28. Dezember 2006 in Deutschland
Wie die Seelsorge-Initiative "Wüstenstrom" Homosexuelle berät Ein Interview mit Diakon Markus Hoffmann.
Württemberg (www.kath.net/idea)
Die 1993 in Württemberg entstandene Seelsorge-Initiative Wüstenstrom hält Homosexualität für veränderbar. Sie hat Selbsthilfegruppen an rund 35 Orten in Deutschland. Gründer und Leiter ist Diakon Markus Hoffmann (Tamm bei Stuttgart). Mit ihm sprach Klaus-Peter Grasse
idea: Als sich im Jahr 2000 die Diskussion um die staatliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften verschärfte, forderte Wüstenstrom öffentlich zu Protesten auf. Warum hört man heute kaum noch etwas von Wüstenstrom?
Hoffmann: Das Politische war nur ein Teil unserer Arbeit. Es war damals wichtig, hat aber auch unseren Beratungsauftrag behindert. Viele Ratsuchende und Gruppenmitglieder fühlten sich politisch instrumentalisiert und als Beweis für Veränderungsmöglichkeiten missbraucht. Manche wollten aufgrund unseres politischen Engagements unser Beratungsangebot erst gar nicht in Anspruch nehmen. Wenn wir heute politische und aufklärende Arbeit machen, dann wollen wir ausdrücken, wofür wir sind und nicht mehr wogegen. Wir stehen für die Hoffnung, dass Veränderung im Bereich gleichgeschlechtlicher Orientierung möglich ist.
idea: Die Gruppe Homosexualität und Kirche (HuK) hat erklärt, Wüstenstrom akzeptiere heute gleichgeschlechtliche Beziehungen. Stimmt das? Hoffmann: Wir begleiten auch Menschen, die (noch) nicht bereit sind, ihre Homosexualität aufzugeben und Veränderung anzustreben. Dabei akzeptieren wir selbstverständlich jeden Ratsuchenden. Mit dieser ethischen Haltung, wie sie für jedes seelsorgerliche oder beratende Arbeiten notwendig ist, machen wir aber keine gesellschaftspolitische Aussage, wie die HuK und ähnliche Gruppen es gerne hätte.
idea: In der Bibel wird praktizierte Homosexualität als Sünde bezeichnet. Reden Sie davon?
Hoffmann: Nach unserer Ansicht beurteilt der biblische Befund gelebte Homosexualität eindeutig als Sünde. Etwas anderes ist, wie in der Beratung die Frage nach der Sünde eingebracht wird. Die Sünde kennzeichnet die Chance des Menschen, vor Gott verantwortlich zu werden. Wir wollen Menschen daher hin zu einer verantwortlichen Lebensentscheidung begleiten, sie aber nicht diskriminieren oder abstempeln oder in eine Richtung drängen. Wir haben leider oft erlebt, dass gerade homosexuell empfindende Menschen Entscheidungen, die sie unfreiwillig trafen, wieder verwarfen und dann zum homosexuellen Lebensstil zurückkehrten.
idea: Viele Beratungen erfolgen ergebnisoffen. Wird also alles für möglich gehalten?
Hoffmann. Für uns persönlich ist nicht alles möglich. Die Klienten wissen, dass wir uns als Berater gegen das Ausleben von Homosexualität entschieden haben. Diese Position soll aber niemanden bedrücken. Wenn der Ratsuchende sagt, er sei Christ und wolle seine Homosexualität leben, dann fragen wir, wie er mit den Ansichten anderer Christen zurechtkommt. Er soll eine eigene Haltung zu den biblischen Aussagen entwickeln und seine Beziehung zu Gott klären.
idea: In der charismatischen Bewegung gibt es die Vorstellung, dass Homosexuelle ihre Veranlagung ändern, sofern sie nur richtig glauben.
Hoffmann: Wir distanzieren uns von solchen Heilungskonzepten, weil sie oft große Enttäuschungen bewirken. Die Betroffenen erleben nicht die Veränderung eines Gefühls, sondern bekommen bei genauer Betrachtung nur Hilfen zum Unterlassen eines Verhaltens. Damit wird ihr Leben zu einem Krampf, und sie fühlen sich als Versager. Viele wenden sich dann ab vom Glauben und von jedem Weg zur Veränderung und gehen in den homosexuellen Lebensstil zurück. Wir respektieren die christlichen Gruppen, die solche Hilfskonzepte anbieten. Uns ist aber auch klar geworden, dass wir hier einen eigenen Weg gehen müssen. Dies hat in jüngster Vergangenheit zur organisatorischen Trennung von der US-amerikanischen Gruppe Living Waters (Lebendige Wasser) geführt. Wobei wir festhalten, dass wir uns mit diesen Geschwistern in einer partnerschaftlichen Weise auch weiterhin um die Menschen kümmern, die homosexuell empfinden und sich eine Veränderung wünschen.
idea: Vielen Dank für das Gespräch.
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