Zwischen Glauben und Geld – die Karten werden neu gemischt

25. Mai 2020 in Kommentar


Die Zuckungen, die wir jetzt spüren, könnten die Vorwehen der Geburt einer deutlicher ärmeren, dafür deutlich missionarischeren Kirche sein. Die heutigen Religionsmanager können dann Seelsorger sein - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)

Es hat sich herumgesprochen, dass die fetten Jahre für die Kirchenfinanzen ein abruptes Ende gefunden haben. Erst jüngst hatte man sich noch damit beruhigt, dass bis erst 2060 die Kirchensteuern auf die Hälfte des Niveaus von 2019 fallen werden. Die Frist von 40 Jahren wäre überschaubar gewesen. Langfristige Maßnahmen sind schon längst eingeleitet und konnten auf Basis des Gutachtens validiert werden. Die Diözesen investieren in werthaltige und langlebige Objekte. Die Gemeinden sind geldfressende Sorgenkinder und kommen an die kurze Leine. Der Sozialkonzern Kirche boomt derweil.

 

Jetzt muss die Finanzreform auf einmal sehr viel schneller gehen. Das Coronavirus hat auch die Kirchensteuer befallen. Konservative Schätzungen sehen einen Rückgang um 1,5 Milliarden Euro für die deutschen Diözesen. Etliche Bistümer haben schon mit Haushaltsmaßnahmen, darunter einge Haushaltssperren, reagiert. Plötzlich ist der Geldsegen futsch. Als würde das nicht reichen, rückt auch noch die Ablösung der Staatsleistungen in greifbare Nähe. Gleich mehrere Parteien wollen den jährlichen Zahlungen zu Leibe rücken und endlich den Auftrag aus der Weimarer Reichsverfassung zur Ablösung nachkommen.

 

Das muss kein Nachteil für die Kirche sein. Weder der Einbruch der Kirchensteuer noch die Ablösung der Staatsleistungen bedrohen den Kern der Kirche. Im Gegenteil kann man erneut darauf hinweisen, dass die Rede Papst Benedikt XVI. von der Entweltlichung der Kirche prophetische Rede war. Völlig zu Recht hatte der Papst auf die Säkularisation verwiesen. Was rein äußerlich für die Kirche als Katastrophe erschien, erwies sich als segensreich. Im preußischen Kulturkampf waren die Bischöfe keine Landesherren mehr und konnten, teilweise sogar als Bekenner, den Gläubigen zur Seite stehen. Aus Fürsten waren Seelsorger geworden.

 

In der jüngsten Krise konnten wir erkennen, dass die an Geld allzu reich gewordenen Bistümer irrelevant geworden ist. Die Kirchenfürsten sind zwar keine Landesherren mehr, werden aber wie solche vergütet und treten wie weltliche Manager in Erscheinung. Maßnahmen in der Krise waren Maßnahmen den Managements. Was in der Krise auf der Strecke blieb waren nicht nur die Alten, die in Heimen vereinsamten. Der Sozialkonzern passte seine Regeln einfach den Regeln des Staates an. Der Dienst an den Armen, Alten und Kranken um Christi Willen, der die Caritas ist, ist von einer gewinnorientierten Dienstleistung mit frommem Anstrich abgelöst worden. Auch in kirchlichen Altenheimen wurde in den letzten Wochen einsam gestorben.

 

Klerus und Episkopat sperrten in der Krise die Laien einfach aus. Es gab keine Taufen, keine Trauungen, keine Beerdigungen. Das wurde von oben dekretiert. Kein Pfarrer durfte vor Ort entscheiden. Die Macht wurde per Direktive von oben nach unten ausgeübt. Subsidiarität und Solidarität, die Grundpfeiler kirchlichen Handelns waren ausgehebelt. Der Heilsdienst der Kirche wurde durch die Heidenangst der Funktionäre schachmatt gesetzt. Bischöfe monierten die Eucharistiefixierung von Gläubigen. Deutlicher kann sich die fundamentale Krise der Kirche nicht ausdrücken. Die Geschichte wird über die Kirche in unserem Land in unseren Tagen dereinst sagen: Die Kirche war reich an Geld und arm an Glauben. In der Krise verließ sie die Menschen.

 

Es kann ein prophetisches Zeichen sein, dass genau jetzt der Beginn der finanziellen Wende der Kirche einzusetzen scheint. Es mag noch viele Jahre dauern und es wird ein schmerzhafter Prozess gegen starke Beharrungskräfte sein. Die Zuckungen, die wir jetzt spüren, könnten die Vorwehen der Geburt einer deutlicher ärmeren, dafür deutlich missionarischeren Kirche sein. Die heutigen Religionsmanager können dann Seelsorger sein.

 

Foto: (c) pixabay


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