Wiener Theologin vermisst bei Corona-Onlinegottesdiensten vieles – nur nicht die Hl. Eucharistie

19. August 2020 in Kommentar


Liturgieexpertin Ingrid Fischer: Gestreamte gemeindelose Messen bekräftigten ein Kirchenverständnis, das mit der zur „vollen bewussten und tätigen Teilnahme aller“ (II. Vatikanisches Konzil) am Gottesdienst „unvereinbar“ sei. Von Petra Lorleberg


Wien (kath.net/pl) Vieles ist der Wiener Theologin Ingrid Fischer bei der anspruchsvollen Vollform von Liturgie wichtig, deshalb hofft sie auf die Rückkehr zur „Normalität“ von Gottesdiensten in gewohnter Form. Sie nennt in einem Interview des „radio klassik Stephansdom“ etwa die „Freude, dem Ruf Gottes physisch Folge leisten zu können, die über die eigenen vier Wände hinaus erfahrbare Gemeinschaft in Christus und untereinander, der Reichtum symbolischer Kommunikation“ als Beispiele, wie Kathpress berichtet. Auch die Kirche als Gebäude spiele eine Rolle, denn sie eröffne einen konkreten Begegnungsraum: „Seine Bauweise, wie es eingerichtet ist, trägt dazu bei, ob und wie wir uns in der Gegenwart Gottes erfahren.“ Gläubige seien „herausgerufen“ – so die Wortbedeutung von Kirche -, um gemeinsam zwei Dinge zu tun: Gott zu ehren und seinem Handeln hier und jetzt Zeit und Raum zu geben, schildert Kathpress weiter. Trotz ihrer liturgischen Bedenken halte es die Liturgieexpertin für richtig, dass die Kirchenleitung das Verbot öffentlicher Gottesdienste während der Corona-Pandemie mitgetragen habe.

Soweit kann ich mit diesen Aussagen gut mitgehen (auch wenn mir vielleicht zu sehr der Mensch im Mittelpunkt steht statt Gott). Doch interessanterweise findet sich im Beitrag der  „kathpress“ keinerlei Erwähnung der Hl. Eucharistie, ja, die Sakramente fehlen insgesamt. Es bleibt unerwähnt, dass der wochenlange Verzicht nicht nur auf die persönliche Kommunion, sondern vor allem auch auf die Mitfeier der heiligen Geheimnisse für viele praktizierende Katholiken durchaus schmerzhaft gewesen war. Ebenso bleibt unerwähnt, dass die Not mit den Corona-Hygieneregeln zu Auswüchsen im „kreativen Umgang“ mit der Eucharistiefeier geführt hatten, die bei einem Liturgieexperten eigentlich alle Alarmsirenen hätten auslösen müssen. Auch die ausgefallenen (und möglicherweise nicht mehr nachholbaren) Krankensalbungen bei Sterbenden und die ausgefallenen Spendungen des Bußsakramentes, aber auch von Taufen und Hochzeiten hätten der Expertin durchaus zum Thema werden können. Denn sie zeigen überdeutlich, wie sehr der praktizierte Glaube sich eben gerade NICHT mit elektronischem Ersatz zufrieden geben kann, sondern die persönliche Anwesenheit und den persönlichen Mitvollzug braucht.

Einräumen möchte ich lediglich, dass mir der Interviewbeitrag selbst nicht zur Verfügung steht und ich deshalb nicht beurteilen kann, ob Frau Fischer (Programmleiterin bei der "Akademie am Dom“, verantwortet von der Erzdiözese Wien), ihr Interviewpartner vom im Auftrag der Erzdiözese Wien arbeitenden  „radio klassik Stephansdom“ oder aber die im Auftrag der Österreichischen Bischofskonferenz arbeitenden Kathpress das Fehlen des Themas „Mitfeier der Sakramente“ zu verantworten hat. Ungeachtet dessen darf die Einseitigkeit in der Thematik trotzdem eklatant stören.

Denn wenn hier so vollmundig erklärt wird, dass gestreamte, „mehr oder weniger gemeindelose“ Messen ein Kirchenverständnis bekräftigen würden, das mit der vom Konzil betonten Ermächtigung zur „vollen bewussten und tätigen Teilnahme aller“ am Gottesdienst „unvereinbar“ sei, dann darf man ebenso vollmundig feststellen, dass das Kirchen-, Sakramenten- und Liturgieverständnis, das hier in der Zusammenfassung eines Interviews zu Tage kommt, mit dem vom II. Vatikanischen Konzil definierten Verständnis ebenfalls „unvereinbar“ ist!

Der Kommentar wurde erstellt unter Verwendung von Material der KATHPRESS


© 2020 www.kath.net