Das Geschenk des Glaubens

27. August 2006 in Spirituelles


Predigt am 21. Sonntag im Jahreskreis von Josef Spindelböck.


Kleinhain (www.kath.net/ stjosef.at)
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Als Jesus den Zuhörern seiner Predigt in Kafarnaum ankündigte, er werde ihnen seinen Leib zum Essen und sein Blut zum Trinken geben, waren viele verständnislos und überfordert. Teilweise konnte sie und teilweise wollten sie nicht einsehen, dass durch die Macht Gottes größere Dinge möglich sind, als sie sich der menschliche Verstand ausdenken kann. Gottes Liebe und Macht ist für uns Menschen unbegreiflich.

Was Jesus da verheißen hat, übersteigt das menschliche Fassungsvermögen. In der heiligen Eucharistie schenkt uns Jesus Christus in den Gestalten von Brot und Wein das Geheimnis seiner unsagbaren Nähe. Die Liebe Gottes gibt sich hin, ja Gott gibt sich uns zur Speise und nährt das Leben des Menschen, der in seinem Herzen nach letzter Erfüllung und Vollendung sucht.

Die Entscheidung, welche die Zuhörer damals und auch wir heute zu treffen haben, bezieht sich auf Glaube und Unglaube. Wer glaubt, öffnet sich dem Worte Gottes. Er vertraut sich seiner Botschaft an, weil er im tiefsten Grund seines Herzens weiß, dass Gott ihn nicht täuschen und enttäuschen kann.

Glaube ist zutiefst ein Geschenk Gottes, eine Gnade. Niemand kann sich selber den Glauben einreden; jene Art von „Glauben“ wäre dann eine bloße Einbildung, eine Suggestion oder gar eine Wahnvorstellung. Nein, Glaube hat mit der Wirklichkeit Gottes zu tun, den wir zwar nicht sehen, der aber dennoch überall anwesend ist; er ist gegenwärtig in allem, was lebt und ist; er trägt die Welt und erhält alles im Sein, auch unser Leben ruht in seiner Hand.

Wenn Gott nun dem Menschen dieses Geschenk seiner Liebe anbietet und ihn zum Gehorsam des Glaubens einlädt, dann bleibt der Mensch dennoch frei, dieses Geschenk anzunehmen oder es zu verweigern. Gott zwingt niemanden, denn er ist Liebe. Und Liebe drängt sich nicht auf, sondern bietet sich an und lädt ein.

Es ist die Chance des Lebens, wenn der Mensch auf das Wort Gottes, das er in seiner Offenbarung an uns richtet und das uns die Kirche verkündet, die Antwort des Glaubens gibt. Wir sollen die „Stunde“ erkennen, in der es darauf ankommt, dass wir eine Entscheidung für Gott treffen. Wenn wir dies nicht tun, dann betrügen wir uns selbst um das Geschenk der Wahrheit. Wir entscheiden uns dann dafür, das Haus unseres Lebens auf Sand statt auf Felsen zu bauen; ein solches Haus aber kann keinen Bestand haben.

Somit gehören drei wesentliche Faktoren zum Glauben: die Gnade Gottes, der uns glauben hilft und uns zu ihm hinzieht (Jesus sagt, der himmlische Vater müsse es uns geben, dass wir glauben können); dann vonseiten des Menschen die klare Erkenntnis des Wortes Gottes als Gottes Wort und die willige Bereitschaft sich darauf einzulassen, das heisst den Akt des Glaubens zu setzen.

Wie dies freilich im Herzen des Menschen verwirklicht wird, bleibt ein Geheimnis, das Gott allein kennt. Denn der Heilige Geist erforscht die Herzen, er ist es, der uns antreibt zu Akten des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe.

Aber ist es noch jemand, der hier mitwirken darf: Maria, die Gottesmutter, darf nach ihrer Aufnahme in den Himmel und als vollendete und vollkommen erlöste „Frau“ mithelfen bei der geistlichen Geburt der Kinder Gottes. Diese geistliche Geburt geschieht in der Heiligen Taufe aus Wasser und Heiligem Geist, aber auch aus dem Wort Gottes, das der Mensch im Glauben annimmt und das Frucht bringt in Werken der Liebe.

So darf uns Maria als geistliche Mutter vom Himmel aus die Ströme und Schätze der Gnade zuwenden, die unser Herr Jesus Christus durch sein Leiden und Sterben am Kreuz erworben hat. Das Leben des Auferstandenen soll auch uns zuteil werden, die wir hier auf Erden pilgern: jetzt noch im Glauben, dereinst aber im Schauen, wenn wir in Gottes Liebe vollendet sind in der Herrlichkeit des Himmels.

Danken wir also Gott für die Gnade des Glaubens und bitten wir ihn auf die Fürbitte der seligen Jungfrau Maria um das Geschenk des Heiligen Geistes! Er möge uns erleuchten und stärken und im Glauben bewahren. Er führe die Nichtglaubenden und Ungläubigen zum Licht der Wahrheit, sodass auch sie Gott dem Herrn ihr ganzes Vertrauen schenken, der die Herzen der Suchenden erleuchtet und sie die Quelle des Lebens finden lässt. Gott schenke uns allen seinen Frieden, der jedes menschliche Begreifen übersteigt! Amen.

Dr. theol. Josef Spindelböck ist Gastprofessor für Moraltheologie und Ethik am International Theological Institute (ITI) in Gaming und Dozent für Ethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Diözese St. Pölten.


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