Messianische Juden in die Christenheit integrieren?

1. Oktober 2008 in Weltkirche


Ein zweites "Konzil von Jerusalem" soll Einheit bringen zwischen Christen und Juden, die an Christus glauben, planen Befürworter dieser Idee.


Hünfelden (kath.net/idea) Die messianischen (christusgläubigen) Juden sollen wieder voll in die Christenheit integriert werden. Mit diesem Ziel planen Vertreter verschiedener Konfessionen und der jüdisch-messianischen Bewegung eine Vollversammlung in Jerusalem. Sie soll an das vor fast 2.000 Jahren veranstaltete Jerusalemer Konzil – auch Apostelkonzil genannt – anknüpfen und die Einheit der Christenheit fördern.

Befürworter dieser Idee trafen sich vor kurzem in Hünfelden-Gnadenthal bei Limburg. Als Gäste der ökumenisch ausgerichteten Kommunität Jesus-Bruderschaft nahmen an der Begegnung rund 100 evangelische, katholische und orthodoxe Geistliche und Gemeindeleiter sowie messianische Juden in Leitungsverantwortung teil.

Eingeladen hatte die Initiative „Toward Jerusalem Council II“ (Hin zu einem zweiten Jerusalemer Konzil) mit Sitz in Wien und Dallas (US-Bundesstaat Texas). Ihr Ziel ist die Einheit aller Gläubigen in Jesus Christus. Beim Jerusalemer Konzil um das Jahr 48 nach Christus hatte die junge Kirche die volle Gleichberechtigung zwischen Christen jüdischen und heidnischen Ursprungs beschlossen.

Im Verlauf der Kirchengeschichte hätten die Heidenchristen allerdings die Oberhand gewonnen und dies die Judenchristen spüren lassen, sagte der europäische Leiter der Initiative für das Konzil, der römisch-katholische Diakon Johannes Fichtenbauer (Wien), gegenüber idea. Das siebte ökumenische Konzil 787 im kleinasiatischen Nizäa habe beschlossen, dass ein Jude, der Christ wird, auf die Ausübung jüdischer Sitten und Bräuche verzichten und sich völlig von seinem Jude-Sein lossagen muss. Christusgläubige Juden seien durch solche Vorschriften jahrhundertelang diskriminiert worden.

Nun gehe es darum, sie wieder voll in die Gemeinschaft des Leibes Christi zu integrieren. Künftig solle ihnen als den „erstgeborenen Brüdern“ wieder jener Ehrenplatz in der Christenheit zukommen, den sie zu Anfang der Kirchengeschichte innehatten, so Fichtenbauer. Er ist enger Mitarbeiter des Wiener Erzbischofs Christoph Kardinal Schönborn, des Vatikan-Beauftragten für die Kontakte zu den messianischen Juden.

Laut Albrecht Fürst zu Castell-Castell (Castell bei Würzburg), einem Förderer des Konzilprojekts, zeigen sich die katholische Kirche sowie viele evangelikale und charismatische Kreise gegenüber messianischen Juden sehr aufgeschlossen. Dies gelte teilweise auch für orthodoxe Christen. Eine Konsultation zwischen der rumänisch-orthodoxen Kirche, Evangelikalen und messianischen Juden im vergangenen Jahr habe eine besondere Wertschätzung der messianisch-jüdischen Bewegung zum Ausdruck gebracht.

Demgegenüber stünden die Evangelische Kirche in Deutschland und die Landeskirchen den messianischen Juden immer noch distanziert gegenüber, so Bruder Franziskus Joest von der Jesus-Bruderschaft Gnadenthal gegenüber idea. Diese reservierte Haltung hänge unter anderem mit der starken Stellung der Rabbiner (jüdische Gesetzeslehrer) in Deutschland zusammen. Nach deren Auffassung verlieren Juden, die an Jesus glauben, ihre jüdische Identität. Laut Bruder Franziskus, der Pfarrer der hessen-nassauischen Kirche ist, trifft das Gegenteil zu: Die messianischen Juden seien mit Recht davon überzeugt, dass ihre Treue zu Jesus sie als Kinder Abrahams ausweise.

Die meisten Schätzungen gehen davon aus, dass es weltweit etwa 100.000 messianische Juden gibt. Marty Waldman (Dallas), Exekutiv-Sekretär der Jerusalemer Konzils-Initiative, schätzt die Zahl hingegen auf mehr als 200.000. In Israel leben etwa 15.000 messianische Juden, in Deutschland geht man von bis zu 4.000 aus.


© 2008 www.kath.net