Papst nimmt Rücktritt von Lyons Erzbischof Kardinal Barbarin an

7. März 2020 in Aktuelles


Vom Vorwurf der Missbrauchsvertuschung freigesprochener Kardinal hatte zuletzt erklärt, er könne sich keine weitere Zukunft an der Spitze der Erzdiözese Lyon vorstellen


Paris, 6.3.2020 (KAP) Papst Franziskus hat das Rücktrittsangebot des französischen Kardinals Philippe Barbarin (69) als Erzbischof von Lyon angenommen. Dies teilte der Vatikan am Freitag mit. Barbarin war Ende Jänner in einer Berufungsverhandlung in zweiter Instanz vom Vorwurf der Nichtanzeige sexueller Übergriffe freigesprochen worden. Schon unmittelbar nach dem Justiz-Entscheid hatte der Kardinal aber erklärt, dass er sein Amt als Erzbischof erneut in die Hände des Papstes legen wolle, um ein neues Kapitel für die Erzdiözese Lyon aufzuschlagen, die er seit 2002 geleitet hatte.

Der Kardinal war zunächst im März 2019 wegen Nichtanzeige von sexuellem Missbrauch in erster Instanz schuldig gesprochen und zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Der Vorwurf lautete, er habe Fälle sexuellen Missbrauchs durch den Ex-Priester Bernard Preynat nicht bei den staatlichen Behörden angezeigt.

Barbarin legte Berufung ein und nahm sich in der Folge eine Auszeit als Erzbischof. Ein erstes Rücktrittsangebot von Barbarin lehnte der Papst mit Blick auf das damals noch laufende Berufungsverfahren ab; er übertrug die Leitung der Erzdiözese Lyon aber im Juni 2019 übergangsweise dem früheren Bischof von Evry-Corbeille-Essonnes, Michel Dubost (77).

Vor einem Monat schilderte Barbarin in einem Interview im Wochenmagazin "Le Point", dass er sich trotz des Freispruchs keine weitere Zukunft an der Spitze der Erzdiözese Lyon vorstellen kann. Er sehe sich als Wallfahrtspriester, als Prediger bei geistlichen Exerzitien oder als Seelsorger in Madagaskar, wo er schon in den 1990er Jahren als Priester arbeitete.

In "Le Point" bekräftigte Barbarin auch, er habe "niemals gewollt oder daran gedacht irgendetwas zu vertuschen". Das habe ihm auch das Berufungsgericht bestätigt. "Diese Angelegenheit wird mir jetzt trotzdem immer anhängen", hielt er gleichzeitig fest. Dem Missbrauchstäter Preynat gegenüber habe er es "an Mut und Entschlossenheit fehlen lassen", so der Kardinal. "Ich habe immer - fälschlich - gedacht, das hätten meine Vorgänger alles schon gelöst."

Der 2019 aus dem Klerikerstand entlassenen frühere Priester Bernard Preynat (74) soll vor drei Jahrzehnten Dutzende Kinder sexuell missbraucht haben. Ein staatliches Gerichtsverfahren gegen den Mann läuft. Die Verhandlungstage vor einem Gericht in Lyon sorgte Mitte Jänner für großes öffentliches Aufsehen, ein Urteil soll am 16. März fallen.

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