Türen- und Kirchenbilder – und die Braut bleibt die Braut!

28. Februar 2020 in Kommentar


Wenn die aufregende Braut Christi zur angepassten Biederfrau mutiert, wie soll sie dann noch glaubhaft von der größten Liebe des Universums erzählen? - BeneDicta am Freitag von Gudrun Trausmuth über nachsynodale Verwirrungen


Wien (kath.net)
Bereits am Ende der Amazonien-Synode und auch nach Erscheinen der „Querida Amazonia“ fiel in Bezug auf die Frage einer eventuellen Lockerung der Ausnahmeregelungen für den Zölibat die Verwendung einer bestimmten Metapher auf: das Bild eines Hauses mit einer Tür.

Direkt nach der Synode bzw. nach Erscheinen des Synodenpapiers überwog die Formulierung, es sei „eine Tür aufgemacht“. Nun, nach dem postsynodalen apostolischen Schreiben, hört man Sätze wie „Papst Franziskus habe die Tür nicht wieder zugemacht“ von mehreren maßgeblichen Bischöfen. Im Gegensatz dazu verwendete Vatikan-Experte Guido Horst die nämliche Metapher genau andersherum: „In seinem Schreiben zur Amazonas-Synode öffnet der Papst keine Tür für die Lockerung des Zölibats oder die Diakonenweihe von Frauen.“ (Die Tagespost, 14.2.) Bischof Erwin Kräutler wiederum meinte „dass der Papst die Tür für die Diakoninnen-Weihe schließe, sei ein strategischer Fehler.

Also, was jetzt? Tür auf, Tür zu oder Tür nicht zu? Das Bild wird in Bezug auf „Querida Amazonia“ von allen möglichen Positionen her gebraucht, sowohl von den Enttäuschten, als auch von Erleichterten.

Mode geworden ist besagte Türenmetapher wohl aber über eine andere Öffnung in der Mauer: Papst Johannes XXIII. soll einer - offenbar nie bestätigten - Anekdote zufolge nach seinem Amtsantritt gesagt haben „Macht die Fenster der Kirche weit auf!“ – was gleichsam als Signalwort der Dynamik des II. Vaticanums (1958-63) interpretiert wurde und wird. Auch wenn der Ursprung des Bildes ungesichert ist, seine Beliebtheit ist jedenfalls ungebrochen, die kontextuelle Fluidität hoch; so lautete – unglaublich, aber wahr! - jüngst ein Tweet von Cardinal Czerny SJ: „Borders should be windows, the Mediterranean frontiers of windows, like the Church's windows thrown open by St John XXIII sixty years ago“ !
Zurück zum Bild: Ein Haus mit geschlossenen oder offenen Türen und Fenstern als Metapher für die Kirche in der Welt? Egal, wie nun der Status der einzelnen Maueröffnungen sein mag, abgrenzende Mauern stehen bei diesem Bild in jedem Falle da.

Was könnte dies über das Selbstbild der Kirche aussagen? Vielleicht, dass man sich nicht als die Erde durchwirkend (Salz der Erde, Licht der Welt, Mt 5,13) und durchdringend versteht, sondern als abgegrenzten Raum, der durch Neuerungen von außen zu gestalten sei?! Also keine missionarische Bewegung der Kirche in Richtung der Welt, sondern vielmehr umgekehrt??
Betrachten wir ein anderes „Türenbild“ kirchlicher Rede: Johannes Paul II. begann sein Pontifikat mit dem Zuruf „Habt keine Angst, öffnet die Türen für Christus!“ und er setzte fort: „Öffnet die Grenzen der Staaten, die wirtschaftlichen und politischen Systeme, die weiten Bereiche der Kultur, der Zivilisation und des Fortschritts seiner rettenden Macht!“ Die Richtung und die Kraft, um die es hier geht, ist sehr klar: Hier sind es die Türen der Welt in all ihren Dimensionen, die für Christus weit aufgemacht werden sollen. Der gefährlich hermetisch gewordene Raum ist in diesem Sprechen nicht die Kirche, sondern die Welt.

Immer noch hallt der Ruf des heiligen Papstes durch die Zeiten, jener wirkmächtige Ruf, der wenige Jahre später Mauern einstürzten ließ und menschenverachtende Systeme an ihr Ende brachte.

Genau diese Dynamik der Freisetzung in Christus, diese missionarische Kraft, brauchen wir heute in der Kirche! Aber keine müden Spekulationen über „doch nicht geschlossene Türen“, die mühsam eine vom Papst durch „Querida Amazonia“ beendete Debatte reanimieren sollen. Eine peinliche Hermeneutik der Nullstellen entlarvt die Funktionalisierung der Amazonas-Thematik für Machtdiskussionen (Weiheämter für Frauen) und Strukturreformen (Ausnahmeregelungen vom Zölibat für viri probati), die seit Jahrzehnten auf der Agenda kirchpolitischer Player stehen. Säkulare Sichtweisen möchten das Übernatürliche (denn was ist der Zölibat anderes als das Zeugnis grenzenlosen Vertrauens auf die übernatürliche Gnade?) verdrängen. Aber die Kirche als „Stein des Anstoßes“ soll ja eben von etwas Ungeheurem künden, dem ewigen Reich des Vaters, in das Christus uns führen will! - Das könnte die Kirche sicher nicht mehr, wenn sie etwa mittels synodaler Zwangswege in eine unauffällige, brave, und damit völlig uninteressante Befindlichkeitswerkstatt umgebaut würde. Denn wenn die aufregende Braut Christi zur angepassten Biederfrau mutiert, wie soll sie dann noch glaubhaft von der größten Liebe des Universums erzählen?

„Öffnet die Türen für Christus!“ Im Jahr seines 100. Geburtstags möge der hl. Papst Johannes Paul II. uns helfen, die Türen zu öffnen – für Christus! Mit missionarischer Dynamik und mit „der Kraft und Zärtlichkeit“ Mariens (Querida Amazonia, 101).


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