Italien: Polizei löst Gebetsversammlungen in Kirchen auf

9. April 2020 in Weltkirche


Die Versammlungen zum Gebet widersprachen den geltenden Ausgangsbeschränkungen. Das Recht auf freie Religionsausübung besteht, wer eine Kirche besucht, begibt sich in einen rechtlichen Graubereich.


Rom (kath.net/jg)
Die italienische Polizei hat Priester und Gläubige, die sich in Kirchen versammelt haben, wegen Verstößen gegen die geltenden Ausgangsbeschränkungen angezeigt.

Die Verstöße könnten zu Geld- oder sogar Haftstrafen führen. Unter Rechtsexperten ist die Gültigkeit der zugrunde liegenden Anordnungen angesichts des von der Verfassung garantierten Rechts auf Religionsfreiheit umstritten, berichtet CRUX.

In Italien ist es nur aus vier Gründen zulässig, das Haus oder die Wohnung zu verlassen: Einkäufe in Lebensmittelläden oder Apotheken, der Weg zum Arbeitsplatz, wenn die Arbeit als notwendig eingestuft ist, der Besuch eines Arztes oder Krankenhauses und der Weg zurück nach Hause.

Stefano Montesano, Professor für Kirchenrecht und Kanonistik an der Magna Graecia Universität in Catanzaro (Italien) bezeichnet die Situation hinsichtlich des Rechts auf freie Religionsausübung als „verwirrend“. Es gebe verschiedene Vorschriften, die einander überlappen: Gesetze, Verordnungen der Regierung, von Ministerien und von lokalen Behörden.

Einerseits sei es erlaubt, Gotteshäuser offen zu halten. Andererseits seien die Möglichkeiten, sich außer Haus zu bewegen, auf wenige notwendige Bedürfnisse eingeschränkt. Es sei den Bürgern grundsätzlich erlaubt, Gotteshäuser zu betreten. Im Rahmen der Ausgangsbeschränkungen sei es aber zweifelhaft, ob dies auch tatsächlich legal möglich sei. Wer sein Haus verlässt, muss ein Formular ausfüllen, auf dem er eine Begründung dafür angibt. In den meisten Fällen werde ein Weg in die Kirche von den Behörden nicht als Grundbedürfnis akzeptiert.

Das Vorgehen der Polizei gegen Versammlungen in Gotteshäusern sei nachvollziehbar. Bei Gottesdiensten sei die Gefahr der Ansteckung groß.

Carmine Petrilli ist ein Priester, in dessen Kirche die Polizei eine eucharistische Anbetung aufgelöst hat, obwohl die zehn bis zwanzig Teilnehmer nach seinen Angaben genügend Abstand voneinander gehalten haben. Er sieht in dem Eingreifen der Polizei keinen direkten Angriff auf die Religionsfreiheit. Die verschiedenen Erlässe der Behörden seien in Eile erfolgt, um die Ausbreitung der Krankheit Covid-19 unter Kontrolle zu bringen. Niemand habe Erfahrung mit Situationen dieser Art, betont er. Trotzdem hält er das Eingreifen der Polizei für übertriebene Strenge.

Er hält das Gebet für ein Grundbedürfnis des Menschen. Dazu gehöre auch das Gebet in Gemeinschaft mit anderen. Die Menschen brauchen die Unterstützung anderer, ein ermutigendes Wort, das ihnen Glauben und Hoffnung gibt, sagte er. In den Kirchen sei genug Platz, um Abstand zu halten und die Gefahr einer Ansteckung zu minimieren. In der Kirche sei das viel besser möglich als in einem Supermarkt oder sogar einem Krankenhaus, betonte er.


Foto: Symbolbild




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