuntius Erzbischof Edmond Farhat vor dem österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer und dem Diplomatischen Corps am 13. Jänner.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident!

Auch in diesem Jahr ist es mir als Doyen des in Österreich akkreditierten Diplomatischen Corps noch einmal vergönnt, und es ist mir zugleich eine große Ehre, im Namen aller meiner Kolleginnen und Kollegen Euerer Exzellenz und dem Österreichischen Volk alles erdenklich Gute, Wohlergehen und Gottes reichen Segen für das begonnene Jahr 2009 zu wünschen.

In großer Verbundenheit danken wir alle Ihnen für Ihr Wohlwollen und Vertrauen und für die ruhige Hand, mit der Sie, Herr Bundespräsident, politisch spannungsreiche Situationen einer Lösung näher bringen und weitsichtige Ziele setzen.

Der Rückblick auf das hinter uns liegende Jahr 2008 führt uns notwendigerweise zu einer differenzierten Sicht des Geschehenen und – je nach eigenem Standpunkt – zu unterschiedlichen Beurteilungen der Ereignisse in Österreich, in Europa und in der Welt.

Unter manchen problematischen Entscheidungen, menschlich schmerzvollen Situationen, traurigen Vorfällen und beunruhigenden Überraschungen gab es aber auch eine ganze Reihe positiver Ereignisse, gab es Aufbrüche und Zeichen der Hoffnung.

Zu den negativen Erinnerungen an 2008 gehören gewiß die konstant bedrohlichen und für die betroffenen Menschen mit unsäglichem Leid verbundenen Situationen in einigen Regionen und Ländern der Welt, sowie die weltwirtschaftliche Krise, die so plötzlich in die moderne Unbeschwertheit eingedrungen ist.

Gerade deswegen wollte Papst Benedikt XVI. den Zusammenhang von Armut und Unfrieden ins Bewußtsein rufen. In seiner Friedensbotschaft an alle Nationen zum Jahresbeginn 2009 lädt der Papst dazu ein, "die Armut zu bekämpfen, um den Frieden zu schaffen".

In Österreich, wegen der immer neuen Spannungen innerhalb der alten Regierung, sollte die Neuwahl am 28. September zum Durchbruch in eine größere Stabilität und Entschlossenheit zum Wohle und Nutzen des ganzen Volkes führen, um sich "den Zielen einer humanen und lebenswerten Gesellschaft weiter anzunähern", wie Sie in Ihrer Neujahrsansprache angemahnt haben.

Ich möchte an dieser Stelle an die Verantwortlichen appellieren, keine Angst vor der Zukunft zu haben. Wenn echte, ehrliche und friedliebende Flüchtlinge in Österreich ein menschenwürdiges Leben suchen, mögen sie hier offene Türe finden!

Unter den vielen positiven Dingen, die ich nennen könnte, möchte ich die im Sommer in Österreich vorbildhaft veranstaltete Fußball-Europa-Meisterschaft hervorheben. Mit großer Umsicht und Fairneß hat Österreich die Organisation und Motivation für diese Meisterschaft durchgeführt. Wir danken der Republik für dieses Engagement und für die Wochen sportlicher Begeisterung.

Positiv zu bewerten ist unter anderem auch die Umsicht, mit der man versucht, in der wirtschaftlichen Krise Stabilität zu schaffen und den Bürgerinnen und Bürgern finanzielle Sicherheit sowie der Volkswirtschaft zukunftsträchtige Garantien für den konjunkturellen Aufschwung zu geben. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ist Österreich ja ein wichtiger Faktor für die wirtschafts- und finanzpolitische Bewältigung der gegenwärtigen Krise.

Exzellenz, Herr Bundespräsident!

Positiv, beruhigend und ermutigend war Ihre Rede zum Festakt des 90. Geburtstags der Republik Österreich. Mit Gelassenheit, Hochachtung für die Geschichte und die Menschen, mit Takt und Feingefühl haben Sie eine objektive und respektvolle Bilanz der 90 Jahre der Republik gezogen.

Sie haben von Thesen und Antithesen, Schatten und Licht, von Hoffnung und Idealismus, von Brot und Arbeit, von Enthusiasmus und Widerstand gesprochen. Im Hinblick auf die aktuelle Welt-Situation und auf die Gefahren für die Konjunktur haben Sie sich gegen jeden Versuch der Flucht in die Angst oder in den Radikalismus gewandt.

Der Rückblick auf die positiven Realitäten der Geschichte läßt in uns die Hoffnung wachsen, daß sich durch das gemeinschaftliche Bemühen der Nationen alles zum Guten wenden möge.

"Viribus unitis" (mit vereinten Kräften) war seit alters her der Wahlspruch österreichischer Politik. Und dieses Motto möchte ich uns allen gerade in den gegenwärtigen Zeiten - Zeiten der gemeinsam erfahrbaren Krise, aber auch der ernsthaft angestrebten Solidarität - ins Bewußtsein rufen.

Mit den vereinten Kräften der Solidarität und des Friedenseifers werden wir die heute gegebenen, und von gestern ererbten Schwierigkeiten meistern. "Mit vereinten Kräften" möge Österreich und seine neue Bundesregierung, unter der weisen Präsidentschaft Eurer Exzellenz voranschreiten und gedeihen!

Cum renovatis votis omnia fausta ac prospera pro eventuro anno MMIX ominor et exopto Felix Austria, vivas, crescas, floreas!


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