Reaktion auf Neuevangelisierung: Gleichgültigkeit, sich Verlieren in Alltagsgeschäften, Ablehnung

19. November 2020 in Kommentar


„Manchmal kann man besonders in Deutschland den Eindruck gewinnen, dass Verweigerungshaltung und aggressive Ablehnung der Lehre der Kirche auf synodalen Wegen institutionalisiert werden. - Kommentar von Prälat Wilhelm Imkamp


München (kath.net) „Kleider machen Leute“ weiß der Volksmund, aber auch „die Kutte macht noch keinen Mönch“. Und auch der Hauptmann von Köpenik kennt die Bedeutung von Uniformen. Auch wenn in diesem Jahr das Oktoberfest nicht stattfinden kann, fiel am Samstag, an dem sonst die Wies`n eröffnet wird, in München eine erhöhte Dirndl-und Lederhosendichte auf. Da erinnerte man sich leicht amüsiert an die Ehegattin eines bayerischen Kurzzeitministerpräsidenten, die sich weigerte, ein Dirndl anzuziehen.
 

Da sprach sogar eine nicht-bayerische Zeitung, hinter der sich laut Eigenwerbung besonders kluge Köpfe befinden sollen, von der „Instinktlosigkeit dieser Verweigerungsgeste“. Ob dieses „Dirndlgate“ zum Verlust der folgenden Wahl beigetragen hat sei mal dahingestellt. Äußerlichkeiten sind da nicht überflüssig, sondern wichtig. Durch Äußerlichkeiten kommunizieren wir mit unserer Umgebung. Vom „Totenkopfdirndl“ bis zur klassischen Tracht; und auch wenn die Lederhosen noch keinen Bayern macht, ist die demonstrative Verweigerung einer solchen auch ein Signal! Eine bayerische Tageszeitung titelte einmal „Auf der Wiese tobt ein Kulturkampf ums Dirndl“. Vor diesem Hintergrund erhält das Evangelium zum hochzeitlichen Gewand am 28. Sonntag im Jahreskreis eine ganz intensive Aktualität: Da ist jemand ohne Festkleidung auf einem Fest umso schlimmer, wenn man bedenkt, dass das Alte Testament das Geschenk von Festtagskleidern kennt (z.B. Gen. 45, 22; Richt 14,12-13; 2 Kö. 10, 22; 4 Kön 5,22). Das fehlende Gewand wäre dann eine noch größere Provokation.

Martin Luther hat das Evangelium ein „schrecklich Evangelium“ genannt und damit den ganzen Ernst dieses Textes eindringlich vorgestellt. Da sind die zuerst und exklusiv Eingeladenen, ihre Reaktion auf die Einladung reicht von Gleichgültigkeit, sich Verlieren in Alltagsgeschäften bis zur aggressiven Ablehnung, all das erleben wir auch heute als Reaktion auf die Neuevangelisierung. Manchmal kann man besonders in Deutschland den Eindruck gewinnen, dass Verweigerungshaltung und aggressive Ablehnung der Lehre der Kirche auf synodalen Wegen institutionalisiert werden. Und auch die allgemeine Einladung an „Böse und Gute“ (Matt. 22, 10b) zeigt, dass die Botschaft nicht automatisch aus Bösen Gute macht, denn die demonstrative Verweigerung des wohl geschenkten Festtagskleides zeugt von einer sehr ernsten Verweigerungshaltung. Das heutige Evangelium betont eindringlich die Willensfreiheit: „Sie aber wollten nicht kommen“ (Matt. 22,3). „Das weist uns erneut darauf hin, dass hier keine Vorherbestimmung (...) waltet, sondern die Betreffenden frei entscheiden“. Der Mensch hat einen freien Willen – mit allen Risiken und Nebenwirkungen! Weder die Einladung, noch die Annahme der Einladung reichen aus, vielmehr muss die Annahme der Einladung im Leben und damit auch nach außen sichtbar werden. Die freie Entscheidung zur Heilsverweigerung ruft erst die endgültige Reaktion des Einladenden hervor.

„Namenschristen“, deren Glaube nur auf dem Papier steht, müssen sich sagen lassen, dass sie am falschen Ort sind und werden entfernt. Die ernsten, nachhaltigen Reaktionen des Einladenden auf die verschiedenen Verweigerungsgesten lassen diesen Text tatsächlich zum „schrecklichen Evangelium“ werden. Der Mensch ist frei und deswegen sind Verweigerungsgesten möglich, die direkt in den Abgrund führen.

Aber ebenso gilt, wir sind frei, um in Freiheit der Einladung des Herrn folgen zu können. Unser freies „Ja“ muss im Alltag sichtbar werden. Den Glauben nicht in instinktloser Verweigerungsgestik verstecken, sondern das Gewand, das der Herr uns geschenkt hat, sichtbar tragen. Überprüfen wir unseren Alltag: Sind wir uns unserer Freiheit bewusst, leben wir unseren Glauben sichtbar? Wo leisten wir uns instinktlose Verweigerungsgesten?

Das „schreckliche Evangelium“ des heutigen Sonntags kann für uns zum Heil werden: Denn die Einladung steht ja, wir müssen ihr nur folgen, allerdings ernsthaft, mit allen Konsequenzen, das heißt den Glauben  sichtbar werden lassen!

 


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