Papst: ‚Die Seelenstärke von Jeanne d'Arc muss uns einfach ergreifen’

2. September 2006 in Chronik


Ansprache des Heiligen Vaters nach der Aufführung von Charles Péguys "Das Mysterium der Erbarmung der Jeanne d'Arc" in Castel Gandolfo.


Rom (www.kath.net/ Zenit)
Wir veröffentlichen eine vom Heiligen Stuhl erstellte Übersetzung der Ansprache, die Papst Benedikt XVI. Mitte August nach der Aufführung eines Theaterstücks von Charles Péguy in seiner Sommerresidenz in Castel Gandolfo gehalten hat.

Der Heilige Vater verwies auf den „brennenden und klaren, von Hoffnung und Mut gekennzeichneten Glauben der Jungfrau von Orléans“ und betete darum, dass auch wir „immer tiefer in das Mysterium Christi einzudringen, um dort den Weg des Lebens und des Glücks zu entdecken“.

Die heilige Jungfrau Jeanne d'Arc (1412-1431) wird in Frankreich als Schutzpatronin verehrt. Ihrem persönlichen Kriegseinsatz verdankt ihr Land den Sieg im Hundertjährigen Krieg gegen England. 25 Jahre nach ihrem Tod als Ketzerin auf dem Scheiterhaufen wurde Jeanne d’Arc rehabilitiert, 1920 vom damaligen Papst Benedikt XV. heilig gesprochen und zur zweiten Schutzpatronin Frankreichs erklärt. Ihr Feiertag ist der 30. Mai.

Liebe Freunde!
Nach dieser hervorragenden Aufführung von „Le mystère de la charité de Jeanne d'Arc“, die ihr mir an diesem Abend geschenkt habt, danke ich von Herzen dem Erzbischof von Monaco, Bernard Barsi, wie auch der Erzdiözese Monaco, auf die diese gelungene Initiative zurückgeht, die mich bewegt hat. Herzlich begrüße ich auch den Botschafter des Fürstentums Monaco beim Heiligen Stuhl und die weiteren anwesenden Persönlichkeiten.

Das Werk von Charles Péguy, das soeben von drei sehr talentierten Schauspielerinnen für uns aufgeführt wurde, hat uns zur Entdeckung der Seele der Jeanne d'Arc und zum Ursprung ihrer Berufung geführt. Mittels einer tiefen Reflexion über Themen, die immer noch im Denken unserer Zeitgenossen gegenwärtig sind, sind wir in die Herzmitte des christlichen Mysteriums geführt worden. In diesem Text von großem Reichtum ist es Péguy gelungen, machtvoll den Schrei wiederzugeben, den Jeanne leidenschaftlich zu Gott aufsteigen lässt, als sie ihn inständig bittet, dem Elend und dem Leid, das sie um sich erblickt, ein Ende zu setzen.

Auf diese Weise gibt sie der Unruhe des Menschen und seiner Suche nach Glück Ausdruck. Die hervorragende Interpretation von „Le mystère de la charité de Jeanne d’Arc“, die uns geschenkt wurde, hat uns auch gezeigt, dass der bewegende Schrei Jeanne’s, der ihren Schmerz und ihre Ratlosigkeit zeigt, vor allem ihren brennenden und klaren, von Hoffnung und Mut gekennzeichneten Glauben offenbart. Péguy führt uns in der Meditation noch weiter und lässt uns im „Mysterium“ des Leidens Jesu das erahnen, was schließlich dem Gebet der jungen Frau Sinn verleiht, deren Seelenstärke uns einfach ergreifen muss.

Die Aufführung dieses Werkes an diesem Abend scheint mir von besonderer Bedeutung zu sein. Denn in dem internationalen Kontext, den wir heute erleben, angesichts der dramatischen Ereignisse im Nahen Osten, und der leidvollen Situationen, die durch die Gewalt in zahlreichen Regionen der Welt hervorgerufen werden, bleibt die von Charles Péguy in „Le mystère de la charité de Jeanne d’Arc“ vermittelte Botschaft eine Quelle sehr fruchtbarer Reflexion. Möge Gott das Gebet der Heiligen von Domremy und unser Gebet erhören und unserer Welt den Frieden schenken, nach dem sie sich sehnt!

Ich möchte dem Regisseur danken, der mit großer Sachlichkeit die wesentlichen Elemente dieses Meisterwerks von Charles Péguy herausgestellt hat. Ich beglückwünsche von Herzen die Darsteller, die uns eine Interpretation von hoher Qualität geschenkt haben, indem sie nicht nur ihr Talent, ihren „Beruf“ als Schauspieler, sondern auch ihre eigene Innerlichkeit in den Dienst dieses Stückes stellten. So haben sie uns hineinversetzt in die Empfindungen der Personen, die sie vor uns zum Leben erweckt haben.

Mein Dank gilt auch den technischen Mitarbeitern und allen, die zur Verwirklichung dieser Aufführung beigetragen haben, die wir in guter Erinnerung behalten werden.

Am Ende dieses schönen Abends möge uns Jeanne d’Arc helfen, immer tiefer in das Mysterium Christi einzudringen, um dort den Weg des Lebens und des Glücks zu entdecken! Auf euch alle rufe ich von Herzen die Fülle des Segens unseres Herrn herab.


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