Das primäre Betätigungsfeld der Laien

1. Juni 2008 in Schweiz


Bischof Huonder: Staatskirchenrechtlichen Gebilde ist kein kleines Konzil und keine kirchliche Synode.


Chur (www.kath.net)
KATH.NET dokumentiert die Ansprache von Bischof Huonder von Chur bei der Römisch-Katholischen Landeskirche Uri am 27. Mai 2008 in Altdorf

Sehr geehrter Herr Präsident des Großen Landeskirchenrates,
sehr geehrter Herr Präsident des Kleinen Landeskirchenrates,
liebe Mitglieder des Großen und des Kleinen Landeskirchenrates Uri

Ich möchte Euch für die Einladung zu dieser Begegnung herzlich danken. Ebenso möchte ich meine Anerkennung aussprechen für alles, was Ihr zur Unterstützung der Katholischen Kirche im Lande Uri tut, für alle Eure Arbeit und Euer Interesse am Wohle der Kirche vor Ort.

Die heutige Begegnung gibt mir Gelegenheit, über das Apostolat der Laien zu sprechen. Das II. Vatikanische Konzil (1962-1965) hat sich darüber ausführlich geäussert. Man liest dazu mit Gewinn die Nummern 30 bis 38 der Dogmatischen Konstitution über die Kirche "Lumen Gentium".

"Das Apostolat der Laien ist Teilnahme an der Heilssendung der Kirche selbst", können wir unter Nr. 33 der eben genannten Konstitution nachlesen. Das zeigt die Bedeutung des Laienstandes an und den hohen Wert, den die Kirche dem Apostolat der Laien beimisst.

Dieses Apostolat im allgemeinen Sinn ist nicht zu verwechseln oder gleichzusetzen mit der Mitarbeit einiger Laien an der Sendung der Ordinierten (Bischof, Priester, Diakon), wie sie in den sogenannten Laiendiensten – in der kirchlichen Verkündigung und in der Liturgie – zum Ausdruck kommt.

Diese Aufgaben werden von Theologen im Laienstand ausgeübt (Katechetin oder Katechet, Religionspädagogin oder Religionspädagoge, Pastoralassistentin oder Pastoralassistent). Die besondere Voraussetzung dazu ist eine entsprechende theologische Fachausbildung. Das Apostolat der Laien im allgemeinen Sinn gründet dagegen einfachhin auf dem Glaubenszeugnis, das von der Taufe und der Firmung abzuleiten ist.

Es gründet auf dem Christsein schlechthin und ist gewissermassen gefärbt von bestimmten "weltlichen" Kompetenzen, vom spezifischen Know-How der Laien.

Bemerkenswert ist, wie das Konzil dieses Apostolat der Laien im allgemeinen Sinn versteht. Es spricht vom "Weltcharakter", der den Laien besonders eigen ist (vgl. "Lumen Gentium", Nr. 31). Das primäre Betätigungsfeld der Laien ist deshalb die Welt der Arbeit, die Familie, die Politik, die Kultur, die Medien, auch die Freizeit: "Dort sind sie vom Gott gerufen, ihre eigentümliche Aufgabe, vom Geist des Evangeliums geleitet, auszuüben und so wie ein Sauerteig zur Heiligung der Welt gewissermassen von innen her beizutragen und vor allem durch das Zeugnis ihres Lebens, im Glanz von Glaube, Hoffnung und Liebe Christus den anderen kund zu machen" ("Lumen Gentium", Nr. 31). "Von innen her" bedeutet dabei: Die Laien stehen mitten in der Welt, in den Geschäften der Welt. Dort sind sie berufen, für Christus und die Kirche Zeugnis zu geben durch ein vorbildliches christliches Leben. Das ist ihr ureigenes Apostolat.

Weil die Laien mitten in den Geschäften dieser Welt stehen, sind sie die geborenen Personen, um dann auch mitzuhelfen, die materielle Seite der Kirche fachmännisch und gut zu verwalten sowie dem Bischof beizustehen, eine diesbezüglich solide Grundlage für den Unterhalt der Seelsorge eines Bistums oder einer Region zu legen (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester "Presbyterorum ordinis", Nr. 17 und Nr. 21). Dies kann in verschiedenen Formen und Ausprägungen geschehen, so etwa auch in einem vom Staat vorgegebenen Gebilde oder Rechtsgefüge, wie dies in unserem Lande weithin der Fall ist. Freilich darf ein solches Rechtsgefüge nicht dem eigenen Charakter der kirchlichen Gemeinschaft widersprechen, der darin besteht, dass die Kirche Leib Christi und hierarchisch strukturiertes Volk Gottes ist, wie es das Zweite Vatikanum in "Lumen Gentium" sagt (vgl. Nr. 7 und Nr. 9ff.). Deshalb ist die genaue Kenntnis dieses Dokuments von größter Bedeutung für jeden Katholiken. Nur dann kann er die inneren Abläufe der Kirche verstehen und unter anderem auch die Ausgestaltung der Beziehung zwischen Kirche und Staat richtig gewichten (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution "Gaudium et Spes", v. a. Nr. 76). Ich sage dies, weil ich feststelle, dass man sich für gewisse Forderungen immer wieder auf das Zweite Vatikanum beruft, den Inhalt der Dokumente aber manchmal nur oberflächlich und schlagzeilenhaft kennt. Nun aber zurück zum staatskirchenrechtlichen Gebilde: Dieses muss seine eigenen Grenzen sehen und vor allem darum wissen, dass es keine mit einer lehrmäßigen oder pastoralen Kompetenz ausgestattete kirchliche Versammlung darstellt. Es ist kein kleines Konzil und keine kirchliche Synode. Es ist eine verwalterische Hilfe für den Bischof und die Gläubigen vor Ort, eben auf Grund von entsprechenden "weltlichen" Fachkompetenzen.

Die Kirche ist der Leib Christi, welcher durch das Weihesakrament eine hierarchische Struktur kennt und daher eine Gliederung in Ordinierte (Bischof, Priester, Diakon) und Laien aufweist. Doch darf diese Gliederung nicht so verstanden werden, als wären die Laien deshalb Christen zweiter Klasse. So sagt denn auch das "Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe" unter Nr. 108: "... es muss vermieden werden, dass sie [die Laien] sich in irgendeiner Hinsicht als Christen zweiter Klasse fühlen könnten. Sowohl in eigener Person als auch durch die Priester soll der Bischof dafür Sorge tragen, dass die Laien sich ihrer kirchlichen Sendung bewusst seien, und er soll sie ermutigen, diese zu verwirklichen mit einem Geist der Verantwortung und immer auf das Gemeinwohl bedacht".

In diesem Sinne bin ich heute mitten unter Euch und möchte Euch sagen, wie wertvoll mir Eure Mitarbeit, Euer Fachwissen, vor allem aber Euer gelebter Glaube mitten in der Welt sind.

Foto: (c) kath.net


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