Äthiopiens Bischöfe warnen vor Bürgerkrieg

8. November 2020 in Weltkirche


Große Sorge angesichts Militäroffensive der Regierung gegen Bundesland Tigray und blutige Zwischenfälle in Oromia


Addis Abeba (kath.net/KAP) Vor der Gefahr eines Bürgerkriegs in Äthiopien warnen die katholischen Bischöfe des ostafrikanischen Landes in einer aktuellen Stellungnahme zu den Spannungen zwischen der Zentralregierung und dem Bundesland Tigray. Anlass dazu gab die Eroberung einer Militärbasis durch ehemalige Soldaten der früheren Regionalregierung von Tigray, woraufhin die äthiopische Regierung den Ausnahmezustand im betreffenden Bundesstaat erklärt und eine Militäroffensive angeordnet hatte. "Wir fordern die Parteien nachdrücklich auf, ihre Differenzen im Geiste des Respekts, des Verständnisses und des gegenseitigen Vertrauens gütlich beizulegen", so der dringende Aufruf der Bischöfe.

Die Spannungen seien zuletzt trotz aller Bemühungen von religiösen und zivilgesellschaftlichen Führungspersönlichkeiten um die Entschärfung des anhaltenden Konflikts eskaliert, berichten die Bischöfe. Sie würden hoffen und beten, "dass die Menschen im gegenseitigen Respekt, und im Rahmen des Dialogs gemeinsam für das Wohl des Landes arbeiten werden". Durch Kriegshandlungen und Tötungen werde Äthiopien nichts gewinnen, sondern vielmehr auf einen "Bankrott" zusteuern, der niemandem nütze. "Alle Äthiopier" seien daher eingeladen, "aktiv zur Sache der Versöhnung beizutragen, die nationale Einheit zu stärken und Frieden und Sicherheit zu unterstützen".

In Äthiopien gibt es neben den Spannungen in Tigray noch weitere Krisenherde wie im Bundesland Oromia, wo es Massaker an äthiopisch-orthodoxen Christen gab, sowie im Bundesland Ogaden, wo zunehmend somalische Islamisten die Macht ergreifen und die örtlichen Christen bedrängen. Die äthiopisch-katholische Kirche verurteilt die anhaltende Vertreibung und Tötung schuldloser Menschen in verschiedenen Teilen des Landes nachdrücklich: "Die schrecklichen Massaker an unseren Brüdern und Schwestern haben unsere Kirche zutiefst traurig gemacht", heißt es vonseiten der Bischöfe.  

An die Katholiken in Äthiopien und in aller Welt appellierten die Kirchenvertreter, "die Situation in unserem Land genau zu beobachten und für Frieden und Versöhnung zu beten". Die Auseinandersetzungen in Äthiopien hätten seit der Föderalisierung des früher - sowohl in der Zeit des Negus als auch unter der kommunistischen Herrschaft des "Derg" - zentralistisch verwalteten Landes drastisch zugenommen.

Ordensfrau: Tigray von Außenwelt abgeschnitten

Auch die in der Stadt Adua im Tigray tätige Don Bosco-Schwester Laura Girotto bestätigt laut einem Bericht der Stiftung "Pro Oriente" die Gefährlichkeit der Situation. In einem Land, das periodisch von Konflikten, Dürre und jetzt von der Heuschreckenplage heimgesucht werde, würde eine militärische Auseinandersetzung im Tigray eine ernste Gefahr für die Bevölkerung bedeuten, so die Ordensfrau. Aktuell sei die Situation auch deshalb zugespitzt, weil Straßen- und Telekommunikationsverbindungen mit Tigray von der Zentralregierung unterbrochen worden seien.

Sr. Girotto wirkt seit 1994 in Adua, als Ortspolitiker der Stadt  um Hilfe baten, und hat hier seither mit Mitsteiterinnen das Gesundheitszentrum, eine Schule und landwirtschaftliche Betriebe aufgebaut. Derzeit errichtet sie in Adua mit Unterstützung von Sponsoren vor allem aus Italien ein neues Gesundheitszentrum "Kidane Mehret" - es ist dies die äthiopische Bezeichnung der Mutter Jesu, "Schleier der Barmherzigkeit" -, das im Endausbau 200 Betten haben und besonders Kindern, Müttern und Armen zugutekommen soll. Ein erster Trakt ist bereits in Betrieb.

Patriarch kondoliert

Der Moskauer Patriarch Kyrill I.  hat angesichts des Blutbads im Bezirk Vallega des Bundeslands Oromia ein Kondolenzschreiben an den äthiopisch-orthodoxen Katholikos-Patriarchen Mathias I. gerichtet und seine "große Sorge" über den Überfall bewaffneter Extremisten auf friedliche Christen bekundet. Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche erklärte, für die Wiederherstellung von Frieden und Eintracht im "altehrwürdigen Land Äthiopien" zu beten. Ähnlich hatte zuvor auch der Generalsekretär des Weltkirchenrats, Ioan Sauca, das Massaker angeprangert.


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