Die entscheidende Sekunde

31. Dezember 2005 in Aktuelles


Beim Countdown zum Neuen Jahr müssen wir diesmal ein wenig länger zählen… Die Zeit verweist uns darauf, dass Gott unser Leben in der Hand hält. Von Dorothea Treder.


München (www.kath.net)
Zehn, neun, acht…. - die letzten Sektgläser werden schnell noch gefüllt -, sieben, sechs, fünf…. - alle zählen mit -, vier drei zwei… - das Feuer wird unter die Raketen gehalten - und: ... eins, null!!! Korken knallen, Raketen tauchen den Himmel in ein prachtvolles Farbenmeer, Böller fliegen in die Luft. „Frohes Neues Jahr“, wünschen sich Nachbarn, Familien, Freunde - alle Jahre wieder. Ein bekanntes Szenario.

In diesem Jahr aber wird eine Kleinigkeit anders sein. Da müssen wir ein bisschen mehr aufpassen beim Zählen. Denn die Weltzeit wird am 31. Dezember um 23.59 Uhr nicht um 59, sondern um 60 Sekunden heruntergezählt. Dann erst beginnt das Neue Jahr. Eine Sekunde nur ist das Jahr 2005 länger. Aber diese Sekunde entscheidet, sie ist der Angelpunkt zwischen dem alten und dem neuen Jahr.

Warum? Weil unser Planet unregelmäßig rotiert. Und weil er sich langsamer bewegt als die 250 Atomuhren ticken, mit denen die koordinierte Weltzeit festgelegt wird. Deshalb muss die sonst so wenig greifbare Zeit immer mal wieder korrigiert werden. Die letzte Korrektur dieser Art hat 1998 stattgefunden. Seit 1972 haben wir insgesamt 22 Sekunden gewonnen.

Eine Sekunde mehr im Leben. Eine Sekunde zwischen der Zeit im Hier und Jetzt und der Ewigkeit. Eine Zusatzsekunde in der Neujahrsnacht. Und doch ist es nur ein flüchtiger Moment, ein Wimpernschlag.

Natürlich braucht der Mensch die Zeit. Er ist auch auf ein Zeitgefüge angewiesen, eine Einteilung in Tage und Stunden. Im Sport auch auf Hundertstel oder Tausendstel. In der Wissenschaft sind die Einheiten noch kleiner.

Aber letztlich – trotz aller Messungen - zerrinnt die Zeit zwischen den Fingern. Festhalten kann sie niemand. Und doch ist sie Wirklichkeit. Manchmal haben wir sie nicht. Manchmal hat sie uns. Diese eine Sekunde, die uns in der Neujahrsnacht zusätzlich bleibt, weist auf dieses Paradox hin.

Wir brauchen sie, die Zeit. Wir können damit umgehen oder auch nicht. Aber was dann damit passiert, liegt nicht in unserer Hand. Vielmehr verweist uns die Zeit auf die Ewigkeit und darauf, dass Gott unser Leben in der Hand hält. Darauf, dass er uns Zeit und Leben schenkt. Darauf, dass er letztlich – und Gott sei Dank – alles im Griff hat.

„Anno Domini 2006“ also schreiben wir dann ab 0.00 Uhr, „Im Jahr des Herrn 2006“, wie die Menschen früher die Zeit nannten. Dann, wenn die Zeit eine Sekunde lang zwischen den Jahren steht.


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