Gott hat keine Angst vor deiner Geschichte!

5. Jänner 2020 in Chronik


Mut, sich seinen Problemen zu stellen: Die Therapeutin Friedegard Warkentin sprach auf der MEHR-Konferenz in Augsburg. Von Petra Knapp-Biermeier.


Augsburg (kath.net/pkb) Zum Thema „Ganz ganz sein“ sprach die deutsche Therapeutin Friedegard Warkentin in ihrem Vortrag am Sonntag auf der MEHR-Konferenz in Augsburg. Warkentin ist Supervisorin, System- und Traumatherapeutin sowie Gründerin und Leiterin der Therapeutischen Gemeinschaft ESER 21 in Augsburg.

Das Wort „Therapie“ sei bei Christen oft negativ besetzt, bemerkte die Therapeutin und verheiratete Mutter zweier Töchter. Jesus sei jedoch „der größte Therapeut“; seine Jünger seien gleichsam eine „therapeutische Gruppe“ gewesen, eine Gruppe, in der Heilung passierte. Unter Christen ortet Warkentin ein hohes „Leugnungspotential“, was Probleme betrifft.

Christen wünschten zwar „gut, nett und freundlich“ zu sein und sich richtig zu verhalten; viele wollten nicht richtig hinschauen, „was in der Tiefe bei ihnen los ist“, Probleme würden weggedrückt, berichtet Warkentin aus ihrer Erfahrung. Der Auftrag, anderen zu helfen und ihnen nahe zu sein, scheitere dann genau an den eigenen verdrängten Verletzungen.

Die Therapeutin appellierte an die Teilnehmer der MEHR2020, genau ins eigene Herz zu schauen, dorthin wo du dich gefangen oder gebunden fühlst, wo Süchte sind etcetera. „Du trägst vieles heimlich mit dir herum.“ Viele Menschen seien fixiert auf den „Kopf“, also darauf, ihr Leben mit Hilfe der Vernunft auf die Reihe zu kriegen.

Gott entgegne dieser Haltung jedoch: „Verlass dich nicht auf deinen Verstand.“ Der Verstand müsse gebraucht und von Gott erhellt werden, damit „echte Weisheit wächst“. Es gebe einen großen Unterschied zwischen Wissen und Weisheit: „Wissen ist Macht, Weisheit ist eine Brücke zum anderen.“ Sich allein über den Verstand zu retten, sei gefährlich und führe zu tiefen Schäden, denn der Mensch sei viel mehr.

„Die ungeheilten Wunden sind Zielscheiben des Feindes, sind Trigger, wo er seine Pfeile hinein setzt“, mahnte Warkentin. Sie kenne viele kompetente Personen, die Kleinigkeiten – etwa ein irritierender Anruf – komplett aus der Fassung bringen, sodass sie irrationale Entscheidungen treffen, die mit ihren ungeheilten Wunden zu tun haben.

Über diese Verletzungen seien wir jedoch permanent „angreifbar“ und deswegen führe kein Weg daran vorbei, sie zu bearbeiten und ins Licht der Wahrheit zu halten. „Wenn du unter Druck kommst, was kommt da raus aus dir?“, führte sie die Teilnehmer durch ein „Mini-Therapie“. „Ich wusste gar nicht, dass ich soviel Misstrauen in mir habe, so viele Schmerzen und Rebellion“, bekannte die Therapeutin aus ihrem eigenen Leben.

„Wir gehen in eine Zeit hinein, wo wir Christen ein neues Standing brauchen“, ermutigte sie die Zuhörer. Jesus warte darauf, „dass wir den Mut haben, da hin zu schauen“. Warkentin: „Gott hat keine Angst vor deiner Geschichte, vor den Leichen in deinem Keller. Er weiß, dass wir nicht gut sind, aber unendlich kostbar und liebenswert.“


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