Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel rehabilitiert russischen Kriegsgegner

3. März 2024 in Weltkirche


Moskauer Kirchengericht sprach Erzpriester Uminskij Priesterwürde ab, weil er gegen den Angriff Russlands auf die Ukraine protestierte - Patriarchat von Konstantinopel widerrief russische Entscheidung, nahm den Geistlichen in den eigenen Klerus auf


Istanbul/Moskau (kath.net/KAP) Die Synode des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel hat den Moskauer Erzpriester Alexej Uminskij rehabilitiert. Diesem war von einem Moskauer Kirchengericht im Jänner die Priesterwürde aberkannt worden. Uminskij hatte dagegen beim Ökumenischen Patriarchat Protest eingelegt. Ein in der Orthodoxie unüblicher Vorgang, der aber laut dem Ökumenischen Patriarchat kirchenrechtlich gedeckt ist, wie es in einem aktuellen Kommuniqué heißt. Die Synode hat demnach auf ihrer jüngsten Sitzung am Dienstag den Fall geprüft und festgehalten, dass für das Moskauer Urteil keine kirchlichen Gründe bzw. Verfehlungen vorliegen würden, sondern das Urteil schlicht deshalb gefällt wurde, weil Uminskij ein entschiedener Gegner des russischen Angriffs auf die Ukraine ist.

Die Synode beschloss einstimmig die Wiedereinsetzung des Klerikers in seine früheren kirchlichen Ämter. Zudem wurde er in den Klerus des Patriarchats von Konstantinopel aufgenommen. Der Synode gehört derzeit auch der orthodoxe Metropolit von Austria, Arsenios (Kardamakis) an.

Erzpriester Uminskij ist einer der wenigen Gegner des Krieges, die dies auch öffentlich kundtun. Schon im Februar 2022 bezeichnete er seine Haltung als "eindeutig", er könne diese "kriegerischen Handlungen nicht unterstützen", er bete für Frieden und das schnellstmögliche Ende der Kampfhandlungen. Im November 2023 äußerte er sich in einem Interview mit dem ehemaligen Chefredakteur des geschlossenen Radiosenders Echo Moskvy ausführlich zum Krieg. 2021 hatte Uminskij zudem in einem Video dazu aufgerufen, einen Arzt zum inhaftierten Oppositionspolitiker Alexei Nawalny zu lassen, wofür er vom Fernsehsender des Moskauer Patriarchats heftig angegriffen wurde.

Am 5. Jänner 2024 war Uminskij bereits vom Dienst suspendiert und von seinem Posten als Vorsteher der Dreifaltigkeitskirche im Zentrum Moskaus entfernt worden, wobei die Eparchie keine Gründe für die Suspendierung angab. Am 13. Jänner erkannte das Moskauer Kirchengericht Uminskij die Priesterwürde ab. Nun droht im vermutlich aber auch ein Verfahren vor den staatlichen Behörden.

Uminskij ist einer der wenigen russischen Geistlichen, die zudem offen mit der Opposition sympathisieren, wie der "Nachrichtendienst Östliche Kirchen" (NÖK) berichtete. 2019 zählte er zu den Unterzeichnern eines offenen Briefs, in dem russische Geistliche nach einem massiven Einsatz der Sicherheitskräfte gegen eine Kundgebung in Moskau die Behörden aufforderten, verhaftete Aktivisten freizulassen.

Kyrill hört nicht auf Petition Gläubiger

Gläubige der Russischen Orthodoxen Kirche wandten sich mit einem offenen Brief an den russischen Patriarchen Kyrill, der auch der Stadteparchie Moskau vorsteht, um sich für Erzpriester Uminskij einzusetzen. Seine Suspendierung verursache bei ihnen "riesigen Schmerz". Uminskij habe seit 1990 unzählige Menschen zum Glauben geführt und eine "große, lebendige und aktive Gemeinde" geschaffen. Zudem betonten sie das umfangreiche soziale Engagement von Uminskij und seiner Gemeinde für schwerkranke Kinder und Erwachsene in Hospizen, für Obdachlose und Häftlinge.

Uminskijs Suspendierung und Degradierung entziehe Tausenden Menschen die spirituelle Unterstützung, "eine große Tragödie für viele Gläubige, für Patienten des Kinderhospizes, für Hunderte Häftlinge und Tausende Obdachlose". Die Verfasser hoffen, dass die Entscheidung "zugunsten des seelischen Gleichgewichts der Gläubigen" revidiert werde. Der Brief vom 9. Jänner erhielt bis zum Morgen des 11. Jänner 9.500 Unterschriften.

Zum Nachfolger Uminskijs als Vorsteher der Dreifaltigkeitskirche wurde unterdessen Erzpriester Andrej Tkatschov ernannt. Dieser ist 2014 aus der Ukraine geflohen, weil er die russische Annexion der Krim und die Gründung der "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk befürwortet hatte. Heute ist er ein aktiver Unterstützer des Krieges gegen die Ukraine, zu dem er sich häufig auf dem Fernsehsender Spas, der vom Moskauer Patriarchat betrieben wird, äußert.
Gebet für Sieg Russlands

Im Urteil vom 13. Jänner wurde die Suspendierung und Aberkennung der Priesterwürde damit begründet, dass sich der Geistliche geweigert habe, in jedem Gottesdienst das Gebet über die Heilige Rus zu beten, wie von Patriarch Kyrill angeordnet. Das "Gebet über die Heilige Rus" wurde Ende Februar 2022, also kurz nach dem Beginn der russischen Großinvasion in die Ukraine, im Moskauer Patriarchat verfasst und von Patriarch Kyrill abgesegnet. Im ursprünglichen Wortlaut war die Rede von irgendeinem Angriff auf die Heilige Rus durch andere Völker und die Rettung vor diesem Angriff.

Nach der Verkündung der Teilmobilmachung in Russland im September 2022 änderte der Patriarch den Text, die zentrale Bitte betrifft nun den Sieg gegen die Angreifer. Dieses Gebet muss in jeder Liturgie in jeder Kirche der Russisch Orthodoxen Kirche auf dem Territorium Russlands und im Ausland vorgetragen werden.

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Archovfoto: Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel


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