Pflege des gemeinsamen Hauses und die kontemplative Haltung

16. September 2020 in Aktuelles


Franziskus: jeder von uns kann und muss ein ‚Hüter des gemeinsamen Hauses’ werden. Warnung vor der Erderwärmung. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Dann pflanzte Gott, der HERR, in Eden, im Osten, einen Garten und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte. Gott, der Herr, ließ aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, begehrenswert anzusehen und köstlich zu essen, in der Mitte des Gartens aber den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. [...] Gott, der Herr, nahm den Menschen und gab ihm seinen Wohnsitz im Garten von Eden, damit er ihn bearbeite und hüte“ (Gen 2,8-9.15).

 

Generalaudienz im Hof des Apostolischen Palastes „San Damaso“. Die Teilnahme steht allen offen, die dies wünschen, ohne dass Eintrittskarten benötigt werden. Der Eintritt erfolgt ab 7.30 Uhr vom Bronzetor (Kolonnade rechts vom Petersplatz). Die Katechese stand unter dem Thema: „Pflege des gemeinsamen Hauses und die kontemplative Haltung“.

 

Um aus einer Pandemie herauszukommen, so der Papst, müssten wir uns gegenseitig behandeln und heilen. Und wir müssten diejenigen unterstützen, die sich um die Schwächsten, die Kranken und die alten Menschen kümmern. Die Pflegeberufe spielten so eine wesentliche Rolle für unsere Gesellschaft, auch wenn ihnen oft nicht die Anerkennung zuteil werde, die sie verdienten.

 

Zu Sorge und Fürsorge seien wir alle gerufen, und diese Haltung sollten wir auch unserem gemeinsamen Haus, der Erde, entgegenbringen. Alles Leben stehe in einem tiefen gegenseitigen Zusammenhang, und unsere Gesundheit hänge von der Gesundheit der Ökosysteme ab, die Gott geschaffen und die zu hüten er uns aufgetragen habe (vgl. Gen 2,15).

 

Der Missbrauch der Schöpfung sei daher eine schwere Sünde. Das beste Gegenmittel sei eine kontemplative Betrachtungsweise, die uns lehre, in Ruhe die Schönheit der Schöpfung zu bestaunen und den Wert zu erkennen, den die Geschöpfe in sich selbst hätten und der weit über ihren bloßen Nutzen für uns hinausgehe. Dieser innere Wert der Dinge komme ihnen von Gott her zu und sei unabhängig von unserer Bewertung.

 

Eine solche Betrachtungsweise bewahre uns auch vor einem hochmütigen Anthropozentrismus, der den Menschen absolut setze und früher oder später dazu führe, dass er den Platz Gottes einnehmen wolle. So werde die Harmonie des göttlichen Planes zerstört. Wir könnten nicht erwarten, dass wir auf materieller Ebene weiter wachsen, ohne uns um das gemeinsame Haus zu kümmern, das uns willkommen heiße: "Unsere ärmsten Brüder und Schwestern und Mutter Erde klagen über den Schaden und die Ungerechtigkeit, die wir verursacht haben, und fordern einen anderen Kurs". 

 

Die Kontemplation, die uns zu einer Haltung der Sorge führe, sei kein Blick von außen auf die Natur, als ob wir nicht in sie eingetaucht wären. Sie vollziehe sich vielmehr von innen heraus, indem sie uns als Teil der Schöpfung anerkenne und uns zu Protagonisten und nicht zu bloßen Zuschauern einer amorphen Realität mache, die nur ausgenutzt werden würde. Diejenigen, die auf diese Weise betrachten, staunten nicht nur über das, was sie sähen, sondern auch, weil sie sich als integraler Bestandteil dieser Schönheit fühlt: „und sie fühlen sich auch berufen, sie zu bewachen, sie zu schützen“.

 

Die Kontemplation lasse uns aus Gottes Perspektive – und das heißt: voll Liebe und Wohlwollen – auf seine Schöpfung schauen und entsprechend sorgsam mit ihr umgehen. Und schließlich führe uns ein solcher Blick auf die Schöpfung über die Schöpfung hinaus: „sie verweist auf den Schöpfer, auf ihn, der unser aller Ursprung und Vollender ist“.

 

Kontemplation und Sorge: dies seien die zwei Haltungen, die den Weg zur Korrektur und Neugewichtung unserer Beziehung als menschliche Wesen zur Schöpfung aufzeigten. "Viele Male", so der Papst, "scheint unser Verhältnis zur Schöpfung ein Verhältnis zwischen Feinden zu sein: die Schöpfung zu meinem Vorteil zerstören. Die Schöpfung zu meinem Vorteil ausbeuten. Vergessen wir nicht, dass dies teuer bezahlt wird. Vergessen wir nicht das spanische Sprichwort: 'Gott vergibt immer. Wir vergeben manchmal. Die Natur vergibt nie'. Heute las ich in der Zeitung von diesen beiden großen Gletschern in der Antarktis, in der Nähe des Amundsensees: sie stehen kurz vor dem Fall. Es wird schrecklich sein, denn der Meeresspiegel wird steigen, und das wird viele, viele Schwierigkeiten und so viel Böses mit sich bringen. Warum ist das so? Wegen der Ererwärmung, wei  nicht für die Umwelt, nicht für das gemeinsame Haus gesorgt wird".

 

Diejenigen, die den anderen Weg gingen, „werden zu ‚Hütern’ des gemeinsamen Hauses, zu Hütern des Lebens und der Hoffnung. Sie hüten das Erbe, das Gott uns anvertraut hat, damit künftige Generationen es genießen können“.

 

„Ich denke dabei besonders an die indigenen Völker“, so Franziskus, „denen wir alle zu Dank verpflichtet und denen gegenüber wir schuldig sind. Ich denke aber auch an jene Bewegungen, Vereinigungen, Volksgruppen, die sich für den Schutz ihres Territoriums mit seinen natürlichen und kulturellen Werten einsetzen. Diese sozialen Realitäten werden nicht immer gewürdigt, manchmal werden sie sogar behindert. Aber in Wirklichkeit tragen sie zu einer friedlichen Revolution, der ‚Revolution der Pflege’, bei.

 

Es sei jedoch nicht notwendig, an einige zu delegieren, was die Aufgabe eines jeden Menschen sei: „Jeder von uns kann und muss ein ‚Hüter des gemeinsamen Hauses’ werden, der fähig ist, Gott für seine Geschöpfe zu preisen, sie zu betrachten und zu beschützen.

 

 

Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum begrüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

 

Herzlich grüße ich die Gläubigen deutscher Sprache. Denken wir angesichts der vielen Dinge, die uns verunsichern und ängstigen, immer an eines: Der Herr des Lebens, der uns so sehr liebt, ist in dieser Welt immer gegenwärtig. Er lässt uns nicht allein, denn er hat sich endgültig mit uns verbunden du seine Liebe lässt uns immer neue Wege finden. Er sei gelobt in Ewigkeit.

 


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