Das Wort Seele überließ man großteils den Psychologen.

6. November 2008 in Aktuelles


In den letzten Jahrzehnten war die Verkündigung im Bereich der Eschatologie, wie man die Glaubenslehre bezüglich des Lebens nach dem Tod nennt, mangelhaft. Warum Erdbestattung die christliche Bestattungsform ist - Von Pfarrer Christoph Haider


Innsbruck (kath.net)
Geschichtlicher Überblick

Die Toten würdig zu bestatten gehört zu den Urbedürfnissen des Menschen. In der Art und Weise der Bestattung unterscheiden sich allerdings Kulturen und Religionen. Grundsätzlich und vereinfachend kann in der Geschichte zwischen Feuer- und Erdbestattung unterschieden werden. Für beide Formen gibt es frühgeschichtliche Zeugnisse, wobei die Erdbestattung wohl die ursprünglichere war. Feuer- und Erdbestattung wechselten sich in einzelnen Epochen ab und überlagerten sich zeitweise. Die Festlegung auf eine bestimmte Bestattungsform wurde motiviert durch religiöse Anschauungen, aber auch durch praktische Gründe. Im außereuropäischen Raum sind Indien und der vom Hinduismus geprägte Kulturkreis die klassische Region der Leichenverbrennung.

Für den christlichen Bestattungskult standen sowohl die jüdische Tradition als auch das Begräbnis Jesu Pate. Umberto Fasola stellt im Lexikon für Theologie und Kirche (2. Auflage) fest: "Bleibendes Kennzeichen der christlichen Grabstätten war überall und ausnahmslos der Brauch der Erdbestattung in Befolgung der jüdischen Tradition und in Nachahmung der Bestattung Christi". Über den Totenkult in frühchristlicher Zeit geben uns vor allem die Katakomben detaillierten Aufschluss; solche gab es in größerem Ausmaß in Rom, wir finden sie aber auch in Neapel, Syrakus, Malta und Tunesien. Eindrucksvoll bezeugen diese unterirdischen Grabanlagen das Bedürfnis, den Leichnam der Verstorbenen in der Erde zu legen, auch wenn der zur Verfügung stehende Raum sehr beengt war. Die Kraftanstrengung, weitläufige Begräbnisstätten unter der Erde zu errichten, um dadurch dem christlichen Glauben Ausdruck zu verleihen, überzeugt umso mehr, als der Trend rund um die Zeitenwende im Römerreich die Feuerbestattung war.

Im abendländischen Raum setzte sich in Folge der Christianisierung die Erdbestattung flächendeckend durch und blieb durch alle Jahrhunderte bestehen. Bis auf einzelne Gegenstimmen war sie unumstritten. Erstmalig in der französischen Revolution wurde der massivere Versuch unternommen, sie in Frage zu stellen. Die Einführung einer obligatorischen Feuerbestattung für Freidenker war gedacht als bewusste Provokation des christlichen Auferstehungsglaubens. Freidenkerische Kreise des 19. Jahrhunderts forcierten – teils durch Gründung eigener Vereine – die Feuerbestattung als ausdrückliches Zeichen, um sich von der katholischen Tradition abzusetzen. Zeitgleich setzte ein Werben von medizinischer Seite mit hygienischen Gründen ein. 1876 in Mailand und 1878 in Gotha wurden erstmals Krematorien in Betrieb genommen. Für Katholiken blieb die Feuerbestattung weiterhin durch das Kirchenrecht verboten. Erst als die kämpferische Förderung der Leichenbestattung als ein Anti-Zeichen zum Auferstehungsglauben an Bedeutung verlor und vorwiegend hygienische, ästhetische und finanzielle Gründe für die Leichenverbrennung angeführt wurden, hob die katholische Kirche ihr ausdrückliches Verbot in all den Fällen auf, wo nicht ein Abfall vom Glauben ausschlaggebend für die Wahl ist. Als es 1964 zu dieser Lockerung kam, wurde argumentiert, dass immer mehr Christen in Kulturkreisen leben, wo eine Erdbestattung nur unter großer Mühe durchzuführen oder gar unmöglich ist. Der heute aktuelle Standpunkt der Kirche kann im Codex Juris Canonici 1176 § 3 nachgelesen werden: „Nachdrücklich empfiehlt die Kirche, dass die fromme Gewohnheit beibehalten wird, den Leichnam Verstorbener zu beerdigen; sie verbietet indessen die Feuerbestattung nicht, es sei denn, sie ist aus Gründen gewählt worden, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen.“


Begründung aus dem Glauben
In einem zweiten Teil geht es um eine positive, glaubensmäßige Begründung für den Wert der christlichen Form der Erdbestattung. Eine trotz ihrer Dichte verständliche und hervorragende Darstellung der Zusammenhänge findet man in einem Artikel des Lexikons für Theologie und Kirche (2. Auflage) unter dem Stichwort „Leichnam“, verfasst vom damaligen Professor Josef Ratzinger: „Das christliche Verhältnis zum toten Leib des Menschen ist wesentlich bestimmt durch die Art des christlichen Heilsglaubens, der nicht an ein Heil der Seele allein, sondern an die Auferstehung des Fleisches und an die jetzt schon von Christus her begonnene Erlösung des Leibes glaubt... Der Leichenverbrennung, deren geistige Grundlage in der Religionsgeschichte wohl der Gedanke der Loslösung der Seele vom Leib oder die Verhinderung einer Wiederkehr war, setzt die Kirche damit eine ganzheitliche Auffassung des Menschen und seines Heils entgegen. Der zeichenhafte Sinn solchen Verhaltens besteht unabhängig von der metaphysischen Frage, ob und inwieweit die Materie des Erdenleibes auch in den Auferstehungsleib einbezogen wird.“

Heilsglaube und Zeichenhaftigkeit sind die beiden Stichworte, an denen wir uns durch die Thematik weiterarbeiten wollen. Die nachdrückliche Empfehlung der Erdbestattung ist zwar kein ‚Muss’ des Glaubens, aber wegen der Art des christlichen Heilsglaubens von starker zeichenhafter Bedeutung. Es handelt sich um einen frommen christlichen Brauch, der deshalb zu fördern ist, weil er unsere ganzheitliche Auffassung vom Menschen zum Ausdruck bringt.

Die ganzheitliche Auffassung des Menschen und seines Heils – was ist damit gemeint? Als Christen glauben wir an die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. In verschiedenen Religionen der Welt, etwa in den asiatischen Religionen, richtet sich die spirituelle Sehnsucht des Menschen darauf, sich allmählich von allen materiellen Bindungen zu befreien, um dem Göttlichen begegnen zu können. Das Freiwerden von seinem Leib würde den Menschen erst zu sich selber kommen lassen. Der christliche Glaube hingegen spricht davon, dass Gott selbst sich an die Materie gebunden hat. Nicht Engelsgestalt, sondern einen Leib hat der Erlöser angenommen. Gott hat uns in Jesus Christus gezeigt, dass die gesamte Schöpfung und somit auch der menschliche Leib in seinen Heilswillen einbezogen sind. Die Geburt Jesu in der Krippe von Betlehem und sein Tod am Kreuzesbalken von Jerusalem sind starke Zeichen dafür, wie Gott über Leben und Tod denkt. Die Auferstehung am Ostermorgen bezeugt uns, dass Jesus nach seinem Tod sich nicht in die rein geistige Welt verabschiedet hat. In zwar neuer, aber durchaus erkennbarer Gestalt – in einem verklärten Leib – zeigte er sich den Jüngern. Sie konnten mit ihm nach seiner Auferstehung sprechen, essen und ihn berühren.

„Caro cardo salutis“ – der Leib ist der Angelpunkt des Heils, so formulierte es der Kirchenschriftsteller Tertullian. Was am Leib Jesu geschehen ist zwischen Geburt, Tod und Auferstehung, soll sich an den Erlösten gewissermaßen fortsetzen. Ja, es hat schon begonnen, sich fortzusetzen. In unserer Taufe wurden wir zu neuem Menschsein „wiedergeboren“. Diese Erneuerung bezieht nicht nur unseren Geist, unsere Seele, sondern auch unseren Leib mit ein. Was ist das Besondere dieses Anfangs unserer endgültigen Erlösung? Es ist die gläubige Gewissheit, dass Geist, Seele, Leib durch die göttliche Heilkunst aus der Todesversunkenheit herausgeholt werden. Ansatzweise in der Taufe, gestärkt durch die weiteren Sakramente, besonders die heilige Eucharistie, soll der menschliche Leib eine fortschreitende Heiligung erfahren, um am Ende nicht vollkommen unter zu gehen.

Versuchen wir diese Überlegungen zu vertiefen: Die Erlösung, die von Jesus ausgeht und uns im Glauben geschenkt wird, verändert unser ganzes Menschsein. Das Wasser der Taufe nimmt zwar nicht die Todeslast von uns, aber sie schenkt in einer Art „neuen Geburt“ den Anfang des ewigen Lebens. Von innen her beginnt sich der Mensch zu erneuern und aus unserem „dem Tod verfallenen Leib“ (Röm 8,14) wird eine Wohnung des Heiligen Geistes. Christus selber lebt in uns, um sein eigenes Schicksal von Leben, Tod und Auferstehen in uns wieder aufleben zu lassen. Das ganze christliche Leben mit seinen Glaubensvollzügen ist davon geprägt, uns diese Erneuerung bewusst zu machen, sie zu vertiefen und zu vollenden. Wie oft hören wir im Laufe unseres Lebens Worte, die „Geist und Leben“ (Joh 6,63) sind, die „Macht haben, Tote zu erwecken“ (Hebr 11,19)! Wie oft bekreuzigen wir unseren Leib mit dem Weihwasser, um unser Taufbewusstsein zu erneuern! Wie oft empfangen wir Sakramente, die stärken, heilen und uns – wie in der Eucharistie – „einen Leib und einen Geist“ (vgl. 1 Kor 6, 16 ff.) mit Christus werden lassen! Wenn wir in unserer Todesstunde die so genannten Sterbesakramente empfangen, ist dies eine letzte dichte Berührung mit Christus, der gesagt hat: „Und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ (Joh 11,26). Der Empfang des sakramentalen Leibes Christi als Wegzehrung vor unserem letzten Gang schenkt uns im Glauben die Gewissheit, dass unser eigener Leib mehr als eine Hülle der Seele ist, die sie im Tod endgültig abstreift. Die heilige Eucharistie vermittelt uns im Augenblick des Übergangs die verleiblichte Hoffnung, dass es unserem Leib so ergehen wird wie dem Leib Jesu, nämlich, dass er auferstehen wird.

Der katholische Beerdigungsritus nimmt diese Glaubenswahrheiten in mehreren Zeichenhandlungen auf und bezieht sie auf den Leib des Verstorbenen. Besonders stark drückt das Inzensieren mit Weihrauch unsere Ehrfurcht vor dem Leichnam aus: „Dein Leib war ein Tempel Gottes“, spricht der Zelebrant, während er Weihrauch einlegt und mit dem Rauchfass den Sarg umschreitet. Einen Tempel Gottes, so das gläubige Empfinden, wird man niemals zerstören, auch wenn er „ausgedient“ hat. Man legt ihn ehrfurchtsvoll in ein Grab, so wie Josef von Arimathäa und Nikodemus den heiligen Leichnam Jesu in Leinenbinden legten, salbten und beisetzten (Joh 19,38-42).

An dieser Stelle ist es angebracht, kurz auf ein Grundprinzip unseres christlichen Lebens zu verweisen. Alle Christen sind zur „Nachfolge Christi“ berufen. Das bedeutet, wir sollen uns im Laufe unseres Lebens seine Gesinnung immer mehr zu eigen machen, mit unserem Leben seinem Leben möglichst nahe kommen. Ein Christ wird auch in seinem Sterben danach trachten, vereint mit Christus, sozusagen Seite an Seite mit ihm, hinüberzugehen in das ewige Leben: „Wenn wir mit Christus gestorben sind, werden wir auch mit ihm leben“ (2 Tim 2,11). Das ehrfürchtige Begrabenwerden nach dem Beispiel Jesu wäre somit eine letzte Tat der Christusnachfolge und ein Akt des Vertrauens in die Macht Gottes, der unseren „sterblichen Leib lebendig machen“ wird, so wie er „Christus Jesus von den Toten auferweckt hat“ (Röm 8,11).

Der Einwand: Offenbar geht unser Leib im Tod dann augenscheinlich doch zu Grunde. Dem gilt es zu entgegnen, dass uns Christus das Geheimnis des Weizenkorns (Joh 12,24) verkündet hat. Das Korn fällt in die Erde, stirbt dort und während es verwest, ersteht es zu neuem Leben. Die Erdbestattung im christlichen Sinn will dieses Geheimnis ausdrücken: Das Grab als einen Ort der Verwandlung. Im christlichen Altertum begegnet uns eine Bezeichnung für die eigenen Begräbnisstätten der Christen, die sich von der allgemeinen Namensgebung abhebt: „Coemeterien“. Diesem Ausdruck liegt das griechische Verb „koimao“ zugrunde, das „schlafen, ruhen“ bedeutet. Es konnte auch den Sinn von „entschlafen“ annehmen, wie er uns im Neuen Testament gelegentlich begegnet (z.B. 1 Thess 4,13). Hinter der Bezeichnung steht der Gedanke: wer schläft, steht auch wieder auf (vgl. Joh 11,11). Eine alte griechische Inschrift aus Thessalonich spricht ausdrücklich vom „koimeterion heos anastaseos“, was so viel bedeutet wie „Ruhestätte bis zur Auferstehung“. Im heutigen deutschen Wort „Friedhof“ oder in den christlichen Grabinschriften „Hier ruht in Frieden“ schwingt der Gedanke an das Ruhen des Leibes im Gegensatz zu einem endgültigen Zugrundegehen noch immer mit.

Eine wichtige Frage, die in diesem Zusammenhang auftaucht, ist die nach dem „Wie“ des Auferstehungsleibes. Die Kirche lehrt, dass die Auferweckung der Toten eine Machttat Gottes ist, der natürlich nicht gebunden ist an die materiellen Überreste eines Menschen. Insofern ist die Frage nach der Bestattungsart, ob Erde oder Asche, nicht ausschlaggebend für die Beschaffenheit des Auferstehungsleibes. Aber für das Wacherhalten unserer Hoffnung ist die Zeichenhaftigkeit der Grablegung von besonderer Bedeutung. Der Frage, wie die Toten auferstehen werden, widmete der Apostel Paulus ein eindrucksvolles Kapitel in seinem ersten Korintherbrief. Er argumentiert mit dem, was zeichenhaft mit dem toten Leib in der Erde geschieht. So wie Jesus spricht auch er vom Weizenkorn: „Was du säst, hat noch nicht die Gestalt, die entstehen wird; es ist nur ein nacktes Samenkorn, zum Beispiel ein Weizenkorn oder ein anderes. Gott gibt ihm die Gestalt, die er vorgesehen hat, jedem Samen eine andere“ (1 Kor 15,37-38). Paulus fährt fort: „So ist es auch mit der Auferstehung der Toten. Was gesät wird, ist verweslich, was auferweckt wird, unverweslich. Was gesät wird, ist armselig, was auferweckt wird, herrlich. Was gesät wird, ist schwach, was auferweckt wird, ist stark. Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer Leib“ (1 Kor 15,42-44). Eine in manchen Gegenden gebräuchliche Bezeichnung für den Friedhof lautet „Gottesacker“. Hier ist der von Paulus dargelegte Auferstehungsglaube bereits ins Langzeitbewusstsein der Menschen übergegangen.

Wenn die christliche Gemeinde am Grab eines Verstorbenen steht, gibt es den Brauch, dass jeder der Anwesenden ein paar Tropfen Weihwasser auf den Sarg und somit auf den Leichnam sprengt. Sehr sinnenfällig kommt hier zum Ausdruck, was der Glaube an die Auferstehung erhofft: Mit demselben Wasser, durch das wir in der Taufe das Siegel der Unsterblichkeit empfangen haben, soll der Leib „begossen“ werden, damit er sich wie ein Samenkorn in der Hand Gottes zu öffnen beginnt, um sich nach der Zeit der „Ruhe“ am Jüngsten Tag in jener neuen Gestalt aus dem Grab zu erheben, die Gott für ihn vorgesehen hat.

Psychologische Gründe

Neben diesen Glaubensgründen, die für die Erdbestattung sprechen, gibt es eine Reihe von menschlichen Argumenten, die durchaus hilfreich sind. Gerade weil für die Einäscherung des Leichnams immer wieder hygienische und praktische Gründe angeführt werden, haben auch diese anthropologischen Gründe ihre Berechtigung. Das allmähliche Abschiednehmen von einem Toten, die Totenwache, das Rosenkranzgebet der Gemeinde, die feierliche Totenmesse, der Gang zum Grab, das Hineinlegen des Sarges in das Grab... all das kommt dem psychologischen Zustand der Angehörigen entgegen, die einen langen Weg der Trauer hinter sich legen müssen, um sich von ihrem Toten zu verabschieden. Wie anders ist ein solches Abschiednehmen gegenüber dem Hineinschieben eines Sarges in das Auto des Bestattungsinstitutes auf dem Weg ins Krematorium, aus dem nach einigen Tagen nur mehr die Urne zurück kehrt.

Der Vergleich mag unangebracht scheinen, aber man kann durchaus einmal daran denken, wie Kinder schon um ihren toten Kanarienvogel trauern oder ihr Meerschweinchen beerdigen. Viele von uns haben in ihrer Kindheit ein kleines Loch im Garten geschaufelt, einen Totenzug nachgeahmt und dann über dem beigesetzten Tier ein kleines Holzkreuz aufgestellt. Als Kinder hätten wir es nie über das Herz gebracht, das tote Lieblingstier in einem Ofen verbrennen zu lassen.

Eine Sorge taucht immer wieder auf, gerade bei älteren, allein stehenden Leuten. Wer kümmert sich um mein Grab? Die kleine Urnennische bereitet weniger Zukunftssorgen als ein vernachlässigtes Erdgrab. Das mag stimmen. In solchen Fällen könnte die christliche Gemeinde, konkret eine Pfarre, Mitverantwortung für diese Gräber tragen. Es dürfte nicht soweit kommen, dass in der christlichen Gemeinschaft Graberhaltungskosten ausschlaggebend für die Bestattungsform sind. Hier sollte Solidarität den Ton angeben. Es gehört zu den ältesten und bewährten Regeln kirchlicher Seelsorge, dass beim Totenkult kein Unterschied gemacht werden soll und dass mittellosen Menschen derselbe würdevolle Abschied zusteht wie allen anderen. Persönlich kenne ich eine Reihe von Personen, die um Gotteslohn das Grab anderer pflegen, weil die betreffenden Angehörigen auswärts wohnen oder aus Altersgründen nicht mehr in der Lage sind, zum Friedhof zu kommen.

Der Trend

Für die Feuerbestattung wird derzeit im europäischen Raum massiv Werbung gemacht. Gerade in der Zeit um Allerheiligen wird in Zeitungen und Zuschriften explizit dafür geworben. Kaum jemand findet darauf eine Erwiderung. Auch von kirchlicher Seite hört man selten eine Stellungnahme. Mit dieser kleinen Abhandlung will ich bewusst für die altchristliche Form der Beerdigung werben. Auch wenn es sich bei der Bestattungsform um keine dogmatische Frage handelt, so geht es im letzten auch um den Inhalt nicht nur um die Verpackung. Was nicht verkündet wird, schläft ein. Die Kirche hat deshalb gute Argumente für die Erdbestattung zur Hand, weil sie eben eine Hoffnung hat! Der Trend geht in eine andere Richtung. Aber wenn wir uns den Trend bezüglich der Einstellung dem menschlichen Körper gegenüber ansehen, der zwischen Körperkult und totaler Verachtung des Leibes hin und her pendelt, so kann gerade die Kirche in ihrer Lehre vom Leib als Tempel Gottes ein wahre Leibfreundlichkeit vermitteln, die es in die Tat umzusetzen gilt. Die liebevolle und doch nicht vergötzende Einstellung allem Leiblichen gegenüber soll unseren Umgang mit dem Körper prägen, ob wir leben oder schon entschlafen sind.

Der Glaube an die Auferstehung der Toten gibt gerade jenen Menschen Hoffnung, deren Leib nicht den „Normmaßen“ der Idole entspricht. Die vielen, die unter ihrem Leib leiden, deren Leib verunstaltet ist, die körperlich missbraucht werden, die vom Hunger gequält sind, dürfen darauf hoffen, dass Gott in der Auferweckung der Toten seine Gerechtigkeit auch hinsichtlich der großen Unterschiede offenbaren wird. Auf den Punkt gebracht: Der verwandelte Leib des im irdischen Leben körperlich Behinderten wird dem der „Miss World“ an Vollendung und Schönheit nicht nachstehen.

Versäumnisse der kirchlichen Verkündigung

Zum Schluss noch eine Randbemerkung. Ganz unschuldig an dem heutigen Trend ist die Kirche nicht. In den letzten Jahrzehnten war die Verkündigung im Bereich der Eschatologie, wie man die Glaubenslehre bezüglich des Lebens nach dem Tod nennt, mangelhaft. Das Wort Seele überließ man großteils den Psychologen. Mit dem undifferenzierten Ausdruck „Auferstehungsgottesdienst“, den man in den vergangenen Jahren immer wieder für die Beerdigungsmesse hören konnte, erweckte man den Eindruck, die Auferstehung erfolge gleich im Tod und sei rein geistig zu verstehen. Damit wurde die kirchliche Lehre vom leibfreien Zustand der Seele bis zum „Jüngsten Tag“, dem dann die Auferstehung folgt, verlagert bzw. verdünnt. (Mit erfreulich neuer Klarheit spricht der „Katechismus der Katholischen Kirche“ diese Glaubenswahrheiten wieder aus, z.B. im „Kompendium“ Nr. 205: „Durch den Tod wird die Seele vom Leib getrennt. Der Leib fällt der Verwesung anheim. Die Seele, die unsterblich ist, geht dem Gericht Gottes entgegen und wartet darauf, wieder mit dem Leib vereint zu werden, der bei der Wiederkunft des Herrn verwandelt auferstehen wird.“) Zurück blieb bei vielen Christen eine diffuse Vorstellung vom Leben nach dem Tod, in die – wiederum im Trend – zunehmend fernöstliche Seelenwanderungslehren und Wiedergeburtsgedanken eindringen konnten. Dem gilt es dadurch zu begegnen, dass wir die „Auferstehung des Fleisches“ als unsere christliche Hoffnung verkünden. Die vom Glauben motivierte Förderung der Erdbestattung ist eine bewusste und sinnenfällige Form der kirchlichen Verkündigung.


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