Fleisch von meinem Fleisch – Kulturgeschichte der „christlichen“ Ehe

7. Juni 2020 in Aktuelles


Monogame, auf Zweigeschlechtlichkeit beruhende Liebesehe, die sich in leiblicher Einswerdung vollzieht, ist keine christliche Erfindung. Dennoch hat das Christentum immer wieder Wesentliches dazu beigetragen. Von Dominik Lusser/Stiftung Zukunft CH


Winterthur (kath.net/Stiftung Zukunft CH) Es sei interessant, „dass viele soziologische und psychologische Untersuchungen zum Thema Ehe und Partnerschaft belegen, dass gelungene Beziehung jeweils den christlichen Ehevorstellungen sehr nahe kommen und die in der Bibel favorisierten Lebensformen gleichzeitig die menschenfreundlichsten sind.“ Diese, für manche vielleicht verblüffende Feststellung war 2008 in einer Rezension zum Buch von Susanne und Marcus Mockler, „Familie – der unterschätzte Glücksfaktor“, zu lesen. Das christliche Berater- und Autorenehepaar hatte eine Fülle empirischer Fakten zu Ehe und Familie zusammengetragen und daraus den Schluss gezogen: „Wenn wir wollen, dass die Menschen wieder glücklicher leben, gibt es zur Ehe keine Alternative.“

 

Ist die Ehe deswegen eine ursprünglich christliche Institution? Keineswegs. Zwar hat die Ehe im christlichen Kontext als Sakrament eine ganz neue Sinntiefe hinzugewonnen; an sich aber scheint sie so alt zu sein wie die Menschheit selbst. Beachtlich ist allerdings die Tatsache, dass die sogenannt bürgerliche Liebesehe kulturhistorisch betrachtet keine Selbstverständlichkeit ist, sondern ihre Entfaltung dem christlichen Einfluss auf die westliche Zivilisation verdankt. Auch wenn die individuellen und gesellschaftlichen Vorteile der freiwillig geschlossenen, auf Dauerhaftigkeit, Exklusivität und sexueller Treue beruhende Ehe zwischen Mann und Frau prinzipiell jedem einleuchten mag und auch in den letzten zehn Jahren aus der empirischen Sozialforschung immer neue Bestätigungen erfahren hat – durchgesetzt hat sie sich erst durch die kulturprägende Kraft des Christentums.

 

Monogame Griechen und Römer

 

Die Zweigeschlechtlichkeit der Ehe ist vor dem Auftreten der Gender-Ideologie in der Menschheitsgeschichte von niemandem infrage gestellt worden. Zwar hat es homosexuelles Verhalten zu allen Zeiten gegeben. Es wäre aber niemandem eingefallen, dieses zur Grundlage von Familie und Gesellschaft zu machen. Auch die Monogamie ist, obwohl sie ein zentrales Merkmal der christlichen Ehe darstellt, keine exklusiv christliche Errungenschaft. 85 Prozent der Gesellschaften, die je von Kulturanthropologen beschrieben wurden, lebten die Polygamie. Dennoch hat sich, angefangen von den Griechen und Römern, in den höher entwickelten Ländern nach und nach die Monogamie durchgesetzt. Japan hat die Polygamie 1880 verboten, China 1953.

 

Der kanadische Anthropologe Joseph Henrich vertritt die plausible Theorie, wonach sich die Monogamie in einem Prozess der „kulturellen Evolution“ behaupten konnte. Gesellschaften, welche die Monogamie praktizierten und diese in Normen oder Gesetzen verankerten, hatten einen Vorteil gegenüber solchen, die dies nicht taten. Ehelicht ein Mann mehrere Frauen, kommen zwangsläufig nicht alle Männer zu einer Partnerin. Die Monogamie hingegen verkleinert die Anzahl unverheirateter und dadurch frustrierter Männer und senkt somit die Zahl der Gewaltverbrechen.

 

Was aber hat dann die jüdisch-christliche Tradition zur Geschichte der Ehe beigetragen? Obwohl Griechen und Römer die monogame Ehe vorschrieben, blieb bei ihnen das Ausleben der Sexualität nicht auf diese beschränkt. Erst mit der Forderung der jüdischen Religion, dass alle sexuellen Aktivitäten in der Ehe zu kanalisieren sind, setzte – wie der jüdische Intellektuelle Dennis Prager darlegt – eine fundamentale Veränderung der antiken Welt ein.

 

Damals durchdrang die Sexualität noch praktisch alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, inklusive der Religion. Inzest zwischen Eltern und Kindern sowie die Verführung der Frau eines anderen Mannes waren zwar in der Regel verpönt oder geächtet. Vieles andere aber – Sex mit fremden Kindern; in grossen Gruppen; mit vollkommen Fremden und engsten Angehörigen; mit domestizierten Tieren – war akzeptiert. Die zentrale Unterscheidung der damaligen Sexualmoral war die zwischen aktiver und passiver Rolle. Das Geschlecht war unwichtig, weswegen Knaben und Frauen oft als austauschbare Objekte des (männlichen) Begehrens galten. Soziales Ansehen genoss laut Prager der, „der penetriert, statt penetriert zu werden.“

 

Jüdisch-christliche Revolution der Liebe

 

„Das Judentum brachte die Wende, indem es das Objekt der Begierde in den Fokus nahm und dessen Geschlecht problematisierte. Kein Mensch sei sexuell ‚austauschbar‘, hiess der neue Standpunkt“, so Prager. Dadurch erst habe sich das Verständnis von Sexualität gewandelt: „vom schlichten ‚anderen etwas antun‘ zur ‚grundlegenden Interaktion‘.“ Diese Wende war eine zentrale Voraussetzung dafür, „dass die allgemeine Wertschätzung von geschlechtlicher Liebe zwischen Mann und Frau wachsen konnte, (was die Entfaltung von Liebe und Eros in der Ehe als Massstab erst möglich machte) und der beschwerliche Prozess, den wir die Verbesserung der Stellung der Frau nennen, seinen Anfang nehmen konnte.“

Ein weiterer Meilenstein, dem wir das bis vor Kurzem allgemein anerkannte Ehe-Ideal verdanken, war der Widerstand der Kirche gegen die arrangierte Heirat bzw. die Zwangsehe. Die „christliche“ Ehe beruht nicht nur auf der Zweigeschlechtlichkeit. Sie ist nicht nur monogam und sexuell treu. Sie ist, entsprechend der Würde jeder einzelnen Person, auch an die freie Zustimmung der Ehegatten gebunden. Christliche Einflüsse verbesserten im Laufe des Mittelalters die Rechtsstellung der Frau vornehmlich im Bereich der freien Eheschliessung, was ab dem 12. Jahrhundert mehr und mehr zur Konsensehe führte: „Allein die gegenseitige Zustimmung bewirkt das Zustandekommen der Ehe“, bekräftige Papst Alexander III. (1159–1181) eine Auffassung, wie sie von christlichen Theologen entgegen römischen und germanischen Sitten schon lange vorher vertreten worden war.

 

Doch dauerte es noch lange, bis sich dieses allen Menschen einleuchtende und doch in seiner historischen Entfaltung christliche Ideal, das vom Zürcher Soziologen François Höpflinger auch als „bürgerliche Liebesehe“ mit ihrer „Dreieinigkeit von Liebe, Ehe und Sexualität“ beschrieben wird, weit verbreiten konnte. Rigide Ehegesetzgebungen, die im 18. und 19. Jahrhundert in der Schweiz beispielsweise Ehen mit Ortsfremden verboten, oder auch prekäre wirtschaftliche Verhältnisse waren dafür verantwortlich, dass viele Frauen und Männer unverheiratet bleiben mussten. Erst die Hochkonjunktur nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erleichterte es auch jungen Leuten, den Wunsch nach einer Ehe zu verwirklichen. Entsprechend sank das Heiratsalter deutlich und der Anteil der Ledigen fiel auf historische Tiefstwerte, ehe ab Beginn der 1970er-Jahre – als der christliche Einfluss auf die Gesellschaft immer mehr zurückgedrängt wurde – ein drastischer Einbruch der Erstheiratsziffer (von 90 auf 60 Prozent) einsetzte.

 

Materialistische Utopien

 

Doch obwohl schon damals linksprogressive Stimmen das baldige Ende der Ehe ankündigten, verschwand die Ehe nicht. 2016 war in einem Bericht des Bundesamtes für Statistik nachzulesen, dass „die Ehe nach wie vor die vorherrschende Beziehungsform ist“. Und 2015 kam eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts GFS Zürich zum beachtlichen Ergebnis, dass zwischen 64 und 71 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer lebenslange Partnerschaft und lebenslange sexuelle Treue nicht nur für wichtig, sondern auch für möglich halten. Schliesslich untersuchten Forscher an der University of Chicago kürzlich den Zusammenhang zwischen Ehe und Glücklichsein (The Atlantic, 2019). Dabei fanden sie heraus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sich junge Erwachsene als glücklich beschreiben, bei den Verheirateten etwa 75 Prozent höher liegt als bei den Unverheirateten.

 

Dies zeigt: Die Ehe und die ihr zugehörigen Normen sind nicht bloss soziale Konstruktion, sondern wurzelt in der Natur des Menschen, dessen Grundbedürfnisse und Sehnsüchte sich offenbar nur sehr bedingt verändern (lassen). Darum wohl sind bislang auch alle Versuche gescheitert, die Ehe durch andere Lebensformen zu ersetzen. Schon die russischen Bolschewiken setzten die Abschaffung der „bürgerlichen“ Ehe, die sie als Form der Prostitution verachteten, auf die politische Agenda. Eine neue Ethik unter dem Stichwort „erotische Kameradschaft“ (Alexandra Kollontai) sollte die weibliche Sexualität von der Mutterschaft befreien. Liberale Abreibungs- und Scheidungsgesetze setzten der Ehe ebenfalls zu. Die alle Bereiche des Lebens umfassende, sich ergänzende (arbeitsteilige) Partnerschaft der Eheleute sollte – das Gender Mainstreaming unserer Tage vorwegnehmend – durch die Kollektivierung von Hausarbeit und Kinderbetreuung ersetzt werden. Doch der durch Bürgerkrieg und Misswirtschaft verarmte sowjetische Staat war nicht in der Lage, die flächendeckende Einrichtung von Kinderhorten zu garantieren. Leo Trotzki musste 1936 eingestehen: „Es ist nicht gelungen, die alte Familie im Sturm zu nehmen.“ Doch täuschte sich der Marxist in seiner Annahme, es wären allein materielle Gründe gewesen, die den Kampf der Kommunisten gegen Ehe und Familie zum Erliegen gebracht hätten. Was die Ostkommunisten genauso wie die westlichen Neomarxisten sträflich übergingen, ist die jeder Kultur, aller Gesetzgebung und auch den jeweiligen materiellen Verhältnissen vorausliegende Natur der menschlichen Liebe und Sexualität.

 

Vom Design menschlicher Sexualität

 

Als Antwort auf die materialistisch-hedonistischen Zerrbilder menschlicher Sexualität seit den 1960er-Jahren haben sich christliche Denker und Theologen in den letzten Jahrzehnten insbesondere um ein vertieftes Verständnis der leiblichen Dimension der Ehe bemüht. Wichtige Impulse setzte etwa Papst Johannes Paul II. in den frühen 1980er-Jahren mit seiner „Theologie des Leibes“.

 

Durch die „Einswerdung im Fleisch“ (Genesis 2,24) drücken sich die Ehepartner, wenn sie das, was sie tun, auch ernst meinen, ihre gegenseitige und vorbehaltlose Liebe aus. Die im Fleisch ausgedrückte personale Einheit ist so innig und real, dass aus ihr gemeinsame Kinder hervorgehen können, die der verbindlichen und liebenden elterlichen Gemeinschaft bedürfen, um unter idealen Bedingungen aufzuwachsen. Mit anderen Worten: Die Struktur der menschlichen Sexualität selbst weist auf die Ehe als angemessene Lebensform hin. Auch wenn kulturgeschichtlich gesehen die Zusammengehörigkeit von Liebe, Ehe und Sexualität häufig keine Selbstverständlichkeit war, findet deren intrinsische Verbindung doch in der Erkenntnis ihre Begründung, dass menschliche Sexualität nicht auf das Triebhafte reduziert werden kann, sondern als wahrhaft personaler Akt alle Ebenen des Menschseins berührt. Nur unter Einbezug der körperlichen, der psychologisch-emotionalen sowie der sozial-personalen Ebene erlebt der Mensch, wie die Psychologie heute weiss (Tabea Freitag, Fit for love?, 2015) , Sexualität als stimmig, d.h. als Ausdruck seiner Identität und Liebe.

 

Der amerikanische Philosoph J. Budziszewski zeigt meisterhaft auf, „wie dicht die verschiedenen Stränge unseres sexuellen Designs verwoben sind“: „Gegenseitige und vollständige Hingabe, starke Gefühle der Bindung, intensive Lust und die Zeugung neuen Lebens sind durch die menschliche Natur in einem einzigen Komplex von Bedeutungen und Zwecken verbunden. Deshalb spalten wir uns selbst, wenn wir versuchen, diese auseinanderzudividieren.“ Wer den sexuellen Kräften ihre objektive Bedeutung abspricht, wie es die heute an Schulen vermittelte Verhandlungsmoral tut, verletzt eben nicht bloss ein von der Kirche tradiertes moralisches Gebot, sondern sich selbst.

 

Die folgenschwere Trennung von Sexualität und Fruchtbarkeit durch die Pille vor 80 Jahren, als deren „Nachverkaufservice“ (Thérèse Hargot) die Legalisierung der Abtreibung folgte, hat wesentlich zur Banalisierung der Sexualität beigetragen, die Promiskuität befördert und der Etablierung der Homosexualität als moralisch akzeptierte Ausdrucksform menschlicher Sexualität den Weg geebnet. Durch die künstliche Befruchtung wurde es vor gut 40 Jahren schliesslich möglich, nicht mehr nur die Sexualität von der Fruchtbarkeit zu trennen, sondern auch die Fortpflanzung vom sexuellen Akt loszukoppeln. In diesem Kontext ist die gegenwärtige Infragestellung der „bürgerlich-christlichen“ Ehe durch die „Ehe für alle“ zu sehen, mit der auch ein „Recht“ aller auf ein Kind eingefordert wird.

 

Leibferne Gegenwartskultur

 

Sind Kinder nicht das unverfügbare Geschenk aus der leiblichen Vereinigung ihrer Eltern – die homosexuellen Paaren prinzipiell nicht möglich ist –, werden sie zum Objekt, wenn nicht gar zur gehandelten Ware, wie die Praxis der Leihmutterschaft zeigt.

 

Aus der durch die Reproduktionsmedizin vorangetriebenen Entpersonalisierung und Virtualisierung der Weitergabe des Lebens folgt die Fragmentierung der natürlichen Ganzheit von Zeugung, Schwangerschaft, Geburt und Kindheit, was nicht nur die Eltern-Kind-Beziehung schwer beschädigt, sondern auch die Paarbeziehung der sozialen „Eltern“ grossen Spannungen aussetzt. Es zeigt sich, dass der Leib nicht bloss beliebiges Rohmaterial für menschliches Handeln ist, sondern integraler Bestandteil der eigenen Identität: Aus dem seiner Art nach einzigartigen leiblichen Zusammenwirken von Mann und Frau stammt, wenn es menschlich zu und her gehen soll, jedes neue Leben. Der Leib ihres gemeinsamen Kindes aber ist der lebendige Zeuge eben dieses Beziehungsgeschehens.

 

Folgende Analogie drängt sich auf: Die Ehe nicht mehr auf die Leiblichkeit von Mann und Frau und deren Potential zur Weitergabe des Lebens zu gründen, stattdessen aber die Reproduktion künstlich in Labors und gemietete Gebärmütter auszulagern, ist dem Wesen „inkarnierter“ Liebe ebenso fremd, wie es dem tiefen Empfinden wahrhaft Liebender widerspricht, eine Beziehung ausserhalb von Raum und Zeit zu führen. Durch den Leib ist die menschliche Existenz an diese Dimensionen gebunden. Eheliches Leben verlangt darum nach fortdauernder Präsenz und dem physischem Einssein, das nur einem Mann und einer Frau möglich ist. Sagt ein Liebender zur Geliebten, er liebe sie, wisse aber nicht, ob er sie auch morgen noch lieben werde, so kann dies auch jetzt keine Liebe sein. Und ebenso finden sich keine wahrhaft Liebenden, die sich mit virtuellen Kontakten zufriedengeben.

 

Die Würde der leiblichen Dimension der menschlichen Existenz hervorzuheben erscheint dringend in einer Zeit, in welcher der Leib zunehmend zum blossen Instrument der Selbstverwirklichung eines autonom gedachten Geistes erniedrigt wird. Symptomatisch dafür ist die zunehmende Anzahl junger Menschen, die es in Ermangelung einer gesunden Geschlechtererziehung und guter Vorbilder nicht mehr als sinnstiftend erfährt, mit einem männlichen oder weiblichen Leib geboren zu sein. Ebenso aufrüttelnd sind Berichte über junge Männer, die sich nicht mehr die Mühe nehmen, das Herz einer Frau zu gewinnen, weil sie ihre sexuellen Bedürfnisse dem Schein nach auch online befriedigen können.

„Fleisch von meinem Fleisch“

 

Die geistige Ressource, mit der christliche Denker schon in der Antike der dualen Weltsicht des Gnostizismus entgegentraten, ist der biblisch bezeugte Glaube an die Menschwerdung Gottes, die ganz konkret als Fleischwerdung zu verstehen ist. Gott ist in Jesus Christus in Raum und Zeit eingegangen, um dem Menschen persönlich zu begegnen und die Gutheit der materiellen Schöpfung durch ihre Erlösung zu bestätigen.

 

Mit der kürzlich verstorbenen Philosophin Alma von Stockhausen kann die Inkarnation des Logos mit Fug und Recht als Angelpunkt der Weltgeschichte gesehen werden, der den Leib – nicht zuletzt wegen der christlichen Lehre von der Auferstehung – in den Mittelpunkt theologischer und philosophischer Reflexion rückte. In einer neognostisch inspirierten, seltsam leibfernen Zeit, welche für die Sprache des Leibes geradezu taub geworden zu sein scheint, ist es – wie eh und je – eine wichtige Aufgabe von Christen, das Auge für das zu schärfen, was an sich jedem einleuchten könnte, von der vorherrschenden Kultur aber verdunkelt wird.

 

Die monogame, auf Treue beruhende und auf Dauer angelegte Liebesehe ist nicht genuin christlich, wenn das Christentum auch über die Jahrhunderte immer wieder Wesentliches dazu beigetragen hat, das ins Herz des Menschen eingeschriebene Ideal der Ehe von Mann und Frau sichtbar und lebbar zu machen. Die Ehe in diesem Sinn ist, wie der Psychiater Christian Spaemann nüchtern konstatiert, „die kulturelle Antwort auf die Natur des Menschen als personales und geschlechtliches Wesen“. Das scheint schon Adam im Paradies geahnt zu haben, als er nach der Erschaffung Evas begeistert ausrief und dichtete: „Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Frau (isha, wörtlich: Männin) soll sie genannt werden; denn vom Mann (ish) ist sie genommen.“ (Genesis 2,23). „Darum verlässt“, wie es im Buch Genesis weiter heisst, „der Mann Vater und Mutter und hängt seiner Frau an und sie werden ein Fleisch.“

 

Der Autor leitet den Fachbereich Werte und Gesellschaft bei der Stiftung Zukunft CH


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