Französische Nationalversammlung stimmt für neues Bioethikgesetz – „So sterben Zivilisationen“

6. August 2020 in Prolife


Abtreibung bis zur Geburt bei „psychosozialer Belastung“, staatlich finanzierte künstliche Befruchtung für lesbische und alleinstehende Frauen, gentechnische Veränderung von Embryonen, Herstellung von Mensch-Tier-Lebewesen, ...


Paris (kath.net/LifeSiteNews) Die französische Nationalversammlung, das Unterhaus des Parlaments, hat am vergangenen Samstag für den Entwurf eines Bioethikgesetzes gestimmt, das gentechnisch veränderte Embryonen, Chimären, staatlich finanzierte künstliche Befruchtung für lesbische Paare und alleinstehende Frauen und „medizinische Abtreibung“ bis zur Geburt bei „psychosozialer Belastung der Mutter“ erlaubt.

 

Die Nationalversammlung hat dabei dem Gesetzesentwurf einige Änderungen hinzugefügt, die zu Jahresbeginn vom Senat, dem Oberhaus, noch teilweise abgeschwächt worden waren. Aufgrund der wesentlichen Änderungsanträge der Abgeordneten wird das Gesetz voraussichtlich vor Ende dieses Jahres für eine zweite Anhörung an den Senat zurückgesandt werden. Es wird erwartet, dass der Senat den Text noch einmal ändert. In diesem Fall würde ein gemeinsamer Ausschuss aus Senat und Nationalversammlung gebildet, um einen Kompromisstext zu verabschieden. Wenn sich der gemeinsame Ausschuss jedoch nicht auf einen Kompromiss einigen kann, hat am Ende die Nationalversammlung das letzte Wort.

 

1994 wurde in Frankreich beschlossen, dass die Bioethikgesetze alle fünf Jahre vom Parlament zu überarbeiten sind, um mit dem laufenden „technologischen Fortschritt“ mitzuhalten. Die Überarbeitungen führten bisher zu einer größeren Manipulierbarkeit und genetischen Selektion von Embryonen, um die Geburt eines Kindes zu erreichen, das als Organspender für ein älteres Geschwisterkind verwendet wird.

 

Die Abstimmung am ersten Samstag im August um 4:00 Uhr morgens, als die meisten Franzosen auf Urlaub waren, wurde weithin als „Manipulation“ seitens der Regierung wahrgenommen. Das Ergebnis waren 60 Pro- und 37 Gegenstimmen, von insgesamt 577 Mitgliedern der Nationalversammlung. Die Diskussion wurde willkürlich auf 25 Stunden verkürzt. Eine der Hauptgegnerinnen des Gesetzes, die parteiunabhängige Abgeordnete Emmanuelle Ménard, war durchgehend anwesend, konnte jedoch nicht einmal zu Wort kommen.

 

Die neue Ausnahme der sogenannten „medizinischen Abtreibung“ bis zur Geburt bei „ psychosozialer Belastung “der Mutter war ein Last-Minute-Änderungsantrag, der noch kurz vor der Abstimmung durch den Vorsitzenden der sozialistischen Fraktion, Olivier Faure, vorgelegt wurde. Er wurde mehrheitlich angenommen. Bisher erfordern in Frankreich Spätabtreibungen (nach 12 Schwangerschaftswochen) eine ärztliche Genehmigung, die gesetzlich auf Fälle schwerer Missbildungen oder vermeintlicher Lebensunfähigkeit außerhalb des Mutterleibs beschränkt ist, oder wenn eine Schwangerschaft das Leben der Mutter gefährdet. Dieser signifikanten Änderung war eine informelle Genehmigung von Seiten des sozialistischen Gesundheitsministers Olivier Véran vorangegangen: Er hatte im April während des Covid-Lockdowns „psychosoziale Not“ als Abtreibungsgrund über die gesetzliche Frist hinaus genehmigt. Der Lebensschützer Tugdual Derville vom Verein „Alliance Vita“ twitterte, dass es noch nie möglich war, eine solche psychosoziale Not zu überprüfen. In Frankreich finden derzeit jedes Jahr bis zu 220.000 legale Abtreibungen statt.

 

Eine Hauptabsicht der Gesetzesrevision 2020 war es, LGBT-Paaren Zugang zur Fortpflanzung zu verschaffen. Dies war zuvor in umfangreichen Konsultationen diskutiert und abgelehnt worden. Die Ergebnisse der Konsultation wurden dann mit der Begründung beiseitegeschoben, dass die konservativen Teile der Gesellschaft ihre Kräfte während der Debatte mobilisiert hatten. Künstliche Befruchtung für lesbische Paare und alleinstehende Frauen wird künftig sogar von der allgemeinen Krankenversicherung finanziert. Das Gesetz erlaubt die Konservierung von Eizellen ohne medizinischen Grund.

 

Die Leihmutterschaft wurde abgelehnt. Aber alle Paare, wie auch immer sie zusammengesetzt sind, haben laut Gesetz die gleichen Rechte und Pflichten. Laut parlamentarischen Kritikern des Gesetzes wird dies noch die Tür zur Legalisierung der Leihmutterschaft aus Gründen der „Gleichberechtigung“ männlicher homosexueller Paare öffnen.

 

Durch das neue Gesetz wird dem Prinzip der „freiwilligen“ Kindschaft Vorrang vor der biologischen Kindschaft eingeräumt. Kinder, die durch Samen- oder Eizellenspende geboren wurden, gelten nicht als Kinder des Spenders oder der Spenderin, da das Gesetz die Festlegung einer Eltern-Kind-Verwandtschaft zwischen Spender und Kind ausdrücklich verbietet.

Die Nationalversammlung genehmigte auch die Einführung menschlicher Stammzellen in tierische Embryonen, was die Bildung von „Chimären“ ermöglicht und die Grenze zwischen Mensch und Tier verwischt.

 

Einige Änderungsanträge von Mitgliedern der Regierungspartei „La République en March“ wurden abgelehnt, beispielsweise die Möglichkeit für eine Frau, das Baby ihrer Partnerin auszutragen, oder die Befruchtung nach dem Tod (des Samenspenders).

 

Bischof Bernard Ginoux von Montauban kommentierte auf Twitter kurz nach der Veröffentlichung des Abstimmungsergebnisses: „So sterben Zivilisationen und wird der Geist eines Volkes auf ein Nichts reduziert. Diejenigen, die nach uns kommen werden, sind in großer Gefahr.“

 

 


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