Die Flucht ins Gemetzel

31. Dezember 2008 in Jugend


Zwischen exzessivem Gefühlserleben und Gefühlen der Gefühllosigkeit - Die Monatskolumne der Generation Benedikt - Von Carolin Rüber, Bonn


Bonn (kath.net)
Bilder abgetrennter Gliedmaßen und detaillierte Filmaufnahmen brutalster Folter scheinen heute einen nicht zu unterschätzenden Teil von Jugendlichen und Erwachsenen in die Kinos bzw. vor die Fernsehgeräte zu locken. Es sind die so genannten „Splatterfilme“, die gerade in unserer Gegenwart Erfolge feiern.

Der Name „Splatterfilm“ ist hierbei Programm. So bedeutet der englische Begriff „to splatter something“ im Deutschen „etwas bespritzen“.

Im Vordergrund stehen exzessive Gewaltdarstellungen, denen in der perversen Fantasie der Autoren, Regisseure und Produzenten keine Grenzen gesetzt sind. So enthält die Palette der „Folterfilme“ beispielsweise die Weidung an der Selbstverstümmelung von Menschen, wie die Haltung von Foltersklaven, die reiche Geschäftsleute gegen Geld quälen und töten dürfen. Je brutaler, desto besser und immer hält die Kamera voll drauf. Preise für die Folterkabinette und ihre Produzenten gibt es schließlich.

Wie Mitarbeiter von Videotheken berichten, ist das Genre dort stark vertreten und würden „Splatterfilme“ häufig verliehen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Filme an vielen privaten Videoabenden von Schülern und Studenten gesehen werden.

Die Frage steht wie von selbst im Raum: Was bewegt also so viele Menschen, sich quälenden, entwürdigenden und beängstigenden Fantasien auszusetzen?

Auf Nachfrage, warum sich Jugendliche solche Filme ansehen, wurde mir als häufigster Grund der „Nervenkitzel“ genannt. Psychologen weisen darauf hin, dass beim Konsum solcher Filme intensive Gefühle wahrgenommen würden, wie zum Beispiel Ekel, Angst, Erschrecken. Gerade in der heutigen Zeit, in der Menschen anonymer leben, Gefühle aber in Talkshows inflationär zur Schau gestellt werden, sehnen sich Menschen nach starken Gefühlen, um sich selbst und ihre Lebendigkeit besser wahrzunehmen.

Ein weiterer möglicher Grund, den Psychologen anführen, ist Voyeurismus, der Reiz am Beobachten des Schrecklichen.

Die Folgen dieser Filme schätzen sie weit problematischer ein, als gemeinhin angenommen wird. Während „Splatterfilme“ von vielen Menschen als ein Genre angesehen wird, welches unter Anhängern bis hin zum Kunstfilm stilisiert wird, und einige Jugendliche gerade auf die durch die Brutalität im Film erlernte Abhärtung und Gleichgültigkeit stolz zu sein scheinen, sehen Psychologen in diesen Aspekten große Probleme. Als mögliche Folgen prognostizierten sie eine Abnahme des Empathie-Vermögens, aber auch ein Lernen am Modell und damit letztendlich ein gesteigertes Aggressionspotential.

Erschreckend ist, dass das Publikum keine vernachlässigbare Minderheit in unserer Gesellschaft darstellt.

Traurig, dass ein möglicher Grund ein Suchen nach intensiven Gefühlen, ein sich selbst wahrnehmen zu sein scheint.

Auch dem umstrittenen Film „Passion Christi“ von Mel Gibson wird zugeschrieben, Elemente des „Splatter“ zu enthalten. Dabei ist fraglich, ob die Zerrissenheit und Angst eines Gottes, der zugleich Mensch ist, zu Gunsten drastischer Darstellungen physischen Leidens zurücksteht oder ob nicht vielmehr gerade die Brutalität es ist, die über die Darstellungen hinaus auf die Unschuldigkeit und das sich selbst Ausliefern des Gottessohnes verweist und auf diese Art zu berühren weiß.

Neben den oben thematisierten „Folterfilmen“ muss man sich also fragen, ob in Filmen wie „Passion Christi“ Elemente des „Splatters“ und damit eine Instrumentalisierung der Gewalt legitim sind.

Dass gerade aber die oben erwähnten „Splatterfilme“, in denen Sadismus auf drastische Weise thematisiert wird, auf ein so breites Publikum stoßen, ist eine traurige und vor allem beängstigende Wirklichkeit, die sich ohne allzu großes Aufsehen in unsere Gesellschaft geschlichen hat.

Die Generation Benedikt veröffentlicht monatlich in der Kolumne „Junge Gedanken - Generation Benedikt“ Beiträge von jungen Menschen auf KATH.NET.

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