Adoratio-Kongresse auf Expansionskurs

2. Dezember 2023 in Spirituelles


«Eine nachhaltige Neuevangelisierung muss unbedingt mit einer Erneuerung der Wertschätzung der heiligen Eucharistie einhergehen.» Von Andrea Borneis.


Heroldsbach (kath.net/ mitgeteilt)
Rom, Saint-Maximin-la-Sainte-Baume, Notre-Dame du Laus, La Réunion, Altötting, Toulon, Neuzelle. Die Orte dieser Auflistung könnten unterschiedlicher kaum sein, und dennoch haben sie eine wunderschöne Gemeinsamkeit: Dort hat entweder schon einmal ein Adoratio-Kongress stattgefunden oder es werden dort regelmäßig Kongresse dieser Art ausgerichtet. Die sehr erfreuliche Entwicklung der letzten Jahre gibt Anlass zur Hoffnung, dass deren Zahl weiterhin steigt und eine regelrechte Bewegung entsteht, durch die die Menschen näher zum Herzen Jesu geführt werden, der in der heiligen Eucharistie wahrhaft anwesend ist, real präsent.

Was bedeutet Adoratio?
Adoratio ist das lateinische Wort für Anbetung. Die wohl knappste Begründung dafür, warum die Anbetung Gottes für uns Menschen eine heilige Pflicht ist, finden wir im Buch Kohelet: „Gott ist im Himmel, du bist auf der Erde“ (5,1). Wenn wir Gott in rechter Weise anbeten, erkennen wir in Liebe an, dass er der absolute Herr ist, womit wir das Erste Gebot befolgen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken“ (Lk 10,27). Gleichzeitig ahmen wir damit Jesus Christus nach, dessen ganzes Leben Anbetung war, denn er tat ausnahmslos alles zur Ehre seines himmlischen Vaters. Bis zum heutigen Tag betet er in jedem Tabernakel der Welt unablässig den Vater an.
Was man unter Anbetung versteht, erklärte Papst Benedikt XVI. bei einer Begegnung mit italienischen Erstkommunionkindern mit ebenso schlichten wie einfühlsamen Worten: „Anbetung ist, wenn ich erkenne, dass Jesus mein Herr ist, dass Jesus mir zeigt, welchen Weg ich gehen soll, und mich verstehen lässt, dass ich nur dann gut lebe, wenn ich den von ihm gewiesenen Weg kenne, wenn ich dem Weg folge, den er mir zeigt. Anbeten heißt zu sprechen: ‚Jesus, ich bin dein, und ich folge dir in meinem Leben. Ich möchte diese Freundschaft, diese Gemeinschaft mit dir nie verlieren.‘ Man könnte sagen, dass die Anbetung hauptsächlich eine Umarmung mit Jesus ist, wo ich sage: ‚Ich bin dein, und ich bitte dich, sei auch du immer mit mir‘“ (15. Oktober 2005). Schöner kann man es kaum sagen.

Der erste Adoratio-Kongress
Den Auftakt zu einer ganzen Serie von Adoratio-Kongressen markierte Adoratio Rom im Juni 2011. Organisatoren waren Père Florian Racine und die Priester seiner Gemeinschaft, die Missionare der Allerheiligsten Eucharistie (MSE). Hochkarätige Spezialisten, darunter sechs Kardinäle aus der Weltkirche, referierten zu dem Thema „Von der eucharistischen Anbetung zur Evangelisierung“. Bei sämtlichen Programmpunkten wurde die Aufmerksamkeit des internationalen Teilnehmerkreises auf jene Voraussetzung für die Verkündigung gelenkt, mit der erfahrungsgemäß besonders viele Gnadenströme einhergehen: auf die eucharistische Anbetung.
Bei ihrer sehr segensreichen Arbeit lassen sich die Missionare der Allerheiligsten Eucharistie immer wieder von ihrem Patron inspirieren, dem hl. Pierre-Julien Eymard. Dieser große französische Apostel der heiligen Eucharistie hatte genau das erlebt, worum es beim ersten Adoratio-Kongress ging. Zu seinen Lebzeiten, also im postrevolutionären Frankreich des beginnenden 19. Jahrhunderts, erweckte so ziemlich alles den Anschein, als sei dort die lange Geschichte des Christentums an ihrem Ende angekommen. Es herrschte eine dramatische Gottesferne. Doch – oh Wunder – überall da, wo Jesus Christus in der heiligen Eucharistie angebetet wurde, vorzugsweise rund um die Uhr, flossen die Gnaden in Strömen und die Kirche blühte tatsächlich wieder auf. Warum war das so und warum wird das auch heute so sein, wenn wir die eucharistische Anbetung wieder häufiger und mit viel Liebe praktizieren?

Durchdrungen von der Liebe Jesu
Um diese Frage zu beantworten, ist ein Blick zurück zu den Anfängen der Christianisierung ein großer Erkenntnisgewinn. Bei dem Versuch herauszufinden, worin das „Erfolgsrezept“ der wenigen Jünger Jesu bestand, die vor 2000 Jahren trotz brutaler Verfolgung mit der Evangelisierung begannen und in der Kraft Gottes die Basis dafür schufen, dass sich heute etwa ein Drittel der Weltbevölkerung zu Jesus Christus bekennt, fällt schnell auf: Jeder von ihnen war der bedingungslosen Liebe Jesu begegnet und liebte ihn innig.
Auch wir müssen also seine Liebe erfahren haben, um seine Frohe Botschaft wirksam verkünden zu können. Die Frage, die sich einem in diesem Kontext unweigerlich aufdrängt, lautet: Existiert in dieser Welt ein Ort, wo das auf jeden Fall möglich ist? Ja. Die intensivste Form der Vereinigung mit Gott erleben wir, wenn wir Jesus Christus in der heiligen Kommunion empfangen. Näher können wir dem Himmel während unseres Erdendaseins nicht kommen. Die beste Vorbereitung auf diese unfassbar großartige Begegnung mit dem allmächtigen und ewigen Gott besteht darin, den eucharistischen Herrn anzubeten, eine Gebetsform, die sowohl zur heiligen Messe hinführt als auch deren Verlängerung ist.
Je häufiger wir uns vom real anwesenden Herrn anschauen lassen, desto mehr werden wir in denjenigen umgewandelt, dem unsere Anbetung gilt. Immer tiefer zieht er uns in das unauslotbare Mysterium seiner göttlichen Liebe hinein, um uns zu befähigen, überzeugter und überzeugender daraus zu leben und zu lieben. Je mehr Jesus in uns lebt und liebt, desto mehr Strahlkraft hat unser Glaubensleben, was die notwendige Bedingung dafür ist, andere mit Jesus Christus bekanntmachen zu können. „Nemo dat quod non habet. Niemand gibt, was er nicht hat“, das wussten schon die alten Römer.

Weitere Adoratio-Kongresse
Von 2014 bis 2018 fanden die Adoratio-Kongresse der Missionare der Allerheiligsten Eucharistie im südfranzösischen Saint-Maximin-la-Sainte-Baume statt, wo sie beheimatet sind und wo sich gemäß der Tradition die Grabeskirche der hl. Maria Magdalena befindet, jener großen Liebenden, die als prominenteste Zeugin der Auferstehung Jesu von Papst Franziskus zur Apostelin der Apostel erhoben wurde.
Gott hat dieser offiziellen kirchlichen Gemeinschaft von Priestern das Charisma geschenkt, die ewige eucharistische Anbetung in Pfarreien zu fördern, was ihnen sehr gut gelingt. Bei den – je nach Wunsch – in Französisch, Englisch oder Deutsch durchgeführten Missionseinsätzen werden interessierte Gläubige zuallererst angeleitet, Jesus mehr zu lieben, denn ohne Liebe gibt es keine Anbetung.
Im Jahr 2019 sprang der Funke nicht nur auf die im Indischen Ozean gelegene französische Insel La Réunion über, sondern auch nach Altötting. Dass dieses bayerische Marienheiligtum Austragungsort eines Adoratio-Kongresses wurde, haben wir Bischof Dr. Stefan Oster SDB und dem Referat für Neuevangelisierung des Bistums Passau zu verdanken.
In Frankreich ging es danach zunächst im Marienwallfahrtsort Notre-Dame du Laus weiter, später in Toulon. Dank der Offenheit von Bischof Wolfgang Ipolt und P. Isaak Maria Käfferlein OCist kam in Deutschland im Jahr 2022 Adoratio Neuzelle hinzu.

Adoratio Heroldsbach 2024
Im nächsten Jahr wird es im deutschen Sprachraum zusätzlich zu Adoratio Altötting und Adoratio Neuzelle ein Adoratio in der oberfränkischen Gebetsstätte Heroldsbach geben, und zwar vom 5.-7. Juli 2024 (https://cvts.eu/adoratio24-heroldsbach). Das Thema „Anbeten mit dem Herzen Mariens, der Mutter der heiligen Eucharistie“ und die Referenten aus Deutschland, Frankreich, Österreich und den USA, die die eucharistische Anbetung allesamt lieben und damit viel Erfahrung haben, lassen ein Anbetungswochenende erwarten, von dem viele Gnaden ausgehen
Den Organisatoren von Adoratio Heroldsbach 2024 ist es ein Herzensanliegen, die Gläubigen an die Dringlichkeit der eucharistischen Anbetung zu erinnern, um unsere Gemeinden und unsere Welt durch Jesus Christus zu erneuern. Dass auf diese Weise Erneuerung stattfindet, hatte bereits der heilige Papst Johannes Paul II. in einem Brief an Bischof Albert Houssiau von Lüttich zum 750. Jahrestag der Einführung des Fronleichnamsfestes am 28. Juni 1996 geschrieben: „Durch die Anbetung trägt der Christ auf geheimnisvolle Weise zur radikalen Veränderung der Welt und zum Aufkeimen des Evangeliums bei. Wer zum Erretter betet, zieht die ganze Welt mit sich und erhebt sie zu Gott. Wer anbetend vor dem Herrn kniet, erfüllt daher einen außerordentlich wichtigen Dienst. Er bringt diejenigen vor Christus, die ihn nicht kennen oder die weit von ihm entfernt sind. In ihrem Namen wachen sie vor ihm.“

Maria, die Mutter der Heiligen Eucharistie
Beim Nachdenken über die heilige Eucharistie stellen wir fest, dass uns zentrale Bereiche dieses großen Geheimnisses unseres Glaubens verschlossen bleiben, wenn wir nicht die Muttergottes in unsere Überlegungen einbeziehen. Mutter und Sohn gehören zusammen, was die hl. Teresa von Kalkutta in unübertrefflicher Prägnanz und Schnörkellosigkeit zum Ausdruck gebracht hat: „No Mary, no Jesus!“ Ohne Jesu Menschwerdung, an der die Jungfrau Maria entscheidend mitgewirkt hat, gäbe es dieses Sakrament nicht.
In ihr geschah das erste Wunder der Wandlung. Das Wort Gottes war in ihrem Herzen so fest verankert, dass das ewige Wort (vgl. Joh 1,1-3) in ihr in der Kraft des Heiligen Geistes Fleisch werden konnte. Sie glaubte bedingungslos, was der Engel ihr sagte, sodass man sie als ersten Tabernakel bezeichnen kann, als ersten Ort, wo Gott leibhaftig anwesend war. Zudem war sie die erste Missionarin, nach schon kurz der Verkündigung lief sie eilig durch das karstige Bergland von Judäa zu ihrer Cousine Elisabeth, die trotz ihres hohen Alters ebenfalls einen Sohn erwartete. Ihr wollte sie beistehen, mit ihr wollte sie die Freude über die ungeheuerliche Nachricht teilen, ihr wollte sie Jesus bringen.
Als Mutter Jesu ist sie natürlich auch die Mutter der heiligen Eucharistie, in der ja derselbe Jesus gegenwärtig ist, der vor zweitausend Jahren auf unserer Erde gelebt hat. Sie war auch seine erste Anbeterin. Die Liebe und Ehrfurcht, die Maria ihrem göttlichen Kind in der Krippe erwies, war so groß, dass die Heiligen Drei Könige daran erkannten, dass sie am Ziel ihrer Reise angekommen waren.
Der hl. Pierre-Julien Eymard bat seinerzeit im Vatikan darum, ihr den Ehrentitel Unsere Liebe Frau vom Allerheiligsten Sakrament zu verleihen. Dieser Bitte kam der heilige Papst Pius X. (1835-1914), der Papst der heiligen Eucharistie, sehr gern nach. Er gewährte sogar einen Ablass, wenn wir die Muttergottes in dieser Form anrufen: „Unsere Liebe Frau vom Heiligsten Sakrament, Mutter und Vorbild der Anbeter, bitte für uns, die wir dich um Hilfe anflehen!“
Da niemand Jesus mehr geliebt hat als die Muttergottes, ist sie für den Prozess des Wachstums der Liebe zu unserem eucharistischen Herrn die beste Ratgeberin, die man sich nur wünschen kann. Ihr oberstes Ziel ist es, jeden Menschen zu ihrem Sohn zu führen. Noch heute – wie damals in Kana – fordert sie uns auf: „Tut, was er euch sagt!“ (Joh 2,5). Und was sagt er? „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid!“ (Mt 11,28).
Indem wir ihrer Herzenshaltung nachspüren, stellen wir fest, dass sie – wie es Papst Johannes Paul II. ausdrückte – eine „von der Eucharistie geprägte Frau“ (EdE, 53) ist. Das gesamte Wesen Jesu Christi ist Hingabe, und Maria ist ihrem Sohn so nahe, dass seine Hingabe mit ihrer Hingabe synchron ist. Wie überaus glücklich muss sie gewesen sein, als das kleine Herzchen des Jesuskindes anfing, im Takt mit ihrem eigenen zu schlagen. Diesem Gleichklang der Herzen entsprach eine wunderbare Übereinstimmung in den Wünschen und den Gefühlen, denn ein Einswerden in der Liebe ist immer auch ein Einswerden des Willens.


Fazit
Eine nachhaltige Neuevangelisierung muss unbedingt mit einer Erneuerung der Wertschätzung der heiligen Eucharistie einhergehen, besonders mit einer Intensivierung der eucharistischen Anbetung. Die US-amerikanischen Bischöfe haben das erkannt und sind uns in dieser Hinsicht Vorbilder. Sie starteten im Jahr 2022 ein auf drei Jahre angelegtes Programm, das ein National Eucharistic Revival, eine nationale eucharistische Renaissance zum Ziel hat. Ein starkes Zeichen der Hoffnung.

 


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