Warum im Heiligen Land drei Mal Weihnachten gefeiert wird

18. Dezember 2022 in Weltkirche


Westliche, orthodoxe und altorientalische Kirchen feiern am 24./25. Dezember, 6./7. Jänner und am 19. Jänner die Geburt Christi


Wien (kath.net/KAP) Wie vielfältig das Christentum ist, wird speziell im Heiligen Land deutlich, wo man aufgrund unterschiedlicher kirchlicher Traditionen und Kalender gleich dreimal Weihnachten feiern kann: am 24./25. Dezember, am 6./7. sowie am 19. Jänner. Das Weihnachtsfest beginnt, wie man es in jenem Teil der römisch-katholischen Kirche gewohnt ist, der dem lateinischen Ritus folgt - und auch in den reformatorischen Kirchen sowie bei den Anglikanern - am 24. Dezember nach Gregorianischem Kalender. Es ist der Heilige Abend, wie man ihn im Westen gewohnt ist. Das eigentliche Christ-Fest folgt am 25. Dezember.

Eindrucksvoll verläuft üblicherweise am 24. Dezember die Pilgerfahrt des lateinischen Patriarchen nach Bethlehem. Er zelebriert nicht in der Geburtsbasilika, sondern in der unmittelbar an die Basilika angrenzenden katholischen Katharinenkirche. Beim Gottesdienst sitzt stets der palästinensische Präsident in der ersten Reihe. Die Mitternachtsmesse aus der Katharinenkirche ist international bekannt, da große TV-Anstalten in Europa, Nord- und Südamerika, Afrika und Australien die Direktübertragung gern übernehmen, um einen stimmungsvollen liturgischen Weihnachtsakzent für ihr Publikum zu haben.

Zwei Kalender bei den Orthodoxen

Einige orthodoxe Kirchen, die in Jerusalem präsent sind (wie etwa die rumänisch-orthodoxe Kirche), feiern den Heiligen Abend und das Christ-Fest ebenfalls am 24./25. Dezember des Gregorianischen Kalenders. Andere orthodoxe Kirchen - vor allem das Patriarchat von Jerusalem, die "Mutter aller Kirchen", und die russisch-orthodoxe Kirche - halten sich an den Julianischen Kalender: Der 24. und 25. Dezember dieses Kalenders fallen auf den gregorianischen 6./7. Jänner. Demnach lässt sich das Weihnachtsfest auch in orthodoxer Version in Jerusalem zweimal erleben.

Der Höhepunkt des orthodoxen Weihnachtsfestes ist am 6. Jänner die Pilgerfahrt des orthodoxen Patriarchen von Jerusalem nach Bethlehem. Festliche Umzüge von Pfadfinder-Musikgruppen leiten die Ankunft des Patriarchen - wie auch schon die des katholischen Patriarchen knapp zwei Wochen davor - ein.

Der Patriarch und seine Begleitung werden in Bethlehem vom zuständigen orthodoxen Erzbischof zusammen mit Notabeln aller Art begrüßt. Unter dem arabischen und griechischen Gesang von zwei Chören geht es zur bescheidenen Pforte der Geburtsbasilika. Dort wird der Patriarch vom griechischen Generalkonsul und dem Bürgermeister von Bethlehem in Empfang genommen. Er schreitet sodann über den Mittelgang der Basilika - ein Vorrecht, das nur dem orthodoxen Patriarchen zusteht - zur Ikonostase, um durch die Nikolauskapelle zur Geburtsgrotte hinabzusteigen.

Nach dem Gebet in der Geburtsgrotte folgen die eigentlichen liturgischen Feiern: das Weihrauch-Opfer, die Vesper und die Basilius-Liturgie. Entsprechend dem Status quo aus osmanischer Zeit ist die orthodoxe Liturgie bereits um 15.30 Uhr beendet. Es folgt ein Festmahl im nahen orthodoxen Kloster. Abends gibt der Patriarch einen festlichen Empfang für den palästinensischen Präsidenten.

Orientalische Weihnachtsfeiern

Am 6./7. Jänner ist Weihnachten in Jerusalem und Umgebung aber noch lange nicht zu Ende. Denn die unterschiedlichen Kalender führen dazu, dass die armenisch-apostolische Kirche, die koptisch-orthodoxe Kirche und die äthiopisch-orthodoxe Kirche das Weihnachtsfest nach Julianischem Kalender am gregorianischen 19. Jänner begehen. Für die Kopten entspricht der gregorianische 19. Jänner dem 24. Tobi ihres Kalenders, für die Äthiopier ist es der 24. Terr. Die koptische Kirche benutzt den altägyptischen Kalender; ihre Jahreszählung beginnt mit dem August des Jahres 284 nach Christus, weil es damals zu einem Höhepunkt der Christenverfolgung im römischen Ägypten kam. Der äthiopische Kalender entspricht dem koptischen, nur sind die Monatsbezeichnungen in der äthiopischen Kirchensprache Ge'ez.

Die beiden afrikanischen Kirchen - die koptische und die äthiopische - sind seit dem 19. Jahrhundert mit eigenen Bischöfen und Klöstern in Jerusalem vertreten, auch an der Grabeskirche.

Noch komplizierter ist die Kalenderfrage mit der armenisch-apostolischen Kirche, die in Jerusalem ein eigenes Patriarchat hat. Die Jakobuskathedrale im armenischen Viertel ist eine der schönsten Kirchen von Jerusalem. Der armenische Kalender hat seine eigenen Monate nach dem Vorbild des altägyptischen Kalenders. Auf den gregorianischen 19. Jänner fällt der armenische 12. Arac, der dem julianischen 6. Jänner entspricht. Die armenische Kirche feiert die Geburt Jesu gemeinsam mit dem Epiphanie-Fest. Ihr 12. Arac ist daher kein 24. Dezember, sondern ein 6. Jänner. Das gilt aber nur für das armenische Patriarchat von Jerusalem, in den meisten Diözesen der armenischen Weltkirche wird seit 1923 der Gregorianische Kalender befolgt.

Mit dem Magazin "Information Christlicher Orient" informiert die in Linz ansässige "Initiative Christlicher Orient" (ICO) über die Christen im Nahen Osten und über aktuelle Hilfsprojekte, mit denen sie den Christen vor Ort ein Überleben in ihrer Heimat ermöglichen will. (Infos: www.christlicher-orient.at)

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