„Warum die Pachamama-Verehrung im Vatikan keine Belanglosigkeit war“

19. November 2019 in Kommentar


„Dieser Pachamama-Kult drückt den Glauben an die Erde als lebendiges und persönliches Wesen aus, deshalb handelt es sich hier um Synkretismus, der Trügerisches in den christlichen Kult einführt.“ Gastkommentar von Bischof Athanasius Schneider


Vatikan (kath.net) Am 4. Oktober 2019, dem Fest des hl. Franz von Assisi, wurde im Beisein von Papst Franziskus und anderer hoher kirchlicher Würdenträger in den Vatikanischen Gärten eine Zeremonie abgehalten, die einen eindeutig religiösen Charakter hatte, wie es aus der Mitteilung des Vatikanischen Pressesaals vom 4. Oktober 2019 hervorgeht: „Während der Gebetszeremonie fand zum Abschluss der Initiative ‚Zeit für die Schöpfung‘, die kürzlich von Papst Franziskus gefördert wurde, die Pflanzung eines Baumes aus Assisi als Symbol für eine ganzheitliche Ökologie statt, um die Amazonas-Synode dem hl. Franziskus zu weihen, der Wiederkehr des 40. Jahrestages der päpstlichen Verkündigung des Poverello von Assisi als Patron der Ökologieliebhaber. Am Ende der Feier rezitierte der Heilige Vater das Vaterunser Gebet. An der Zeremonie nahmen Vertreter der Ureinwohner Amazoniens, Franziskaner und verschiedene Vertreter der Kirche teil.”

Was diese Erklärung verschwiegen hat, ist die Tatsache, dass während dieser Gebetszeremonie religiöse Riten aus den heidnischen Religionen der Ureinwohner Amerikas stattfanden. Es wurden Gesten und Worte verrichtet, die eine religiöse Verehrung von mythologischen Gestalten der Ureinwohner-Religion zum Ausdruck brachten, vor allem wurden Akte der Prostration vor zwei nackten schwangeren Frauengestalten verrichtet, welche die Fruchtbarkeit darstellen sollten. Es wurde auch ein religiöser Tanz um diese Gestalten aufgeführt, bei dem eine als Schamanin gekleidete Frau Rasseln verwendete, die heidnische Fruchtbarkeitsgötter darstellten. Der Gebrauch der „Maracas“ oder Rasseln durch den Schamanen bedeutet in den indigenen Kulten Amazoniens die Stimme der Geister und wird verwendet, um die Hilfe der Kraft der Tiere und der Geister in Anspruch zu nehmen. Die „Maracas“ sind eines der mächtigsten magischen Instrumente für diese Völker. Der Kopf der „Maraca“ ist ein Kürbis, wobei der Kopf der Rassel mit dem Schaft die Befruchtungsunion der männlichen Welt (Schaft) mit der weiblichen Welt (Kopf) darstellt. Genau solche „Maracas“ wurden bei der „Gebetszeremonie“ am 4. Oktober verwendet.

Die Statuen mit der Darstellung von nackten schwangeren Frauen wurden danach, wiederum im Beisein des Papstes, noch kurz in der Petersbasilika vor dem Petrusgrab aufgestellt, und dann während der ganzen Zeit der Amazonassynode in der Kirche Santa Maria Traspontina an der Via della Conciliazione in regelmäßigen Gebetszeremonien verehrt, und das in einer Kirche mit einem Tabernakel und der eucharistischen Gegenwart Christi. Ferner wurde die Statue der nackten schwangeren Frau am 19. Oktober sogar in einem von Teilnehmern der Synode organisierten Kreuzweg mitgetragen.

In den ersten Tagen nach diesen Zeremonien vermied es der Vatikan, die genaue Bedeutung der zwei nackten schwangeren Frauenfiguren zu nennen. Erst nachdem diese Figuren am 21. Oktober aus der Kirche Santa Maria in Traspontina entfernt und in den Tiber geworfen wurden, hat Papst Franziskus selbst am 25. Oktober die Identität dieser Figuren, die die Pachamama symbolisieren sollten, bekannt gegeben, wobei er sagte: „Ich möchte ein Wort über die Statuen von Pachamama sagen, die aus der Kirche in der Traspontina entfernt wurden und ohne götzendienerische Absichten dort waren und in den Tiber geworfen wurden. Zunächst geschah dies in Rom, und als Bischof der Diözese bitte ich die von dieser Geste beleidigten Menschen um Verzeihung“, kath.net hat berichtet

Der Jesuit Fernando Lopez, einer der Organisatoren der Verehrung der Pachamama-Statuen im Vatikan, sagte, dass diese Statuen auf einem Kunsthandwerksmarkt in Manaus, einer Stadt im brasilianischen Amazonasgebiet, gekauft wurden, er fügte noch hinzu, dass die Pachamama uns allen einen Sinn gibt und dass wir „den Tanz des Lebens auf Mutter Erde“ fortsetzen sollten.

Alle diese Akte der Verehrung der Pachamama-Statuen, die immer während einer Gebetszeremonie und in Kirchen stattfanden, als nicht kultisch und nicht religiös, sondern lediglich als Ausdruck von Kultur und Folklore und somit als etwas Harm- und Belangloses zu erklären, leugnet die Evidenz und flieht vor der Wirklichkeit.

Angesichts der schwerwiegenden Tatsache solcher zweifelhaften Akte religiöser Verehrung, die offensichtlich zumindest in die Nähe von Aberglauben und Götzendienst reichen, haben einige Kardinäle, Bischöfe, Priester und viele Laien öffentlich protestiert und manche von ihnen haben Papst Franziskus sogar zur Umkehr und Wiedergutmachung aufgerufen. Leider werden diese mutigen Stimmen selbst von rechtschaffenen Katholiken kritisiert, oft mit der Begründung, dass dadurch Papst Franziskus persönlich angegriffen wird. Solch eine Begründung erinnert sehr stark an die Geschichte von des Kaisers neuen Kleidern. Andere betrachten die Verehrung von Pachamama-Statuen als etwas Belangloses und vergleichen diese Angelegenheit mit dem Streit um die sogenannten chinesischen Riten (genannt „Akkomodationsstreit“) im 17. und 18. Jahrhundert. Wer solches behauptet, entbehrt sowohl einer sachlichen Kenntnis dessen, was die Pachamama bei den indigenen Völkern und in der weltweiten Propaganda der neuen „Gaia- bzw. Mutter-Erde-Religion“ heute bedeutet, als auch einer genaueren Kenntnis des geschichtlichen Problems der chinesischen Riten und deren Lösung im 20. Jahrhundert.

Dass das Phänomen „Pachamama“ eine eindeutig religiöse Konnotation hat, beweist schon dessen Begriffsbestimmung in den allgemein zugänglichen und am häufigsten konsultierten Informationsquellen, wie z.B. in Wikipedia, wo es heißt: „Die Göttin Pachamama (Aussprache: [patʃaˈmama]) oder Mama Pacha (Quechua und Aymara: „Mutter Erde, Mutter Welt, Mutter Kosmos“) gilt einigen indigenen Völkern der Anden Südamerikas als personifizierte Erdmutter, die Leben in vielfacher Hinsicht schenkt, nährt, schützt und zu ritueller Kommunikation fähig ist. Pachamama ist Vermittlerin zwischen Ober- und Unterwelt. Die Quechua und Aymara verehren die Pachamama als allmächtige Göttin, die allen Kreaturen das Leben schenkt und sie nährt. Pachamama wird heute als Faktor für Identität, sozialpolitischen Widerstand und als Hoffnung auf ein umfassenderes Leben angesehen.“ Weiter heißt es: „Pachamama bedeutet auch Mutter des Raumes und der Zeit, der Welt und des Universums. Die Anden-Pachamama vertritt einfachheitshalber alle Muttergöttinnen oder Göttinnen der Erde. Pachamama ist auf jeder Ebene möglich, denn sie ist das Leben selbst. Pachamama personifiziert nicht nur die Mutter Erde und nicht nur den vergöttlichten Boden darstellt, sondern das ‚Leben an sich‘.“

Jeder, der sich mit der globalen Umweltbewegung befasst hat, hat zweifellos den Begriff „Gaia“ gehört. Gaia ist eine Wiederbelebung des Heidentums, die das Christentum ablehnt, das Christentum als seinen größten Feind ansieht und den christlichen Glauben als einziges Hindernis für eine globale Religion ansieht, die sich auf die Anbetung der Gaia und die Vereinigung aller Lebensformen um die Göttin „Mutter Erde“ bzw. die „Pachamama“ konzentriert. Eine raffinierte Mischung aus Wissenschaft, Heidentum, östlicher Mystik und Feminismus hat diesen heidnischen Kult zu einer wachsenden Bedrohung für die christliche Kirche gemacht. Die Verehrung der „Mutter Erde“, bzw. der „Gaia“ oder „Pachamama“ steht im Mittelpunkt der heutigen globalen Umweltpolitik.

Die Generalversammlung der UNO 2009 proklamierte den 22. April als internationalen Tag der „Mutter Erde“. An diesem Tag machte der Bolivianische Präsident Evo Morales, ein selbsterklärter Pachamama-Anbeter, vor der UNO-Generalversammlung dieses bezeichnende Statement: „Pachamama ' - in Quechua 'Mutter Erde' -, ist eine fundamentale Gottheit für das Weltbild der Ureinwohner, die auf totalem Respekt vor der Natur beruht. Die Erde gehört nicht uns, sondern wir gehören der Erde“.

Dass der Ausdruck „Mutter Erde“ bzw. „Pachamama“ nicht eine harmlose kulturelle Bezeichnung ist, sondern religiöse Züge hat, beweist z.B. auch ein im Jahre 2002 von der UNESCO herausgegebenes Lehrerhandbuch mit dem bezeichnenden Titel „Pachamama Teacher’s Guide“. Darin heißt es u.a.: „Stell Dir vor, Mutter Erde nimmt eine physische Form an und stell Dir vor, wie es wäre, sich mit ihr zu treffen. Wie würde sie aussehen? Worüber würdest Du mit ihr reden? Was wäre ihr Hauptanliegen und ihre Fragen? Wie würdest Du ihnen antworten? Wo könntest du sie [die Mutter Erde] treffen? Denke an einen Ort, an dem Du sie treffen könntest.“ So ein Ort z.B., wo man die „Mutter Erde“ bzw. die „Pachamama“ in der Gestalt von nackte schwangere Frauen abbildenden Holzfiguren treffen konnte, waren die Gebetszeremonie in den Vatikanischen Gärten an dem erwähnten 4. Oktober 2019, der Petersdom, der Kreuzweg am 19. Oktober und die Kirche Santa Maria in Traspontina in Rom.

Bischof José Luis Azcona, emeritierter Bischof der amazonischen Prälatur Marajó, verwies überzeugend auf die Ungereimtheit und Haltlosigkeit der Verharmlosung der im Vatikan stattgefundenen Pachama-Verehrung. Er ist ein Kenner der Religionen und Bräuche der Amazonasindianer, lebte über 30 Jahre lang unter ihnen und evangelisierte sie. In einem Offenen Brief vom 1. November 2019 wies Bischof José Luis Azcona darauf hin, dass es besonders die „Kleinen“ in der Kirche, und dann aber auch bekehrte und den katholischen Glauben intensiv lebende Amazonasindianer waren, die an der Pachamama-Verehrung im Vatikan Anstoß genommen haben, verwirrt und in ihrem katholischen Glaubenssinn tief verletzt wurden. Erschütternd ist die folgende Feststellung von Bischof José Luis Azcona: „Aber diese Geste [der Pachama-Verehrung] stellte ein Ärgernis (und zwar kein pharisäisches) für Millionen von Katholiken in der ganzen Welt dar. Besonders die Armen, die ‚Kleinen‘, die Unwissenden, die ‚Schwachen‘, die offenbar den ‚sensus fidei‘ (den Glaubenssinn) besitzen und von Papst Franziskus gerechterweise und dauernd verteidigt werden, wurden in ihrem unbewaffneten Gewissen heftig getroffen, völlig schutzlos vor solch einer religiösen Gewalteinwirkung. Und in besonderer Weise wurden die Armen, die Einfachen, die ‚Schwachen‘, die Ungeschützten von Amazonien am stärksten von diesem götzendienerischen Schlag getroffen. Zumindest im Amazonischen Brasilien fühlen sie in ihrem Innersten diesen Angriff gegen den christlichen Glauben, gegen die kirchliche Überzeugung, dass die einzige Königin von Amazonien Unsere Liebe Frau von Nazareth, die Mutter Gottes des Schöpfers und Erlösers ist. Keine andere Mutter, keine Pachamama der Anden oder von irgendwo anders her und ebenso keine Yemanja [Muttergöttin der afro-brasilianischen Kulte]!“.

Bischof José Luis Azcona verwies auch auf die verheerende Auswirkung, die die öffentlichen Akte der Pachamama-Verehrung im Vatikan auf glaubenstreue Protestanten hatten: „Für die evangelischen und pfingstlerischen Brüder hatte dieses Ärgernis eine verheerende Auswirkung gehabt. Entsetzt haben sie Szenen von wahrem Götzendienst miterlebt, und zwischen Erstaunen und Verblüffung fühlen sie sich immer mehr in ihrer irrigen Auffassung bestätigt, dass der Katholik ein Anbeter von Götzen sei, nicht mehr von Heiligen, von Joseph, Maria, sondern von wahren Dämonen. Auf diese Weise wurde der ökumenisch-interreligiöse Dialog mit menschlich irreparablen Konsequenzen und schwerwiegenden ökumenischen Komplikationen für diejenigen erschüttert, auch für die Pfingstler, die das Geheimnis der Kirche als ‚Universelles Sakrament der Erlösung‘ (Lumen Gentium) verstehen wollen“.

Bischof José Luis Azcona stellte treffend fest, dass die heute verbreitete Vorstellung und Symbolik der Mutter Erde, der „Gaia“ und eben auch der „Pachamama“ gedanklich und religiös von dem Phänomen der vielen geschichtlichen heidnischen Muttergottheiten nicht losgelöst werden können: „Erinnern wir uns an die unzähligen Mutter-Erde Gottheiten, die der Pachamama als Göttinnen der Fruchtbarkeit in allen biblischen Kulturen und Religionen vorausgingen und sie begleiteten. Im Alten Testament ist Astarte (Asherà) die Göttin der Fruchtbarkeit, der sinnlichen Liebe in der nackten Darstellung. Im Neuen Testament, in der Apostelgeschichte 19, 23-40; 20, 1, ist die Artemis von Ephesus, ‚die Große‘, die Göttin der Fruchtbarkeit; sie wird mit der Hälfte ihres Körpers voller Brüste dargestellt. Sie fasst eben das zusammen, was mit der Statue von Mutter Erde ‚Pachamama‘ gemeint ist. Es ist unmöglich, das Bild Unserer Lieben Frau von Nazareth, der Mutter Gottes und der Kirche, und die Statue von Pachamama, der Göttin der Fruchtbarkeit, auf denselben Altar oder in dieselbe Kirche zu stellen.“

Der Vergleich der Pachamama-Verehrung im Vatikan mit dem historischen Streit der chinesischen Riten ist sachlich unhaltbar. Bei den chinesischen Riten ging es um Akte der Verehrung des Bildes des Konfuzius, einer geschichtlichen Person, der als großer Denker und Gestalter der chinesischen Kultur als eine Art Nationalheld verehrt wurde. Ferner ging es um die Verehrung der verstorbenen Vorfahren, der Ahnen, wobei in beiden Fällen vor den Bildnissen dieser geschichtlichen Personen Akte der Verehrung wie Verneigen oder Anzünden von Kerzen u.ä. verrichtet wurden. Weil diese Riten in der Zeit der Evangelisierung der Chinesen im 17. und 18. Jahrhundert noch mit abergläubischen Vorstellungen mit dem Konfuzianismus als Religion verbunden waren, hat die Kirche solche Riten kompromisslos untersagt, um jeden Anschein von Aberglaube und Götzendienst zu vermeiden. Im 20. Jahrhundert erhielten die Akte der Verehrung des Konfuzius rein zivilen Charakter und fanden nur in nicht-sakralen und nichtreligiösen Plätzen statt. Ferner wurden die Bildnisse der Ahnen bei den Katholiken ohne die bei den Heiden übliche Inschrift „Sitz der Seele“ verehrt. Nachdem also jeglicher Anschein von Aberglaube und Götzendienst wegfiel, hat der Hl. Stuhl im Jahre 1939 durch die Instruktion der Propaganda Fide-Kongregation die chinesischen Riten erlaubt, allerdings unter den folgenden Bedingungen: Man darf vor dem im zivilen Bereich aufgestellten Bild des Konfuzius nur eine Kopfverneigung machen und falls dadurch ein Ärgernis zu befürchten sei, muss die rechte Absicht der Katholiken erklärt werden. Ferner sagt die Instruktion, dass Katholiken nur Ehrenbezeugungen machen dürfen, die rein zivilen Charakter haben, wobei sie, wenn notwendig, ihre Absicht erklären müssen, um eine falsche Auslegung dieser Akte zu beseitigen. Ähnliches gilt für die Akte der Verehrung der Bildnisse der Ahnen. Ferner hat die Katholische Kirche den Gebrauch nur von dem eindeutigen Gottesnamen „Herr des Himmels“ erlaubt, und andere zweideutige chinesische Gottesnamen untersagt, wie z.B. „Himmel“ oder „Höchste Gottheit“ oder „höchster Kaiser“, und dieses Verbot wurde von der Instruktion von 1939 nicht aufgehoben.

Der wesentliche Unterschied zwischen den Riten der Pachamama-Verehrung und den sogenannten chinesischen Riten ist der Umstand, dass es sich bei der Pachamama um ein Konstrukt von heidnischen Mythologien handelt, d.h. es wird entweder ein reiner Mythos oder ein unbeseeltes und unpersönliches Konglomerat der Materie, wie die Erde, verehrt.

Wer behauptet, dass die Pachamama-Verehrung eine Belanglosigkeit war und keinen religiösen, sondern nur kulturellen Aspekt hatte, wird eines Besseren belehrt durch eine im Umfeld der Amazonassynode von der „Fondazione Missio“, einem Organ der Italienischen Bischofskonferenz, publizierten Gebet zu Pachamama, wo es u.a. heißt: „Pachamama, gute Mutter, sei uns gnädig! Sei uns gnädig! Lass den Samen gut schmecken, dass nichts Schlimmes passiert, dass Frost es nicht stören darf, dass es gutes Essen hervorbringt. Wir bitten Dich: gib uns alles! Sei uns gnädig! Sei uns gnädig!“, kath.net hat berichtet.

Der im Vatikan während der Amazonassynode ausgeführte Pachamama-Kult ist entweder eine Form des götzendienerischen Aberglaubens, weil er Gesten enthält, die in ihrer ursprünglichen Fassung die Anbetung der als eine Gottheit betrachteten „Mutter Erde“ implizieren, oder er ist eine Form des nicht-götzendienerischen Aberglaubens. Dieser Pachamama-Kult drückt nämlich den Glauben an die Erde als lebendiges und persönliches Wesen aus, deshalb handelt es sich hier um einen Synkretismus, der Trügerisches in den christlichen Kult einführt, der sich von seinem Wesen ja immer nur an den wahren Gott richten darf.

In einem Beitrag vom 23. Oktober 2019 für die Interseite Infocatolica (www.infocatolica.com) demaskierte P. Nelson Medina, O.P., selbst ein kolumbianischer Amazonasmissionar, den Betrug der angeblich harmlosen Pachamama-Verehrung mit der folgenden treffsicheren Feststellung: „Das Bild [der Pachamama], das nach Rom gebracht wurde, ist nicht repräsentativ für das kolumbianische Amazonasgebiet, und ich glaube, dass es nirgendwo im Amazonasgebiet gibt. Die Figur repräsentiert nichts von den ‚Ahnen‘ in der Kultur des Amazonas. Und betet unser Glaube an oder verehrt er kultisch die Fruchtbarkeit, das Leben oder die Frau als solche? Wenn man ihnen keine kultische Verehrung erweist, warum verbindet man diese Verehrung mit dem Altar, auf dem das einzigartige und ausschöpfende Opfer Christi gegenwärtig ist? Ist das nicht genau ein öffentlicher, ein Ärgernis erregender öffentlicher Verstoß gegen das Erste Gebot des Gesetzes Gottes? Wenn man diese Statuen an die heiligen Orte bringt, kann dies nur bedeuten, dass sie eine religiöse Bedeutung haben, da sie sonst in einer Kunstgalerie oder in einem Museum für ethnische oder amazonische Geschichte ausgestellt worden wären.“

Vatikanische Vertreter bemühten auch den hl. John Henry Newman, um mit seiner Hilfe die Pachamama-Verehrung zu legitimieren. Dieser Vergleich ist jedoch weit hergeholt und sachlich unzutreffend, wie P. Nelson Medina es überzeugend formuliert hat, indem er zeigte, dass John Henry Newman sich auf einige Handlungen oder Gegenstände bezog, die in sich relativ neutral sind, und die dann in ihrer Bedeutung umgewandelt und in der Kirche verwendet werden können. Die für die Amazonas-Synode entworfenen Bilder haben nichts von dieser Neutralität: Das „Leben“ zu feiern, ohne Gott, den einzigen Schöpfer, anzubeten, ist einfaches Heidentum. „Und bei den heidnischen Götzen, sei es das goldene Kalb oder das Geld der Kaufleute im Tempel von Jerusalem, sind entschlossene und klare Maßnahmen erforderlich… die bis in den Tiber reichen können“.

Zu allen Zeiten und auch durch die Instruktion des Jahres 1939 bezüglich der chinesischen Riten war die Katholische Kirche in getreuer Nachahmung des Verhaltens der Apostel in ihren Worten und Handlungen gleichsam skrupelhaft darauf bedacht, auch nur jeglichen Schein nicht nur von Götzendienst (idolatria), sondern auch von Aberglauben (superstitio) zu vermeiden und dazu nicht den geringsten Anschein zu geben (vgl. auch hl. Thomas von Aquin, Summa theol., IIa IIae, q. 93, a. 1).

Mit Gianfranco Amato, einem italienischen Juristen und Lebensrechtler, kann man bezüglich der Pachamama-Verehrung im Vatikan zusammenfassend folgendes festhalten (vgl. seinen Aufsatz in „La Verità” vom 14. November 2019):

„Pachamama als Ikone der indigenen Kultur des Amazonas darzustellen, bedeutet nicht nur, die Realität zu verfälschen, sondern auch die Vielfalt der wahren Kulturen des Amazonas zu leugnen und zu erniedrigen, um eine indigene theologische Vision für rein ideologische und politische Zwecke durchzusetzen.

Der mexikanische Präsident Lopéz Obrador hat ein Ritual zu Ehren der Gottheit Pachamama abgehalten, um die Erlaubnis zum Bau der Maya-Bahnstrecke im Südosten Mexikos zu beantragen. Hugo Chávez, Nicolás Maduro, Cristina Fernández de Kirchner, Andrés Manuel López Obrador, Evo Morales und Daniel Ortega sind nur einige Staatsoberhäupter, die offiziell an Gottesdiensten zu Ehren von Mutter Erde teilgenommen haben. Es ist also nicht nur eine rein peruanische religiöse Tatsache, sondern wir stehen vor einer echten politischen Tatsache, die in eine präzise politische Agenda eingefügt ist, die die Förderung eines pantheistischen Denkens vorsieht. Es schließt die christliche Vorstellung eines transzendenten Gottes in Bezug auf die Schöpfung aus und stellt die Würde der Erde über die Würde der menschlichen Person. Eine kopernikanische Kulturrevolution wird versucht: den Anthropozentrismus der Moderne mit einem ökologischen „Geozentrismus“ zu überwinden. Die Erde und nicht der Mensch soll nun im Zentrum des Kosmos sein, bis zu dem Punkt, dass wir schon Reden hören, in denen die Einschränkung der Menschenrechte zugunsten der „Rechte“ der Erde theoretisiert wird.

Die Pachamama ist eine theologische Täuschung für Christen. Wie wir gesehen haben, ist es eine heidnische Inkagottheit. Die Bilder, die es aus theologischer Sicht reproduzieren, sind einfach Idole. Die Tatsache, dass ein Theologe, ein Priester, ein Bischof, ein Kardinal, ein Papst oder ein einfacher Gläubiger diese offensichtlich unbestreitbare Tatsache nicht erkennen kann, scheint wirklich verstörend und völlig unverständlich. Wir könnten sagen, wir stehen vor einer neuen Gewissensfinsternis, diesmal nicht im Bereich des Lebensgesetzes, sondern im Bereich des ersten und wichtigsten Gebotes: des Rechts Gottes. Hierzu komme der erschwerende Umstand, dass durch diesen Pachamama-Kult nicht nur das Gewissen eines Volkes, sondern das Gewissen der Kirche selbst verdunkelt wird. Im Lichte der göttlichen Offenbarung, die im Wort Gottes, in der Tradition der Kirche und im Lehramt enthalten ist, ist die Frage sehr einfach: Götzenbilder zur Anbetung zu machen, ist eine sehr schwere Sünde. Sich vor Götzen niederzuwerfen ist Götzendienst. Ihnen Gaben und Opfer darzubringen, sie im Triumph zu tragen, sie auf einen Thron zu setzen, sie zu krönen und ihren Weihrauch zu verbrennen, ist ein offenkundiger Götzenkult, der äußerst unsittlich ist. Sie auf Altäre oder in geweihte Kirchen zu stellen, um sie anzubeten, ist eine wahre und echte Entweihung.

Die Pachamama-Verehrung ist eine Täuschung in Bezug auf das Verständnis von Toleranz. Die Sensibilität der Gläubigen erscheint zu Recht verletzt, wenn sie das trostlose Schauspiel von Götzenbildern erleben, die in katholischen Kirchen verehrt werden. Es ist eine zutiefst unangenehme Tatsache, die eine strenge Verurteilung erfordert. Dies ist kein Mangel an Respekt oder Toleranz gegenüber Menschen, die sich zu einer anderen Religion bekennen. Wir respektieren die religiösen Überzeugungen aller, aber hier geht es um die Auferlegung einer Toleranz gegenüber einem Götzenkult in katholischen Kirchen und Orten, die durch die Anwesenheit von Götzen entweiht werden. Das ist nicht akzeptabel. All dies zu tolerieren bedeutet, Komplizen der Entweihung zu sein. Aus diesem Grund ist die in der römischen Kirche Santa Maria in Transpontina mutig vollzogene Geste des „Idoloklasmus“ (Zerstörung von Idolen) Ausdruck edelsten Glaubens Sie ist nicht Gegenstand von Verleumdungen, sondern verdient eine Belobigung.

Die Pachamama-Verehrung ist eine Täuschung der Inkulturation. Das Prinzip der Inkulturation ist die Verkündigung des Evangeliums, das von allen Völkern aller Kulturen begrüßt werden kann. Die Dynamik der Evangelisierung führt zu einem allmählichen Transformationsprozess der Kultur, die das Wort Gottes begrüßt, und dringt durch die Aufrechterhaltung des Guten, die Reinigung des Bösen, das darin enthalten ist, in das Herz derselben Kultur und bringt eine dynamische Entwicklung des Glaubens, der immer alles erneuern kann. Ohne Berücksichtigung des Kriteriums des Kontrastes können wir nicht von Inkulturation sprechen. Es ist klar, dass die Evangelisierung einen notwendigen Kontrast zu den gravierend unmoralischen Aspekten der Kulturen darstellt, die sie erreichen will, und offensichtlich den Verzicht auf den Götzendienst fordert.“

Die Geschichte des Pachamama ist ein genaues Röntgenbild der Kirche in ihrem Inneren in diesem dramatischen Moment der Geschichte und erinnert an die wahrhaft prophetischen Worte von Professor Joseph Ratzinger in seinem Aufsatz „Die neuen Heiden und die Kirche“, welcher zuerst in der Zeitschrift „Hochland“ (Oktober/1958) erschien. Die folgenden erschütternden Worte von Joseph Ratzinger kann man durchaus als eine Art aktuellen Kommentar zu den im Vatikan stattgefundenen und selbst von Papst Franziskus gerechtfertigten Akte der Pachamama-Verehrung lesen: „Das Heidentum sitzt heute in der Kirche selbst, und gerade das ist das Kennzeichnende sowohl der Kirche unserer Tage wie auch des neuen Heidentums, dass es sich um ein Heidentum in der Kirche handelt und um eine Kirche, in deren Herzen das Heidentum lebt.“

Leuchtend für die Geschichte bleiben die folgenden flammenden Worte aus dem Herzen von Bischof José Luís Azcona, eines Amazonasmissionars und eines würdigen Nachfolgers der Apostel: „Einer der beschämendsten Aspekte dieser götzendienerischen Geste [im Vatikan] war das Erdrücken des Gewissens der „Kleinen“ durch dieses Ärgernis“.

Kann man angesichts der unleugbaren Tatsache der objektiven Schwere der Akte der Pachamama-Verehrung im Vatikan mit ihren eindeutigen pseudo-religiösen Verwicklungen und ihrer Instrumentalisierung für die Propaganda der globalistischen Weltreligion der „Mutter Erde“ noch von einer Belanglosigkeit sprechen oder sich in das Alibi der „chinesischen Riten“ flüchten? Das hieße Unhaltbares zu verteidigen.

In der Zeit der großen innerkirchlichen doktrinellen und pastoralen Verwirrung während der arianischen Krise im 4. Jahrhundert war der hl. Hilarius von Poitiers, der Athanasius des Westens, der Überzeugung, dass ein solcher Zustand nicht mit Schweigen oder Verharmlosung der Situation hingenommen werden darf. Diese seine, im Folgenden zitierten, Worte sind von höchster Aktualität und auf das im Vatikan geschehene Ärgernis der Pachamama-Verehrung durchaus anwendbar: „Das Schweigen würde von nun an nicht mehr Zurückhaltung, sondern Trägheit heißen“ (Contra Const. 1).

Allen in der Kirche unserer Tage, die die im Vatikan stattgefundenen Akte der Pachamama-Verehrung weder verharmlost noch mit Schweigen hingenommen haben, sondern ihre mahnende Stimme erhoben haben, gebührt Dank und Anerkennung, an erster Stelle den Laien, die dazu von ihrem übernatürlichen Glaubenssinn bewogen wurden und durch diese Akte ihre wahre Liebe und Achtung zum Papst und zu ihrer Mutter, der heiligen katholischen Kirche, zum Ausdruck brachten.

18. November 2019

+ Athanasius Schneider, Weihbischof der Erzdiözese der Heiligen Maria in Astana

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Archivfoto Bischof Athanasius Schneider



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