Die Mutter ist das 'Herz' der Familie

14. Mai 2006 in Spirituelles


Gedanken zum Muttertag von Dr. Josef Spindelböck.


Kleinhain (www.kath.net/stjosef.at)
Im Folgenden die Predigt im Wortlaut:

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Der „Muttertag“, den wir an diesem Sonntag feiern, ist ein ursprünglich christlicher Gedenktag. In England wurde bereits im 13. Jahrhundert der Sonntag „Laetare“ auch als „mothering sunday“ begangen, an dem man der „Mutter Kirche“ für ihre Mutterschaft dankte.

Jeder Christ, jeder Getaufte, hat Gott zum Vater und die Kirche zur Mutter. Gott hat uns ja als seine „geliebten Kinder“ angenommen (vgl. das Tagesgebet der Messe). Die Kirche als Gemeinschaft aller Glaubenden wird durch das Wasser der Taufe geistlich fruchtbar und empfängt und gebiert Kinder Gottes für das ewige Leben.

Dadurch dass man gemäß dieser alten Tradition der „Mutter Kirche“ gedachte, welche in der Jungfrau und Gottesmutter Maria ihr Urbild besitzt, wurde zugleich auch jede Mutter in diesen Dank mit einbezogen. Der Anfang des „Muttertages“ war gesetzt. Freilich ging der Brauch teilweise wieder verloren, doch zu Beginn des 20. Jh. wurde diese alte Tradition wiederbelebt, zuerst in den USA. Ann Jarvis in Grafton aus West Virginia startete am 9. Mai 1907 eine Initiative für die Einführung eines offiziellen Feiertags zu Ehren der Mütter. In Österreich wurde der Muttertag im Jahr 1924 eingeführt.

Wie aber sieht es derzeit aus in unserer Gesellschaft? Werden Frauen und Mütter wirklich ernst genommen? Gibt man ihnen, auch über den Muttertag hinaus, jene Anerkennung und Unterstützung, die ihnen gebührt? Viele Initiativen und Bestrebungen bemühen sich zwar, den Frauen insgesamt zu mehr Rechten zu verhelfen, die besondere Würde und Aufgabe des Mutterseins wird jedoch gesellschaftspolitisch zu wenig anerkannt und gewürdigt. Nicht selten tritt man für das Recht auf außerhäusliche Arbeit der Frau ein und übersieht dabei die wesentliche Berufung der Frau zur Mutterschaft.

Die Mutter ist in einer Familie nicht ersetzbar. Sie ist gleichsam das „Herz“ der Familie. Auch dort, wo eine Frau nicht biologisch Mutter geworden ist oder werden kann, soll sie doch in ihrem Wesen etwas Mütterliches ausstrahlen. Mutter sein bedeutet Leben schenken und fördern, für andere da sein, die Werte des familiären Zusammenlebens und der Eintracht hochhalten. Mutter sein heißt auch im Glauben von Gott empfangen, um diese geistigen Werte weiterzugeben an die Angehörigen und an alle Menschen.

Eine gläubige Frau ist mit Jesus Christus, dem lebendigen Weinstock, verbunden und bringt so reiche Frucht. Ohne Mütter wäre die Welt ärmer! Eine Mutter ist nicht ersetzbar – das werden auch jene bestätigen, die selber nicht das Glück hatten, in einer geordneten Familie aufzuwachsen oder die ihre Mutter frühzeitig durch den Tod verloren haben.

Der Blick zur Gottesmutter Maria zeigt uns, dass Jesus Christus, der Sohn Gottes, als Mensch geboren werden wollte aus einer Frau (vgl. Gal 4,4). Der Erlöser hat keinen bloßen Scheinleib angenommen, er ist nicht nur scheinbar Mensch geworden, sondern wirklich. Und als Beweis dafür dürfen wir die Geburt aus der Jungfrau Maria ansehen.

Im „Te Deum“ heißt es: „Du König der Herrlichkeit, Christus. Du bist des Vaters allewiger Sohn. Du hast der Jungfrau Schoß nicht verschmäht, bist Mensch geworden, den Menschen zu befreien. Du hast bezwungen des Todes Stachel und denen, die glauben, die Reiche der Himmel aufgetan.“

So wie durch eine Frau und Mutter der Tod in die Menschheit einkehrte (nämlich durch Eva, die Mutter aller Lebendigen), so wird durch eine Frau und Mutter der Menschheit das Leben wieder neu geschenkt: Die Jungfrau Maria hat durch ihr gläubiges Ja zur Menschwerdung des Sohnes Gottes den Erlöser im Namen von uns allen angenommen. Sie ist ihm Mutter geworden, und als Mutter ist sie in besonderer Weise allen Frauen und Müttern Vorbild und Fürsprecherin bei Gott!

Unter dem Schutz der Gottesmutter Maria wollen wir mit Gottes Hilfe und auch durch den Beitrag der Frauen und Mütter „an den Namen seines Sohnes Jesus Christus glauben und einander lieben, wie es seinem Gebot entspricht.“ (1 Joh 3,23)

Dr. theol. Josef Spindelböck ist Gastprofessor für Moraltheologie und Ethik am International Theological Institute (ITI) in Gaming und Dozent für Ethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Diözese St. Pölten.

Foto: © Agenzia SIR


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