Sydney wir kommen

29. Juni 2008 in Jugend


Von P. Bernhard Speringer ORC im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt.


Goldach (www.kath.net/SKS)
Das Hochfest Petrus und Paulus ist sicher ein schöner Anlass, über das Amt des Petrus, über die Aufgabe und Verantwortung des Heiligen Vaters besonders in Hinsicht auf seinen Besuch beim Weltjugendtag in Sydney nachzudenken.

In weniger als drei Wochen beginnt der internationale Weltjugendtag in Sydney / Australien, zu dem auch Papst Benedikt XVI. zehn Tage nach Australien reisen wird. Der Weltjugendtag steht unter dem Motto: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird“ (Apg 1,8). Es ist beeindruckend, wenn man in den Medien Berichte über die Vorbereitungen von Jugendlichen und Gruppen aus der ganzen Welt beobachtet – vor allem dann, wenn man sich selbst mit einer Gruppe von cirka 50 Jugendlichen auf dieses „Event des Jahres“ vorbereitet.

„Kirche in Not“ zum Beispiel ermöglicht es 15 Jugendlichen aus Laos an diesen Tagen mit dem Papst teilzunehmen. Kürzlich wurde auch das detaillierte Programm von Papst Benedikt XVI. offiziell bekannt gegeben. Ich möchte angesichts der Vorbereitungen auf der ganzen Welt und vor allem in so vielen Diözesen und Pfarren in Australien eine etwas ungewöhnliche Frage stellen:

Warum „pilgern“ so viele Jugendliche nach Sydney?

Warum all diese finanziellen und persönlichen Anstrengungen? Warum Sydney, wenn wir doch die Euro haben? Auf diese Frage gibt es naturgemäß viele Antworten. Und jede und jeder einzelne Teilnehmer hat wohl auch seine ganz individuellen Antworten. Aber gibt es vielleicht so etwas wie eine „offizielle Antwort“? Ja, ich denke, die gibt es!

Die Jugend der Welt nimmt am Weltjugendtreffen in Sydney teil, weil der Papst sie dazu eingeladen hat. Viele bereiten sich nun schon fast zwei Jahre auf dieses Ereignis vor, planen, sparen, beten... weil der Papst die Jugendlichen der ganzen Welt eingeladen – man möchte fast sagen – gebeten hat, sich mit ihm zu treffen.

So hat es Johannes Paul II. zum ersten Mal in Rom getan. Er hat diese Einladung ausgesprochen und tausende Jugendliche sind zur Überraschung der Verantwortlichen der römischen Kurie mehr oder weniger spontan gekommen. Genau darum geht es letztlich: Der Papst will sich mit der Jugend der Welt treffen. Dieser Gedanke – der die Kurienmitglieder beim ersten Weltjugendtreffen so überraschte – wäre vor 100 oder auch nur 50 Jahren völlig unmöglich und undenkbar gewesen.

Aber dieser Gedanke, dass der Papst sich mit der Jugend der Welt treffen will, hat auch etwas Überwältigendes: Es zeigt, wie wichtig dem Papst die Jugend ist. Und das nicht aus opportunistischen Gründen, weil etwa die Jugend die Zukunft der Kirche ist (was sie ja auch ist) und die Kirche die Jugend „bei der Stange“ halten will. Nein.

Papst Johannes Paul II. und auch Papst Benedikt XVI. haben immer wieder gezeigt und bewiesen, wie ihnen die Jugend am Herzen liegt. Und welche Eigenschaften und Qualitäten sie an der Jugend respektieren und schätzen: Die Kreativität und der Idealismus der Jugendlichen, die sich naturgemäß die wichtigsten Fragen des Lebens stellen.

Der Wille und der Wunsch, ja die Sehnsucht zur Ganzhingabe. Jugendliche machen in ihrem Idealismus keine halben Sachen. Es ist die ganz große Sehnsucht der Jugend nach einem erfüllten und im wahrsten Sinne des Wortes „Sinn“-vollem Leben. „Ich weiß, dass ihr Großes wollt!“, rief Benedikt XVI. den Jugendlichen 2005 in Köln zu.

Warum will der Papst sich mit den Jugendlichen treffen?

Weil er die Antworten auf die vielen und vielschichtigen Fragen der Jugendlichen hat. Weil er weiß, dass es nur eine einzige „Sinn“-volle Antwort gibt, weil es nur einen gibt, der die Sehnsucht und die Ideale der Jugend befriedigen kann: Jesus Christus.

Und die Jugend weiß das und spürt das. Deshalb ist es den Jugendlichen auch egal, ob Papst Johannes Paul II. die Einladung ausspricht oder Papst Benedikt XVI., ob ein gesunder und noch „jugendlicher“ Papst sie einlädt oder ein alter und kranker Papst, der ihnen mit seinem Gehstock zuwinkte.

Es ist nicht die Person, es war nicht Karol Wojtyla und ist nicht Josef Ratzinger – es ist der Papst, der Stellvertreter Christi auf Erden, der Nachfolger des Heiligen Petrus, zu dem Christus selbst gesagt hat: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“ (Mt 16,18)

„Du bist Petrus“ - ein Fels für die Jugend

Mit diesen Worten hat Christus den ersten Papst, seinen Stellvertreter auf Erden, eingesetzt und diese Worte gelten für jeden Nachfolger des hl. Petrus. Das Amt und die Vollmacht des Petrus ist also wesentlich an Jesus Christus und seine Gnade gebunden.

Im Atrium, in der Vorhalle des Petersdomes, ist ein berühmtes Gemäldes von Giotto. Das Bild zeigt, wie Petrus aus dem Boot steigt, Christus auf dem Wasser entgegeneilt und gerade beginnt, in den Wellen zu versinken. Souverän reicht ihm Christus die Hand, die Petrus mit angstvollem Gesichtsausdruck ergreift.

Ein Detail fällt besonders auf: alle Jünger im Schiff sind mit Heiligenschein dargestellt – nur Petrus nicht. Was will der Künstler damit sagen? Er will damit sagen, wie wir den Dienst des Petrus, das Papsttum, verstehen müssen: es ist nur an der Hand Christi möglich, sonst ist es zum Untergang bestimmt. Das Petrusamt stützt sich nicht auf menschliche Weisheit und Intelligenz und nicht einmal auf die persönliche Heiligkeit des Amtsträgers, sondern einzig und allein auf die Gnade Gottes und den Beistand des Heiligen Geistes.

Gerade die Jugend spürt das. Beim letzten großen Weltjugendtreffen von Johannes Paul II. in Toronto und auch bei Benedikt XVI. in Köln haben sie gespürt und wussten, dass nicht so sehr der Papst selbst im Mittelpunkt steht, sondern der, auf den der Papst hinweist; der, den der Papst als einzigen Retter und Erlöser unermüdlich verkündet: Jesus Christus.

Und das, obwohl der Papst den Jugendlichen keinen einfachen Weg angeboten hat und anbietet, sondern von neuem den Weg des Evangeliums. Und so viele haben diesen Weg großherzig aufgenommen, auch wenn er nicht immer einfach ist. So sagte der Papst zum Beispiel:

„An Jesus zu glauben heißt, zu akzeptieren, was er sagt, sogar wenn es gegensätzlich zu dem ist, was andere sagen. Es bedeutet, die Verlockungen der Sünde abzulehnen, wie reizvoll sie auch immer sein mögen, um sich auf den schwierigen Weg der Tugenden des Evangeliums zu begeben... Vertraut Christus, weil er euch vertraut.“

Die „Schlüsselgewalt“ – ein Liebesdienst

Weiter sagt Jesus zu Petrus: „Ich werde Dir die Schlüssel des Himmelreiches geben; was du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein.“

Eigentlich geschieht hier etwas Unerhörtes: Gott überträgt einem Menschen göttliche Vollmacht. Die Kirche spricht von der „Schlüsselgewalt“ des Heiligen Petrus. Der Papst handelt mit göttlicher Vollmacht. Aber zusammen mit dieser Vollmacht, die Gott der Kirche überträgt, sichert er ihr auch seinen übernatürlichen Beistand zu.

Das Leitungsamt in der Kirche ist an die Heilige Weihe gebunden, es ist also Gott selbst, der durch die geweihten Amtsträger wirkt und handelt. Nur so und nur in diesem Sinne ist die Schlüsselgewalt und die Unfehlbarkeit des Papstes zu verstehen. Mit dem Amt des Papstes ist ein besonderes Charisma verbunden: die Zusicherung Gottes, dass der Papst, wenn er sein Lehramt ausübt, nicht irren kann aufgrund des übernatürlichen Beistands des Heiligen Geistes.

Und das „spürt“ die Jugend der Welt! Es sind nicht nur Worte und Gesten – es ist ein Zeugnis. Und die Apostel und ihre Nachfolger sind besonders berufen in Wort und Tat Zeugnis zu geben.

In seinem Buch „Geschenk und Geheimnis“, das Papst Johannes Paul II. anlässlich seines 50-jährigen Priesterjubiläums geschrieben hat, stehen einige Verse, die er bereits als Bischof verfasst hat: „Du bist Petrus – der Fels. Bist du bereit der Fels zu sein, auf dem die Herde steht und manchmal auch trampelt? Bist du bereit, der Boden zu sein, auf dem die anderen zu dem Ziel gehen, zu dem du sie führen sollst. Die Herrscher der Welt schreiten auf roten Teppichen. Du bist Petrus, du sollst selbst der Teppich, der Boden sein, auf dem und durch den die Menschen zu Gott gelangen.“

Hier zeigt sich, was das Papsttum ist. Die Autorität, die Jesus dem Petrus und seinen Nachfolgern übertragen hat ist ein Dienst. Ein Dienst der Liebe. Ein Dienst der Einheit. Ein Liebesdienst für Jesus und für die ihm anvertraute Herde.

Liebe hat mit Opfer zu tun. Liebe hat mit Taten zu tun. Aus diesem Grund fragt Jesus den Petrus dreimal: „Liebst du mich?“ Die Liebe zu Gott ist die Voraussetzung für jeden Dienst im Reich Gottes. Der hl. Augustinus hat einmal sehr schön in einer Predigt gesagt: „Als Jesus den Petrus fragt, ob er ihn liebt, hat er auch jeden einzelnen von uns gefragt, ob wir ihn lieben.“ Und wenn wir Christus lieben, lieben wir die Kirche, dann lieben wir den Papst!

Und der Papst ist es, der uns immer wieder die Liebe Gottes zusichert: Gott liebt jeden einzelnen von uns so, wie er ist, mit allen guten und mit allen schwachen Seiten. Und dieses Bewusstsein, von Gott geliebt zu sein, „ein Gedanke Gottes“, ein „Herzschlag Gottes“ zu sein, wie es Johannes Paul II. sagte, soll unser ganzes Leben, soll unser ganzes Leben prägen. In genau diesem Sinne sagte Papst Benedikt bei seiner ersten Predigt am Tag seiner Amtseinführung: „Wir sind nicht das zufällige und sinnlose Produkt der Evolution. Jeder von uns ist Frucht eines Gedanken Gottes. Jeder ist gewollt, jeder ist geliebt, jeder ist gebraucht.“ Der Papst ist Unterpfand dieser Liebe Gottes!

Foto: © www.kath.net


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