Der Schleier des Geheimnisses

15. August 2007 in Spirituelles


Neue KATH.NET-Serie in Kooperation mit dem Herder-Verlag – Auszüge aus dem Buch "Jesus von Nazareth" von Papst Benedikt XVI.


Linz (www.kath.net)
KATH.NET bringt im Zeitraum vom 15. August bis 8. September als Vorbereitung auf den Papstbesuch in Österreich in Kooperation mit dem Herder-Verlag etwa zwei Mal in der Woche Auszüge aus dem neuen Jesus-Buch von Papst Benedikt XVI.

"In diesem Zusammenhang muss man den Schluss des Johannes-Prologs lesen: „Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht" (Joh 1,18). In Jesus ist die Verheißung des neuen Propheten erfüllt. Bei ihm ist nun vollends verwirklicht, was von Mose nur gebrochen galt: Er lebt vor dem Angesicht Gottes, nicht nur als Freund, sondern als Sohn; er lebt in innerster Einheit mit dem Vater.

Nur von diesem Punkt her kann man die Gestalt Jesu wirklich verstehen, wie sie uns im Neuen Testament begegnet; alles, was uns an Worten, Taten, Leiden, an Herrlichkeit Jesu erzählt wird, ist hier verankert. Wenn man diese eigentliche Mitte auslässt, geht man am Eigentlichen der Gestalt Jesu vorbei; dann wird sie widersprüchlich und letzten Endes unverständlich. Die Frage, die sich jeder Leser des Neuen Testaments stellen muss - woher denn Jesus seine Lehre genommen habe, von wo sich sein Auftreten erkläre -, ist nur von hier aus wirklich zu beantworten. Die Reaktion seiner Hörer war klar: Diese Lehre stammt aus keiner Schule. Sie ist radikal anders als das, was man in Schulen lernen kann. Sie ist nicht Auslegung nach der Weise der Interpretation, wie sie in Schulen vermittelt wird. Sie ist anders; sie ist Auslegung „in Vollmacht": Wir werden beim Bedenken der Worte Jesu auf diese Diagnose seiner Hörer zurückkommen und ihre Bedeutung weiter vertiefen müssen.

Die Lehre Jesu kommt nicht aus menschlichem Lernen, welcher Art auch immer. Sie kommt aus der unmittelbaren Berührung mit dem Vater, aus dem Dialog von„Gesicht zu Gesicht" - aus dem Sehen dessen heraus, der an der Brust des Vaters ruhte. Sie ist Sohneswort. Ohne diesen inneren Grund wäre sie Vermessenheit. Als solche haben die Gelehrten zur Zeit Jesu sie beurteilt, eben weil sie den inneren Grund, das Sehen und Erkennen von Gesicht zu Gesicht, nicht annehmen mochten.

Für das Verständnis Jesu sind die immer wiederkehrenden Notizen grundlegend, dass Jesus sich „auf den Berg" zurückzog und dort nächtelang betete, „allein" mit dem Vater. Diese kurzen Notizen öffnen ein wenig den Schleier des Geheimnisses, lassen uns in die Sohnes-Existenz Jesu, in den Quellgrund seines Tuns und Lehrens und Leidens hineinblicken. Dieses „Beten" Jesu ist das Reden des Sohnes mit dem Vater, in das das menschliche Bewusstsein und Wollen, die menschliche Seele Jesu hineingezogen wird, so dass menschliches „Beten" Teilnahme an der Sohnesgemeinschaft mit dem Vater werden darf.

Adolf von Harnacks berühmte Feststellung, die Botschaft Jesu sei Botschaft vom Vater, in die der Sohn nicht hineingehöre, und die Christologie sei demgemäß der Botschaft Jesu nicht zugehörig - diese These korrigiert sich hier von selbst. Jesus kann vom Vater nur so reden, wie er es tut, weil er der Sohn ist und in der Sohnesgemeinschaft mit dem Vater steht. Die christologische Dimension, das heißt das Geheimnis des Sohnes als Offenbarer des Vaters, die „Christologie" ist in allem Reden und Tun Jesu anwesend.

Noch etwas Wichtiges wird hier sichtbar: Wir sagten, dass in die Sohnesgemeinschaft Jesu mit dem Vater die menschliche Seele Jesu im Akt des Betens mit hineingezogen werde. Wer Jesus sieht, sieht den Vater (Joh 14,9).

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Foto: (c) Paul Badde


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