Aus Todesangst: Massenhochzeiten in Osttimor

1. Juli 2006 in Weltkirche


Krise in Osttimor: Katholiken begrüßen den Rücktritt des Ministerpräsidenten.


Osttimor (www.kath.net/KIN)
Von Massenhochzeiten im krisengeschüttelten Osttimor berichtet PaterRuedi Hofmann dem deutschen Zweig des internationalen katholischenHilfswerks "Kirche in Not" in München. "Die Leute haben aber immernoch große Angst", sagt Hofmann nach Angaben von "Kirche in Not"."Letzte Nacht hatten wir eine Rekordzahl von Flüchtlingen in unseremHaus. In etwa zehn Minuten wird in unserem Garten eineKreuzwegprozession mit anschließender Messe stattfinden", teilteHofmann am Freitagmittag mit. "Es haben sich bereits sehr viele Leuteversammelt. Es wird immer noch jeden Tag viel gebetet. In unsererPfarrkirche finden Massen-Hochzeiten statt, bis zu achtzig Paare zusammen!"

Für die Massenhochzeiten gibt der aus der Schweiz stammende Jesuitzwei Gründe an: "Erstens ist jetzt eine Gelegenheit, bei der man, ohnesich schämen zu müssen, auf ein kostspieliges Fest verzichten kann, undzweitens haben viele Paare, die schon lange zusammenleben, Angst, siekönnten in einem Bürgerkrieg umkommen, ohne vorher die Sakramentezu empfangen."

"Seit dem 24. Mai wurden unsere kirchlichen Fernsehsendungen nichtmehr gezeigt", berichtet Pater Hofmann nach Angaben von "Kirche in Not"weiter, "und jetzt steht die Station ganz still. Wir hoffen jedoch, dass wiram 12. Juli wieder beginnen können." Die Kirche in Osttimor habe achtProgramme zum Menschenrechtsbericht für die Jahre 1974 bis 1999 inVorbereitung. "Wir glauben, dass es sehr wichtig ist, dass viele Leutediese Programme sehen, denn darin wird viel erklärt, was für dieEinschätzung der gegenwärtigen Lage wichtig ist."

Der Bischof von Dili, Alberto Ricardo da Silva, habe den Rücktritt vonMinisterpräsident Mari Alkatiri begrüßt. So denken nach Meinung Hofmannsauch die meisten Katholiken. Doch seien die Demonstranten, die denRücktritt gefordert hatten, nicht nach Hause gegangen, sondern fordertenjetzt auch die Auflösung des Parlaments. Noch schlimmer sei, dass weiterhinHäuser verbrannt würden. "Die Situation wird immer mehr zu einem Chaos",sagt Hofmann.

Für die Zeit nach den Unruhen hätten Osttimors Katholiken ein Projekt zur"Re-Evangelisation". "Wir müssen Wege finden, um mit der Botschaft desEvangeliums von der Nächstenliebe Opfer von Gewalttätigkeit, die jetzt vonRachegedanken geplagt werden, anzusprechen." "Zum Glück", sagt Hofmann,"haben unsere Mitarbeiter ihren Mut und ihren Arbeitseifer noch nicht verloren.Sie machen alle sehr gut mit. So bin auch ich zuversichtlich."

In Osttimor, dem nach den Philippinen zweiten katholischen Land Asiens, leben930.000 Einwohner, davon 95 Prozent Katholiken. Der größte Teil von ihnenist erst während der indonesischen Besatzung, 1976-1999, zur katholischenKirche konvertiert.

"Kirche in Not" ruft zu Spenden für Osttimor auf Konto: 2152002, LigabankMünchen, BLZ 75090300


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