Freimaurerei mit der christlichen Lehre unvereinbar

12. Juni 2007 in Chronik


"Sie wenden die "Methode" der Demokratie auf jede Wirklichkeit an, sogar auf die Wahrheit, das Gute" – Teil 2 des Interviews mit dem spanischen Experten Guerra Gómez, Autor von "Das Freimaurer-Komplott", Freimaurerei, Atheismus und Glaube.


Burgos (www.kath.net/Zenit.org).
Der Weltpriester Manuel Guerra Gómez aus Burgos (Spanien), Experte für Geschichte der Religionen und Autor von 25 Büchern, die vom Phänomen der Sekten und von ähnlichen Themen handeln, erläutert in diesem zweiten Teil eines ZENIT-Interviews, warum sich Freimaurerei und Glaubensüberzeugungen nicht miteinander vereinbaren lassen.

Sein jüngstes Werk trägt den Titel „La trama masónica“ („Das Freimauer-Komplott“) und ist im spanischen Verlag „Styria“ erschienen. / Teil 1 dieses Gesprächs erschien am 8. Juni.).

ZENIT: Ersetzt die Freimaurerei die Religion?

P. Guerra: Die Freimaurerei zieht – übrigens genauso wie „New Age“, eines ihrer Produkte – den Begriff „Spiritualität“ vor, der eine subjektivere Klangfarbe hat als der Begriff „Religion“.

Einige Freimaurer behaupten von sich, sie seien Christen, und bestreiten, dass die Freimaurerei eine Religion ist. Dabei sollten sie einsehen, dass sie zwei Religionen angehören: der katholischen und der der Freimaurerei. Aber für viele - vor allem für jene Freimaurer, die Agnostiker und Deisten sind - nimmt die Freimaurerei den Platz der Religion ein. Iin den freimaurerischen Schriften und in den Schriften der Freimaurer wird die Freimaurerei tatsächlich als „Religion“ und manchmal auch als „die Religion“ bezeichnet.

ZENIT: Wie ist es Ihnen möglich, sich dieser Welt zu nähern, wenn sie doch so verschwiegen ist?

P. Guerra: Ich habe viele Stunden dem Studium der Satzungen, Regeln und Rituale der verschiedenen Verbände der freimaurerischen Logen gewidmet, mit Freimaurern und ehemaligen Freimaurern in Spanien und Mexiko gesprochen und Bücher über die Freimaurerei gelesen, die von Freimaurern und solchen, die es nicht sind, verfasst wurden.

Vor ungefähr zehn Jahren habe ich zwei Sommer in Mexiko damit verbracht, täglich mit freimaurerischen und nicht-freimaurerischen Universitätsprofessoren zu sprechen. An den Nachmittagen besuchte ich die Zentren verschiedener Sekten – einige von ihnen waren para-freimaurerisch –, die an den Randgebieten der Städte zu finden sind.

ZENIT: Ist bei der Freimaurerei eine bestimmte Methode wichtiger als der Inhalt?

P. Guerra: Der Mensch benutzt außer seinem Verstand auch sein Gefühl und sein Vorstellungsvermögen. Die Empfindungen und die Vorstellungskraft können die geistige Klarheit beeinträchtigen. Aber dennoch sind es die Ideen und Überzeugungen, die dem Menschen Orientierung geben; Prinzipien schaffen menschliche Institutionen und geben ihnen ihr Ziel. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es allerdings der richtigen „Methode“.

Das griechische Wort „odos“ bedeutet „Weg“, und „met“ ist das „Ziel“, das wir erreichen wollen. In der Freimaurerei strebt die Methode die höchsten Kategorien und die höchste Wirksamkeit an, da sie ja eines der „Prinzipien“ darstellt, ja vielleicht sogar das wesentlichste: jenes, das allen anderen zugrunde liegt.

Gerade aufgrund ihrer Methode ist die Freimaurerei mit der christlichen Lehre unvereinbar. Die freimaurerische Methode – von Natur aus atheistisch – spiegelt den historischen Relativismus wider und führt zum soziokulturellen Relativismus, den sie fördert.

Alain Gérard, einer der Direktoren des „Großen Orients von Frankreich“, sagt: „Die Freimaurerei ist lediglich eine Methode.“ Ihm zufolge kann ein Freimaurer „Meinungen“ oder Überzeugungen einer bestimmten Religion halten; die freimaurerische Methode verpflichte ihn indessen, seine Meinungen „in Frage zu stellen“ und die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass sie von einem soliden rationalen System und mit der Unterstützung der Mehrheit als falsch oder überwunden deklariert werden.

„Man kann keine wirkliche Diskussion führen, wenn – wie auch immer das Ergebnis der Diskussion ausfallen mag – es stets einige Punkte geben wird, von denen man überzeugt ist, dass sie stimmen“, meint Gérard. Hierin kommt die freimaurerische „Allergie“ gegenüber Dogmen und dogmatischen und offenbarten Religionen zum Vorschein, insbesondere gegenüber dem Christentum. Und das erklärt auch, warum die Freimaurer dazu neigen, die Demokratie als einen Erfolg der Freimaurerei zu betrachten und die demokratische Methode – die Mehrheitsentscheidung – als etwas der Freimaurerei Artverwandtes. Sie wenden die „Methode“ der Demokratie auf jede Wirklichkeit an, sogar auf die Wahrheit, das Gute usw.

Der gegenwärtige Großmeister des „Großen Orients von Frankreich“, Jean Michel Quilardet, führte in einer Erklärung gegenüber der spanischen Tageszeitung „La Voz de Asturias“ am 29. Januar 2007 aus: „Man kann glauben, dass es eine nicht-atheistische Demokratie gibt, und nicht-atheistisch bedeutet nicht-freimaurerisch. Aber so, wie ich die Dinge sehe, ist der Atheismus eine Errungenschaft der Demokratie.“ Somit sind jene Demokraten, die keine Atheisten oder Freimaurer sind, wenn überhaupt Demokraten, dann Demokraten zweiter Klasse.

ZENIT: Sind die Freimaurer also eine schöpferische Minderheit? Wie steht es da mit den Christen?

P. Guerra: Die Freimaurer halten natürlich kein Monopol auf die Kreativität. Selbst wenn sie anderer Natur ist, gehört die Schöpferkraft auch den Christen - dank der Hilfe der göttlichen Gnade und des Wirkens des Heiligen Geistes. Und die christliche Kreativität ist dabei keineswegs von geringerer Art.

Um das zu zeigen, reicht es, einen Blick auf die Geschichte der Kirche und die Anpassung ihrer Evangelisierung an recht unterschiedliche soziale und kulturelle Umstände in den 2.000 Jahren ihres Daseins zu werfen. „Die Hand des Herrn ist nicht zu kurz“ (Jes 59,1), auch nicht in unseren Tagen.

Als vor einigen Jahren Papst Johannes Paul II. die kirchlichen Bewegungen „den neuen Frühling des Geistes“ nannte beziehungsweise das „neue Pfingsten“ und eine „besondere Gabe, die der Heilige Geist der Kirche an diesem historischen Zeitpunkt schenkt“, schrieb ich es anfangs seiner unglaublichen Güte zu. Die gute und heilige Person sieht das Gute in allem - genauso wie auch der gierige Mensch überall den Gewinn sieht und der lüsterne Mensch die Befriedigung.

Als ich aber an der Studie „Kirchliche Bewegungen in Spanien“ arbeitete und es mir möglich war, Einblick in die Wirklichkeit zu bekommen, hat das einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen.

Welche Schöpferkraft besitzen heute doch die Söhne und Töchter der Kirche, die vom Heiligen Geist inspiriert werden und sich von ihm führen lassen! Wie könnte die Kirche oder die Welt überleben, wenn die kirchlichen Bewegungen, die Initiativen zur christlichen Bildung, die Hilfswerke usw. verschwinden würden und in den kirchlichen und soziokulturellen Galaxien eine Art „schwarzes Loch“ hinterließen“!


© 2007 www.kath.net