Konservative Wende in der Kirche

17. Februar 2008 in Schweiz


Bischof Vitus Huonder von Chur: In der Folgezeit des Zweiten Vatikanischen Konzils ging viel an Glaubensgut und Substanz verloren - Kirchenaustritte nicht nur negativ sehen: "Es mag sein, dass wir in einer Zeit leben, wo es zunächst auf einen Rest zu


Chur (www.kath.net)
Vitus Huonder, der neue Bischof von Chur, hat am Sonntag in zwei Interviews mit Schweizer Zeitungen seinen römisch-katholischen Kirchenkurs verteidigt. Gegenüber der Zeitung "Sonntag" stellt er klar, dass er als Bischof in Personalfragen freie Wahl habe. Am Verbot von Laienpredigten werde er festhalten. "Das Kirchenrecht legt die Spielregeln fest. Seit 1983 liegt das neue Kirchenrecht vor und gibt auch entsprechende Hinweise zur Homilie (Predigt in der Eucharistiefeier). Darüber hat man sich leider allzu lange hinweggesetzt", erinnert Huonder. Zum angeblichen "Priestermangel" sagte der Bischof, dass die "administrativen Belange – auch im Zusammenhang mit den staatskirchenrechtlichen Institutionen – gewachsen sind und dass dies oft das Kerngeschäft der Seelsorge behindert."

Kirchenaustritte sieht der Bischof von Chur durchaus nicht nur negativ. "Vom Alten Testament her sage ich, dass der "Rest" immer eine grosse Rolle spielt. Aus einem kleinen Überbleibsel ging oft wieder neues Leben hervor. Es mag sein, dass wir in einer Zeit leben, wo es zunächst auf einen Rest zugeht. Aber das ist dann nicht das Ende, sondern der Anfang von Neuem." Kritik von Ausgetretenen sehe er gelassen. "Schon Jesus stiess nicht immer auf Gegenliebe."

Vitus Huonder spricht auch von einer derzeit stattfindenden "konservativen Wende" in der Kirche. Wörtlich sagt er: "Die konservative Wende ist zum Teil damit zu erklären, dass man in der unmittelbaren Folgezeit des Zweiten Vatikanischen Konzils viel an Glaubensgut und Substanz verloren hat. Menschen der jüngeren Generationen spüren das und orientieren sich daher entsprechend." Mit dem Untergang der Kirche, wie manche immer wieder prophezeien, rechne er nicht, ganz im Gegenteil: "Die Geschichte des 19. Jahrhunderts lehrt uns: Wenn der Untergang der Kirche prophezeit wird, geht es trotzdem weiter. Ich rechne mit einem neuen Frühling."

In einem weiteren Interview mit der NZZ verlangt der Bischof von Chur Solidarität von seinen Mitarbeitern. Zu den Problemen mit der zürcherischen Landeskirche meinte Huonder: "Ich habe sogar vor, künftig zwei Kaderleute nach Zürich zu entsenden, einen Bischofsvikar und einen Weihbischof. In meinen Augen ist ein eigener Weihbischof höher einzustufen als der Generalvikar, der jetzt für Zürich zuständig ist." Die Kritik seines Mitarbeiters Martin Grichting am schweizer Staatskirchenwesen kann der Bischof von Chur nachvollziehen. Spätestens seit dem Fall Röschenz ist für Bischof Huonder klar, dass es Probleme im Verhältnis zwischen Kirche und Staat gäbe. "Die staatskirchliche Organisation kann zu einem Problem werden, wenn sie sich in die Kompetenzen des Bischofs einmischt. Diese Gefahr besteht heute. In der katholischen Lehre ist der Bischof der Leiter der Ortskirche. Es gibt die Tendenz, dass die Staatskirche das nicht respektiert.", betont Huonder.

Zur Kritik an seinen Personalentscheidungen von Zürcher Katholiken meinte der Bischof: "Unter den Zürcher Katholiken gibt es viele Leute, die immer von Toleranz sprechen. Ich habe einen Bischofsrat zusammengestellt, in dem alle Kräfte vertreten sind. Wenn jetzt einzelne Ernennungen kritisiert werden, dann zeugt das jedenfalls von einem grossen Mangel an Toleranz." Huonder steht zu den Prinzipien der katholischen Kirche. "Unsere Kirche hat Prinzipien. Diese vertrete ich. Kann sein, dass das nicht allen gefällt. Deswegen kann man die Prinzipien aber nicht aufgeben. Man sieht heute, wohin es führt, wenn man das tut – zum Beispiel bei der künstlichen Empfängnisverhütung. Wir vernichten uns letztlich selber, indem wir immer weniger Nachkommen haben. Da muss man doch erkennen, dass die Kirche im Grunde genommen Prinzipien vertritt, die menschenfreundlich sind.", so Huonder.

Zu den von einigen schweizer Medien hochgespielten Fällen von pädophile Priester sagt Huonder, dass die Art und Weise, wie man das Problem aufgegriffen hat, nicht angebracht sei. "Die Fälle, die diskutiert wurden, lagen bereits Jahre zurück. Man hat sie aufgewärmt, ohne die Folgen für die Opfer zu bedenken. Man kann dieses Problem nicht differenziert genug betrachten." Huonder stellt klar, das der Grossteil unserer Priester anständig lebt.

Zu den umstrittenen Auftritten von Monika in der Sendung "Wort zu Sonntag" meinte Huonder: "Das war eine sehr plakative Ausdrucksweise. Die Kirche versucht, auch jenen Menschen, die fehlbar werden, eine Chance zu geben, wenn sie bereit und fähig sind, ihr Leben zu ändern. Bei Priestern, die den Zölibat aufgeben wollen, muss ich aber sagen: Jeder, der Priester werden will, kennt die Bedingungen – und die Konsequenzen, wenn er sich nicht mehr an diese hält."

Bischof Huonder

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