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| Vergebung, ein heilsames Geschenk5. Juni 2021 in Spirituelles, 1 Lesermeinung Corona und die mit der Pandemie verbundenen massiven Eingriffe in unseren Lebensstil wirken sich belastend auf fast jeden aus - Impulse, um den Willen zu einem schwierigen Akt zu stärken - Von Elisabeth Caillemer / VISION 2000 Wien (kath.net/VISION2000.at) Haben nicht die meisten von uns die Erfahrung gemacht: Corona und die mit der Pandemie verbundenen massiven Eingriffe in unseren Lebensstil wirken sich belastend auf fast jeden aus? Darunter leiden auch die zwischenmenschlichen Beziehungen. Es kommt leichter und häufiger zu Streit und bösen Worten. Besonders wir Christen sind da herausgefordert, wieder einmal über Vergebung nachzudenken. Die Autorin des folgenden Beitrags gibt nach einem Gespräch mit drei Priestern dazu einige Anregungen. Im Internet und in Buchhandlungen findet man viele Artikel und Bücher, die das Vergeben anempfehlen, „damit es einem besser geht“, „Vergeben heißt, auf sich zu schauen“, „Das geht auch ohne Glauben. Bei der neuen Vergebung geht es vor allem um dich,“ so liest man. Ein Sprichwort sagt sogar: „Vergib den anderen, nicht etwa weil sie es verdienen, sondern weil dir der Frieden zusteht.“ Es stimmt: Vergeben entlastet. Der heilige Vinzenz von Paul sagt es uns in Les Maximes spirituelles: „Wer eine Kränkung vergibt, heilt selbst die Wunde in seinem Herzen.“ Vergeben um der eigenen Erleichterung willen, verfälscht man da jedoch nicht den Sinn der Christlichen Vergebung? „Klar, dass Verzeihen angenehme psychische Auswirkungen hat,“ gibt Abbé Pierre Rineau zu. „Gutes zu tun, tut immer gut! Wenn wir hingegen sündigen, schießen wir uns immer auch ein Eigentor: Das hat negative Folgen für unsere Psyche. Ein Psychologe kann daher durchaus diese Argumente verwenden, aber die christliche Vergebung liegt auf einer anderen Ebene. Nicht um des eigenen Wohlbefindens wegen lädt uns Christus ein zu verzeihen. Vergeben ist ein Gebot der Barmherzigkeit. Gott lädt uns ein, barmherzig zu sein.“ Diese Barmherzigkeit kann sich als extrem fruchtbar für den erweisen, der uns gekränkt hat. Die Geschichte der heiligen Maria Goretti zeigt das. „Um der Liebe Christi willen, vergebe ich ihm, und ich will, dass er eines Tages mit mir im Paradies ist. Möge ihm Gott vergeben, denn ich habe es bereits getan,“ sagte sie, knapp bevor sie vor ihrem Tod über Alessandro Serenelli sprach, den Mann, der sie ermordet hatte, weil sie seinem sexuellen Drängen nicht nachgegeben hatte. Und dieser bekehrte sich später im Gefängnis und wurde schließlich Mitglied des dritten Franziskanerordens. „Ja, Vergeben bedarf eines Willensaktes, der frei gesetzt werden muss. Es gibt wohl auch kaum etwas, was mehr Willenskraft erfordert,“ erklärt Abbé Pierre Rineau, „aber möglich wird dieser Akt erst durch die Gnade Gottes: Ohne mich könnt ihr nichts vollbringen, sagt Jesus, vor allem nicht vergeben!“ Nicht nur, dass Gott uns hilft, diesen Schritt zu tun, Er verändert ihn auch, ergänzt P. Dominique Aubert: „Ich muss das Verlangen haben zu vergeben, aber damit dies vollkommen geschieht, muss man Gott um Barmherzigkeit bitten. Sonst bleibt der Akt auf der rein menschlichen Ebene.“ „Man meint nämlich, man habe Verzeihung gewährt, tatsächlich aber wurde man von der Gnade der Vergebung mitgerissen. Zu vergeben, das ist nicht Pflichterfüllung, sondern vor allem ein Geschenk der Liebe, das es mir ermöglicht – aufgrund der bedingungslosen Liebe Gottes in mir –, wahrhaft zu vergeben,“ ergänzt P. François Zannini. Seiner Ansicht nach muss man die Kraft zu vergeben aus dem täglichen Gebet schöpfen, aus der Betrachtung des Evangeliums, aber auch aus dem Empfang der Sakramente: Beichte und Eucharistie. „Denn ohne Gott ist der Mensch zu nichts fähig, vor allem nicht zu vergeben, weil es der Gnade bedarf, um zu lieben unter Hintanstellung der erfahrenen Kränkungen. Vor allem bedarf es der sakramentalen Gnade, die mich mit Christus verbindet und mir die Kraft gibt, Ihm nachzufolgen und Seinem Willen zur vollkommenen Barmherzigkeit in mir Raum zu geben.“ Wenn man auch immer wieder einmal an das Böse denkt, das einem angetan worden ist, ja, wenn man darunter leidet, heißt das nun, dass man nicht wirklich vergeben hat? „Die Vergebung löscht nicht aus, was man erlebt hat, sie liegt nicht auf derselben Ebene wie das Vergessen. Bei diesem versagt das Gedächtnis, während die Vergebung einen Willensakt darstellt,“ erklärt Abbé Pierre Rineau. „Von der Gnade bewegt, gewährt der Wille die Vergebung, aber das Gedächtnis, das auf eine Art funktioniert, die wir nicht kontrollieren können, wird uns das Geschehen neu auftischen. Erinnerungen sind auf einmal da, ohne dass man etwas dafür getan hätte. Sie stellen eine Versuchung dar, können Ursache für einen Rückfall sein. Taucht die Erinnerung wieder einmal auf, so ist das eine Einladung Gottes, neuerlich zu verzeihen. Hat man wirklich vergeben, so lässt sich das überprüfen, wenn man von Zeit zu Zeit für die betreffende Person betet. Man muss die Vergebung erneuern wie das Jawort, das man am Tag der Eheschließung oder Weihe gesprochen hat.“ „Wenn es etwas Unverzeihliches gibt, dann ist es dies: nicht vergeben zu können,“ erklärte Romain Gary. „Die Grundregel für Christen ist, alles zu verzeihen,“ stellt Abbé Rineau fest: „Gott gibt immer die Kraft dazu – man muss sie allerdings erbitten. Er mutet dem Menschen nämlich nichts zu, wofür Er ihm nicht auch die Kraft gibt, Seinem Gebot zu folgen.“ Das kann allerdings durchaus Zeit erfordern. Man kann also sagen, dass es keine unverzeihlichen Akte, wohl aber schwer verzeihliche gibt. „Dem verzeihen, der uns darum bittet, das ist einfach. Aber dem vergeben, der nicht darum bittet, ja, der in seiner Bosheit verharrt, der unsere Sanftmut missbraucht, ja, sie gegen uns wendet – das ist schwierig,“ so die Worte des Schweizer Philosophen Henri-Frédéric Amiel. Ja, die Labsal der Vergebungsbitte dessen, der uns gekränkt hat, entbehren zu müssen, das fällt schwer. „Als Christen müssen wir uns auf Den beziehen, der uns das Maß des Verzeihens vorgibt: Christus,“ so P. Dominique Aubert. „Er hat uns vergeben, ohne dass wir Ihn darum gebeten hatten: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Wir können nicht nur dem, der uns nicht darum bittet, verzeihen, wir müssten es sogar tun, präzisiert Abbé Rineau.
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