Wiener Weihbischof stellt sich gegen Kardinal Schönborn

27. November 2008 in Österreich


Emeritierte Wiener Weihbischof Helmut Krätzl verteidigt die umstrittene Mariatroster Erklärung und bezeichnet die Kritik von Kardinal Schönborn an den damaligen Bischof als "verwunderliche Schuldzuweisung"


Wien (kath.net)
Der emeritierte Wiener Weihbischof Helmut Krätzl hat sich in einem Gastkommentar in der Tageszeitung "Die Presse" gegen die Aussagen von Kardinal Christoph Schönborn über Humanae Vitae gewandt. Der Wiener Kardinal hat bei einer Predigt in Jerusalem unter anderem wörtlich gesagt: "Es gibt in meinem Herzen folgendes zu sagen: gerade dies ist der Ort, wo Jesus uns gesagt hat, dass wir die Vergebung unserer Sünden empfangen, denn ich denke, dass dies auch eine Sünde von uns Bischöfen ist, auch wenn niemand von uns im Jahre 1968 Bischof war. Heute haben in Deutschland bei Hundert Eltern 64 Kinder und 44 Enkelkinder: das bedeutet, dass in einer Generation die deutsche Bevölkerung - ohne Einwanderung - sich halbiert. Wir haben "Nein" gesagt zu Humanae Vitae. Wir waren nicht Bischöfe, aber es waren unsere Mitbrüder. Wir haben nicht den Mut gehabt, ein klares "Ja" zu Humanae Vitae zu sagen."

Krätzl meinte jetzt wörtlich in der "Presse": "Die Mariatroster Erklärung ist in den letzten Wochen wieder in die öffentliche Diskussion geraten. Das verwundert, weil eigentlich kein Anlass dafür da ist. Für die jüngere Generation ist sie nicht mehr bekannt. Und um jungen Menschen wieder mehr Mut zum Kind zu machen, braucht es andere Hilfen als Verbote, die ohnehin gesamtkirchlich nie voll rezipiert waren. Aber wo trotzdem die Mariatroster Erklärung diskutiert wird, gibt es rückwirkend verwunderliche Schuldzuweisungen. Die österreichischen Bischöfe hätten damals nicht den Mut gehabt, sich hinter den Papst zu stellen, sie hätten sich dadurch sogar versündigt."

Der Wiener Weihbischof behauptete dann, dass die Bischöfe in Mariatrost "Mut zur Verantwortung" und "Verantwortung für die Gesamtkirche" gezeigt hätten. Er berief sich dabei auf Kardinal Martini, der im Büchlein „Jerusalemer Nachtgespräche“ meinte: „Nach der Enzyklika Humanae Vitae sind die österreichischen und viele andere Bischöfe mit besorgten Erklärungen in eine Richtung gegangen, die wir heute weiterführen könnten. Fast vierzig Jahre Distanz – das ist so lange wie der Zug Israels durch die Wüste – könnten uns einen neuen Blick ermöglichen.“ – Könnte die vom Zaun gebrochene Debatte nicht Anlass sein, endlich nach einer Lösung zu suchen, die den Lebenswirklichkeiten der Eheleute besser entspricht?

Krätzl war Zeremoniär beim früheren Wiener Kardinal Franz König, der für die umstrittene Mariatroster Erklärung die Verantwortung trägt. 1977 wurde Krätzl von Papst Paul VI. zum Titularbischof von Heraclea Pontica und Weihbischof für die Erzdiözese Wien ernannt.


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Foto: Bischof Krätzl; (c) kath.net


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