War Frère Roger katholisch oder Protestant?

26. August 2008 in Weltkirche


Jeden Morgen empfing er die Kommunion. Kein formeller Beitritt, aber Zugehörigkeit zur katholischen Kirche - Von Armin Schwibach / Die Tagespost.


Vatikanstadt (kath.net/DT) War der vor drei Jahren von einer Geisteskranken ermordete Gründer der Gemeinschaft von Taizé, Frère Roger Schütz, evangelisch oder katholisch? Er fühlte sich ohne formellen Beitritt der katholischen Kirche zugehörig und blieb gleichzeitig ein calvinistischer Pastor.

Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI. haben ihm die heilige Kommunion gereicht. In einem Interview mit der vatikanischen Zeitung „L'Osservatore Romano“ vom 16. August 2008, das dann auch in der deutschen Wochenausgabe der vatikanischen Zeitung am 22. August veröffentlicht wurde, erläuterte Kardinal Walter Kasper, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, das Wie und Warum dieses einzigartigen Tatbestands.

Kardinal Kasper erklärte, dass Frère Roger in einer reformierten Tradition Pfarrer geworden sei. Diesen „Glaube seiner Ursprünge“ habe er mit all seinen Brüdern und Schwestern protestantischer Zugehörigkeit geteilt. Der Wunsch, seinen Glauben und sein geistliches Leben aus den Quellen anderer christlicher Traditionen zu speisen, habe ihn dann dazu geführt, „gewisse konfessionelle Grenzen“ zu überschreiten.

Im Laufe der Jahre sei Kasper zufolge der Glaube des Priors von Taizé zunehmend durch „das Glaubenserbe der katholischen Kirche bereichert“ worden. Dazu hätten vornehmlich die Rolle Marias in der Heilsgeschichte, die Realpräsenz Christi in der Eucharistie und das apostolische Dienstamt in der Kirche beigetragen, „einschließlich des Dienstamtes an der Einheit, das der Bischof von Rom ausübt“.

Als Antwort darauf habe die katholische Kirche zugestimmt, dass er die Eucharistie empfängt, wie er es jeden Morgen in der Kirche von Taizé getan hat. Aus diesem Grund habe Schütz mehrmals die Kommunion auch aus der Hand Papst Johannes Pauls II. empfangen.

Somit habe Kardinal Ratzinger während des Beerdigungsgottesdienstes für Johannes Paul II. lediglich wiederholt, was bereits vor ihm im Petersdom praktiziert wurde: „An der Geste des Kardinals war nichts Neues oder Ausgeklügeltes“, schloss der Präsident des Einheitsrates.

Roger Schütz habe seinen Glauben gefunden, ohne jemals „mit irgend jemandem“ zu brechen. Aus diesem Grund, so Kasper weiter, habe es Schütz vorgezogen, Begriffe wie „Übertritt“ oder „formeller“ Beitritt nicht zur Bezeichnung seiner Gemeinschaft mit der katholischen Kirche zu verwenden.

Es könnten lange theologische und kanonische Diskussionen geführt werden, so der Kardinal. Aus Achtung aber vor dem Glaubensweg Frère Rogers sei es angebrachter, „nicht Kategorien auf ihn anzuwenden, die er selbst als seiner Erfahrung unangemessen ansah und die ihm die katholische Kirche im Übrigen niemals auferlegen wollte“.

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