22. Dezember 2005 in Aktuelles
Warum Fachärzte und Therapeuten zu mehr Sensibilität aufgefordert sind, erklärte der Grazer Psychiater Raphael M. Bonelli.
Graz (www.kath.net) Fachärzte und Therapeuten sollten sensibler mit den religiösen Bedürfnissen von Patienten umgehen. Das stellt der Grazer Psychiater Raphael M. Bonelli in einem Beitrag für die jüngste Ausgabe der Zeitschrift Imago Hominis fest. Die Zeitschrift wird vom Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) herausgegeben.
Eine 1999 veröffentlichte Studie zeigt, dass zwei Drittel der Patienten wünschen würden, im Falle einer schweren Krankheit von ihrem Arzt auf ihren Glauben angesprochen zu werden. Der spirituelle Faktor sei in der medizinischen Forschung lange tabuisiert worden, rücke nun aber vor allem in den USA wieder ins wissenschaftliche Interesse, erklärt Bonelli in seinem Beitrag Religiosität in der modernen Psychiatrie.
Europa habe darin Nachholbedarf. Studien, unter anderem jene des renommierten Psychiater Kenneth S. Kendler, würden zeigen, dass Religiosität ein protektiver Faktor sei, sowohl für Suchterkrankungen als auch bei Depression und Suizid. Religiöse Menschen sind bei Depressionen weniger stark selbstmordgefährdet und zeigen geringere Aggressivität als nicht-religiöse, ist eines der Ergebnisse.
Psychotherapeuten auch wenn sie selbst nicht derselben Glaubensgemeinschaft angehören sollten es Patienten ermöglichen, religiöse Fragen im ärztlichen Gespräch einzubringen, ist der Grazer Psychiater überzeugt. Umgekehrt sollten Seelsorger in der Lage sein, psychisch auffällige Menschen an den Fachmann weiterzuempfehlen, statt zum umfassenden Heiler zu werden, betont Bonelli.
Lesetipp: Raphael Bonelli: Religiosität in der modernen Psychiatrie
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