Rein gewaschen im Blute des Lammes

23. April 2006 in Spirituelles


Predigt zum Barmherzigkeitssonntag von Josef Spindelböck und Hinweis über den Ablass dieses Sonntages.


Kleinhain (www.kath.net/ stjosef.at)
Im Folgenden die Predigt im Wortlaut:

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
In der zweiten Lesung aus dem ersten Johannesbrief heißt es, dass unser Herr Jesus Christus „nicht nur im Wasser gekommen“ ist, „sondern im Wasser und im Blut“. Der heutige „Weiße Sonntag“, der auch „Sonntag der Barmherzigkeit Gottes“ genannt wird, offenbart uns das Geheimnis der Erlösung durch den auferstandenen Sohn Gottes, der am Kreuz durch die Lanze des Soldaten durchbohrt wurde, woraufhin Blut und Wasser aus seiner Seite flossen.

Blut und Wasser – das ist ein Hinweis, ein Sinnbild für den Strom der Gnade, der aus dem geöffneten Herzen des Gekreuzigten und Auferstandenen fließt. Das Wasser bezeichnet das Sakrament der Taufe, das in besonderer Weise ein österliches Sakrament ist. Aus diesem Grund kamen in der alten Kirche die Neugetauften mit weißen Kleidern zum Gottesdienst, woran der Name des „Weißen Sonntags“ erinnert. Das Blut weist uns hin auf das Sakrament der heiligen Eucharistie, in dem uns der Herr begegnet als wahrer Gott und Mensch, mit Leib und Seele, mit Fleisch und Blut. Es ist das Blut des neuen und ewigen Bundes, das vergossen wurde für die Sünden der Menschen.

Der reinigende Quell des Blutes Christi wird uns aber auch in einem weiteren Sakrament zuteil: Es ist das Sakrament der Buße, von dem am heutigen „Sonntag der Barmherzigkeit Gottes“ im Evangelium die Rede ist. Nachdem Jesus, der Auferstandene, die Apostel angehaucht und ihnen gesagt hatte: „Empfangt den Heiligen Geist!“, setzte er das Sakrament der Buße ein, die heilige Beichte.

Er sprach nämlich: „Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.“ Damit hat unser Herr Jesus Christus die Vergebung aller nach der Taufe begangenen schweren Sünden in die heilige Vollmacht seiner Apostel und ihrer Nachfolger – das sind die Bischöfe und Priester – übertragen. Niemand kann Sünden vergeben, außer Gott allein. Gott aber wollte den Dienst der Versöhnung Menschen anvertrauen, die ihn im Namen Jesu Christi ausüben sollen. Die Sünde ist ja nicht nur etwas Privates, das bloß das Verhältnis des Sünders zu Gott einschließt, sondern immer auch etwas die ganze Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden Betreffendes. Folglich muss auch die Versöhnung nicht nur mit Gott erfolgen, sondern auch mit der Gemeinschaft der Kirche.

Heute am „Sonntag der Barmherzigkeit Gottes“, den wir dankbar feiern dürfen, wollen wir das Sakrament der Versöhnung mit Gott und den Menschen in besonderer Weise herausstellen. Was ist nötig, um gut zu beichten? Der Sünder muss vor allem eine wirkliche Reue haben. Eine so genannte Furchtreue aus Furcht vor der ewigen Strafe Gottes für die schwere Sünde in der Hölle und der zeitlichen Strafe für die lässliche Sünde im Fegefeuer oder hier auf Erden ist zwar im Zusammenhang des Sakraments der Buße ausreichend zur Vergebung der Sünden; noch besser aber ist die Liebesreue, bei der wir uns dessen bewusst werden, dass wir Gott, dem barmherzigen Vater, Unrecht getan haben durch unsere Sünden.

Wir haben die barmherzige Liebe unseres Erlösers zurückgewiesen, indem wir die Gebote Gottes wissentlich und willentlich übertreten haben, und dieser Schmerz der Liebe lässt uns Abstand nehmen von unserer sündigen Vergangenheit und den Weg der Umkehr beschreiten. Wie groß ist das Erbarmen des himmlischen Vaters, der in seiner Güte auch den größten Sünder wieder annimmt und aufnimmt, wenn er nur seine Sünden bereut und sich vornimmt, in Zukunft das Gute zu tun und das Böse zu meiden!

Weiters ist es bei der Beichte nötig, zumindest alle schweren Sünden nach der Taufe vor dem Priester entsprechend der Zahl und den erschwerenden Umständen zu bekennen, die noch nicht durch dieses Sakrament vergeben worden sind. Nützlich ist es aber auch, so genannte lässliche Sünden zu bekennen, da jede Sünde ein Unrecht gegenüber Gott und der Gemeinschaft der Kirche darstellt.

Hätte jemand keine wahre Reue über seine Sünden oder würde er eine schwere Sünde bewusst verschweigen, dann könnte ihm die Sünde auch nicht vergeben werden. Insofern sind die Worte des Herrn durchaus ernst gemeint, wenn es im Evangelium heißt: „Wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.“ Es ist in diesem Fall nicht die angebliche „Unbarmherzigkeit der Kirche“, welche es nicht möglich macht, dass jemand die Vergebung empfängt, sondern die fehlende innere Bereitschaft des Menschen, sich wirklich zu Gott hin zu bekehren.

Gottes Liebe mahnt und ruft die Menschen allezeit zur Umkehr. Diese Einladung gilt, solange wir leben. Wer immer den Ruf Christi hört und sich im Sakrament der Buße reinwaschen lässt durch das Blut das Lammes, wird wieder in strahlend weißem Gewand vor Gott erscheinen. Dies ist ein Sinnbild für die Heiligkeit der Seele, für den Stand der Gnade, in dem der Mensch angenommen ist und die Kindschaft Gottes wieder erlangt hat. Dann ist der österliche Friede des Auferstandenen wirklich unter uns gegenwärtig und wirksam.

Freuen wir uns in dieser österlichen Zeit, dass die Ströme der Gnade aus dem Herzen des Gekreuzigten und Auferstandenen überreich fließen! Lassen wir uns vom Apostel Thomas in seinem gläubigen Bekenntnis zu Christus ermutigen, sodass auch wir sagen können: „Mein Herr und mein Gott!“ Amen.

Hinweis: Der Ablass am Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit wird unter den gewohnten Bedingungen (Beichte mit entschlossener Abkehr von jeder Sünde, Kommunionempfang und Gebet nach der Meinung des Heiligen Vaters: Vaterunser und ‚Gegrüßet seist du, Maria’ oder ein anderes Gebet nach freier Wahl) dem Gläubigen gewährt, der in einer Kirche oder einem Oratorium an einer Feier zu Ehren der göttlichen Barmherzigkeit teilnimmt oder wenigstens vor dem Allerheiligsten das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis mit dem Zusatz einer kurzen Anrufung des barmherzigen Herrn Jesus (z.B.: ‚Barmherziger Jesus, ich vertraue auf dich!)’ betet. Ein Teilablass wird dem Gläubigen gewährt, wenn er mit reuigem Herzen eine der rechtmäßig genehmigten Anrufungen an den barmherzigen Herrn Jesus richtet. (Rom, 29. 6. 2002; AAS 94, 2002, 634–636).

Dr. theol. Josef Spindelböck ist Gastprofessor für Moraltheologie und Ethik am International Theological Institute (ITI) in Gaming und Dozent für Ethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Diözese St. Pölten.


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