Orthodoxe Corona-Debatte um Kommunionspendung salomonisch gelöst

1. Juli 2020 in Weltkirche


Bischöfe in der Diaspora können "vorübergehende Maßnahmen" treffen, um den Vorschriften der säkularen Behörden zu entsprechen


Wien/Genf/Istanbul (kath.net/KAP) Die in den vergangenen Monaten in der orthodoxen Weltkirche heftig diskutierte Frage des Kommunionempfangs in Zeiten der Coronavirus-Pandemie ist vom Heiligen Synod der Kirche von Konstantinopel bei seiner jüngsten Tagung in Chambesy bei Genf salomonisch entschieden worden. Trotz Corona halte die orthodoxe Kirche an der heiligen Tradition der Spendung der Eucharistie an die Gläubigen aus demselben Kelch und mit einem Löffel fest, wird in einer unter dem Vorsitz des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. beschlossenen Erklärung betont. Zugleich sei es Bischöfen aber erlaubt, in pastoraler Verantwortlichkeit "vorübergehende Maßnahmen" zu treffen - also etwa vorübergehend Einweg-Löffel bei den Gottesdiensten zu verwenden.

 

Seit über 1.000 Jahren hat sich in der Orthodoxie die Darreichung von Brot und Wein aus einem Kelch mit ein und demselben vergoldeten Löffel für alle eingebürgert. Dagegen richten sich seit Corona in zahlreichen Ländern staatliche Verbote, worauf etwa die orthodoxe US-Diaspora mit Metall-Löffelchen für jeden Kommunizierenden reagiert.

 

Die griechisch-orthodoxe Kirche in Österreich hatte für einige Zeit auf die altkirchliche Kommunionpraxis der Göttlichen Liturgie des Hl. Jakobus zurückgegriffen, bei der den Gläubigen die Kommunion in die Hand gespendet wird. Die Liturgie des Apostels Jakobus geht zumindest auf das 5. Jahrhundert zurück und war über viele Jahrhunderte hinweg die gängige Liturgie vor allem in der Kirche Jerusalems und des Heiligen Landes, sie war auch in den Patriarchaten von Antiochien und Alexandrien sehr beliebt. Im 9. und 10. Jahrhundert wurde sie allmählich von den zu Konstantinopel üblichen Formularen der Liturgien des Heiligen Johannes Chrysostomos und des Heiligen Basilius des Großen verdrängt.

 

Rund um das Thema gab es in der Orthodoxie eine anhaltende Kontroverse, zumal etwa slawische Kirchen, aber auch konservative Orthodoxe in Griechenland, die "Löffelspendung" als etwas "unaufgebbar Orthodoxes" ansehen und die Meinung vertreten, dass der göttliche Charakter der Eucharistie jeden Krankheitskeim zunichte mache.

 

Das Sakrament der Eucharistie sei nicht "verhandelbar" und die orthodoxe Kirche sehe keinerlei Anlass, die traditionelle Form der Kommunionspendung im Hinblick "auf den Druck äußerer Faktoren" zu ändern, hielt der Heilige Synod des Ökumenischen Patriarchats nun fest. Zugleich gebe die Mutterkirche im Hinblick auf die besonderen Notwendigkeiten der Gläubigen in der Diaspora den dort tätigen Bischöfen die Möglichkeit, in pastoraler Verantwortlichkeit "vorübergehende Maßnahmen" zu treffen, um den Vorschriften der säkularen Behörden zu entsprechen, "aber immer in Koordination mit dem Phanar, zum spirituellen Wohl des christlichen Volkes".

 

Bartholomaios I. hatte sich in der Causa Mitte Mai auch in einem Rundschreiben an die Oberhäupter der autokephalen orthodoxen Kirchen gewandt. In den Antwortschreiben der Kirchenoberhäupter sei Übereinstimmung mit den Auffassungen des Ökumenischen Patriarchats über die Frage der Kommunionspendung festgestellt worden, wurde in Chambesy mitgeteilt.

 

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