Deutscher Bundesinnenminister Seehofer wird Anzeige gegen taz-Kolumnistin stellen

22. Juni 2020 in Deutschland


CSU-Politiker: „Ich werde morgen als Bundesinnenminister Strafanzeige gegen die Kolumnistin wegen des unsäglichen Artikels in der taz über die Polizei stellen“ - UPDATE: Antwort vom Deutschen Presserat auf kath.net-Anfrage


Berlin (kath.net) „Ich werde morgen als Bundesinnenminister Strafanzeige gegen die Kolumnistin wegen des unsäglichen Artikels in der taz über die Polizei stellen.“ Das sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Sonntag gegenüber der „Bild“-Zeitung. Er bezog sich auf die Kolumne „All Cobs are berufsunfähig“ der Autorin Hengameh Yaghoobifarah in der linken Tageszeitung „taz“. Seehofer erläuterte gegenüber der „Bild“ weiter: „Enthemmung der Worte führt unweigerlich zu einer Enthemmung der Taten und zu Gewaltexzessen, genauso wie wir es jetzt in Stuttgart gesehen haben. Das dürfen wir nicht weiter hinnehmen.“

 

Der Ex-FAZ-Herausgeber und Publizist Hugo Müller-Vogg hatte im kath.net-Interview über den taz-Beitrag festgestellt: „Es hat sich inzwischen eingebürgert, dass manche Medien scharf schießen und hinterher „Satire“ rufen. Wobei in diesem Fall die taz-Chefredaktion erst sehr spät auf die Idee dieser Ausrede kam. Generell bin ich der Meinung, dass Satire als Satire gekennzeichnet sein sollte, wenn man Missverständnisse vermeiden will.“

 

Taz-Chefredakteurin Barbara Junge hat sich inzwischen – merklich verhalten – für den Beitrag entschuldigt. Sie schreibt: „Satire darf fast alles – sogar in ihrer Wortwahl danebengreifen. Aber Menschen, egal welcher Berufsgruppe, als Müll zu bezeichnen, widerspricht fundamental dem Selbstverständnis der taz, die sich einer menschlicheren Gesellschaft verschrieben hat. Eine Kolumne, so satirisch sie auch gemeint gewesen sein mag, die so verstanden werden kann, als seien Polizisten nichts als Abfall, ist daneben gegangen. Das tut mir leid.“

 

Immerhin räumt die Chefredakteurin ein, dass „das Ringen in der Redaktion über den Text und darüber, was gesagt werden soll, darf und muss“, „einen tieferen Konflikt in der taz“ offen lege, man darüber sogar „in einem lange schwelenden Konflikt“ Konflikt sei. Diesen Konflikt wolle man nicht verdrängen, sondern öffentlich austragen, erläuterte Junge und verwies auf einen taz-Artikel von Stefan Reinicke. Der Parlamentskorrespondent schrieb dort: Dieser „Text ist keine Satire.“ Hier sei vielmehr folgendermaßen vorgegangen worden: „Man identifiziert eine Gruppe, die in der eigenen Community als Feindbild tauglich erscheint, und bekübelt sie mit Herabwürdigungen, die ein kleines bisschen – zwinker, zwinker – lustig gemeint sind. Im Kern aber eben nicht.“ Der Schluss sei auch „kein dummer Ausrutscher“. „Nichts gegen Klicks, aber nicht auf Kosten der Aufklärung.“ „Eine Gruppe wird beschimpft, ausgegrenzt, entwürdigt. Das erinnert an rechte Hate Speech... Aber Polizisten sind selbst schuld, ist gedankenarme Ablenkung.“

 

UPDATE 9.45 Uhr:

Sonja Volkmann-Schluck, Referentin Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Presserat, antwortete am Montagvormittag auf die kath.net-Anfrage nach der bisherigen Anzahl der zur taz-Kolumne eingereichten Beschwerden: „Es sind 292 Beschwerden.“

 

Archivfoto (c) Deutsches Bundesinnenministerium/Henning Schacht


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